«Die Mieten sind nicht völlig explodiert, das ist eine Mär»
Der Hauseigentümer-Präsident kritisiert die Wohnungsinitiative – sie führe zu höheren Mieten und weniger Sanierungen.

Hans Egloff, Sie kämpfen dagegen, dass mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden. Weshalb? Diese Initiative wählt einen völlig falschen Ansatz. Meiner Meinung nach soll nicht der Bund eingreifen, sondern Gemeinden und Kantone. Dass dies der richtige Weg ist, zeigt sich etwa in Zürich, Bern oder Basel. Die Städte machen praktisch schon alles, was die Initianten fordern. Dafür muss man nicht die Verfassung ändern.
Haben Sie schon einmal in einer Grossstadt eine 4-Zimmer-Wohnung für 2000 Franken auf dem freien Markt suchen müssen? Nein, bis jetzt noch nie. Aber es gibt auch dort 4-Zimmer-Wohnungen für 2000 Franken – und zwar viele.
Trotz aller Bemühungen der Städte hat es gemäss einer Studie des Beratungsunternehmens Wüest & Partner gerade dort zu wenig bezahlbare Wohnungen, in Zug sind es 7 Prozent, in Zürich 12. Darin steht aber auch, dass meist deutlich mehr günstige Wohnungen angeboten werden, in Basel etwa 42 Prozent oder in Bern 40. Aber wann ist eine Wohnung bezahlbar? Viele Leute verstehen darunter eine möglichst tiefe Miete für eine möglichst hohe Leistung. Es ist nicht so, dass die Mieten völlig explodiert wären. Das ist eine Mär, die immer wieder kolportiert wird. Setzt man die Mieten in Relation zum Haushaltseinkommen,zeigt sich: Sie sind in den letzten Jahrzehnten gestiegen – die Einkommen aber auch. Die Mieten beliefen sich immer auf zwischen 19 und 22 Prozent der Einkommen.
Eine Studie der Raiffeisenbank kommt zum Schluss, dass sie um 40 Prozent über dem liegen, was die Vermieter von Gesetzes wegen verlangen dürften. Ich habe gerade erst mit dem Autor der Studie gesprochen. Er hat diesen Wert zwischenzeitlich auf 30 Prozent korrigiert. Er hat diese Aussage zudem nur mit Bezug auf den Referenzzinssatz gemacht. Die Mieten werden aber auch massgeblich durch Teuerung oder wertvermehrende Investitionen bestimmt.
Sie wollen nicht, dass künftig jede zehnte neue Wohnung gemeinnützig sein soll. Was schlagen Sie stattdessen vor? Richtig wäre eine Subjekthilfe: Wer unverschuldet seine Wohnung nicht mehr bezahlen kann, würde unterstützt. Dafür muss man kein Giesskannensystem schaffen und zulasten des Steuerzahlers zwingend und flächendeckend günstigen Wohnraum produzieren.
Schon heute werden Personen, etwa Sozialhilfebezüger, direkt unterstützt. Mit dem Geld finden viele aber keine anständige Wohnung, und manche landen in sogenannten Gammelhäusern. Es kann nicht jeder seine Wohnung genau an dem Ort und genau zu dem Preis bekommen, wie er will. Es gibt auch ausserhalb der Städte schöne und auch günstigere Wohnlagen, die mit der S-Bahn innert 15 Minuten erreichbar sind.
«Wann ist eine Wohnung bezahlbar? Viele Leute verstehen darunter eine möglichst tiefe Miete für eine möglichst hohe Leistung.»
Dann sollen Gutverdienende zentral wohnen und alle anderen an den Rändern? Sie überspitzen das, was ich sagte, aber so nicht meinte. Es bieten aber auch viele Private günstige Wohnungen an – einen Grossteil von jenen, die zu den 10 Prozent der günstigsten zählen. Das zeigt eine Studie der Stadt Zürich.
Sie sagen, wenn der Anteil gemeinnütziger Wohnungen steigt, bezahlen die Mieter auf dem freien Markt mehr. Wie leiten Sie das her? Nehmen wir das Beispiel Genf. Je mehr Wohnungen sie dem freien Wohnungsmarkt entziehen, desto grösser wird dort der Druck. Das führt zu höheren Mieten.
Dem freien Markt werden aber nicht nur Wohnungen entzogen, sondern auch Mieter. Wenn wir davon ausgehen, dass der Wohnungsmarkt ein geschlossener Raum ist und die Nachfrage nicht schwankt, dann steigen die Mieten höchstens durch mehr Leistung, etwa durch hochwertigere Wohnungen. Sie haben mich bis jetzt aber noch nicht zu den energetischen Sanierungen befragt.
Stimmt, Sie wehren sich auch dagegen, dass Hauseigentümer bei Sanierungen künftig nur dann Geld vom Bund erhalten, wenn keine günstigen Wohnungen verloren gehen. Die Initianten behaupten, es würden mehr Liegenschaften totalsaniert und die Mieter deshalb hinausgeworfen.
Was tatsächlich vorkommt. Bei Häusern aus den 60er- oder 70er-Jahren sind Bausubstanz und Grundrisse oft so schlecht, dass es sich nicht lohnt, sie nur zu renovieren; man muss sie abreissen. Aber das geht nun einmal nicht, wenn sie noch bewohnt sind. Dafür kann man heute dichter bauen. Was geschähe also, wenn die Initiative angenommen würde? Die Besitzer verzichten auf die Fördergelder und überwälzen die Kosten der energetischen Sanierung auf die Mieter – oder sie sanieren die Gebäude gar nicht. Das aber wäre gegen den Willen der Stimmbürger, die die Energiestrategie befürwortet haben.
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