Erstmals wird Abschalttermin für Schweizer AKW bekannt
Die BKW wollen das AKW Mühleberg 2019 vom Netz nehmen. In den nächsten sechs Jahren sollen aber noch einmal 200 Millionen Franken in das Werk investiert werden. Das Ensi fordert eine neue Nachrüstplanung.
Das AKW Mühleberg soll 2019 vom Netz genommen werden. Dies hat die Betreiberin BKW AG entschieden. Die BKW will in den restlichen sechs Betriebsjahren in Mühleberg verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Angestellte sollen nicht entlassen werden. Die BKW AG habe in den vergangenen Monaten verschiedene Szenarien zur Zukunft und zum Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM) geprüft, teilte die Betreiberin mit.
Sie habe entschieden, das KKM bis ins Jahr 2019 unter Einhaltung aller Sicherheitsanforderungen weiter zu betreiben und anschliessend vom Netz zu nehmen. Bei ihrem unternehmerischen Entscheid habe sie sämtliche bekannten technischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und politischen Aspekte mitberücksichtigt.
Die BKW will für die restlichen sechs Betriebsjahre verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Insgesamt sollen rund 200 Millionen Franken für Betrieb und Instandhaltung investiert werden. Rund 15 Millionen Franken entfallen auf ausserordentliche Nachrüstmassnahmen.
Erstmals wird Abschalttermin bekannt
Mit der Ankündigung wird erstmals in der Schweiz ein Abschalttermin für ein Atomkraftwerk bekannt. Das Kernkraftwek Mühleberg produziert seit 1972 Strom.
Es ist damit das drittälteste Kernkraftwerk der Schweiz nach jenen von Beznau I und II. Diese gingen 1969 und 1971 in Betrieb. Alle fünf Kernkraftwerke in der Schweiz verfügen über eine unbefristete Betriebsbewilligung – das Kernkraftwerk Mühleberg seit März dieses Jahres. Das Bundesgericht stützte damals einen entsprechenden Entscheid des Energiedepartements Uvek von 2009.
Ende des vergangenen Jahrs machte die Schweizer Atomaufsicht Ensi der BKW strenge Auflagen für den Betrieb der Mühleberger Anlage über 2017 hinaus. Damals gab die BKW noch bekannt, sie wolle die Auflagen erfüllen. Als die BKW merkte, dass zur Erfüllung dieser Auflagen Investitionen für sehr viel Geld nötig sind, ging sie über die Bücher.
Mühleberg: Wert sinkt
Die BKW wollte das AKW Mühleberg eigentlich bis 2022 nutzen. So legte es der Berner Energiekonzern in der im März dieses Jahres vorgestellten neuen Strategie «BKW 2030» fest. Es gelte, bis zu diesem Zeitpunkt noch die Anlage auszunutzen, um den Übergang zur kernenergiefreien Zukunft finanzieren zu können.
Dementsprechend schreibt die BKW nun in ihrer Mitteilung zur Abschaltung des AKW Mühleberg, aufgrund der verkürzten Betriebsdauer rechne sie mit einer ausserordentlichen Wertberichtung auf den Anlagewerten. Dies im Umfang eines hohen zweistelligen Millionenbetrags.
Das Betriebs- und das Jahresergebnis 2013 werde «voraussichtlich entsprechend tiefer ausfallen als die ausgewiesenen Werte des Vorjahrs».
Stromversorgung sichergestellt
Ihre Kunden und ihre Vertriebspartner werde die BKW auch nach Ausserbetriebnahme des Kernkraftwerks Mühleberg beliefern können, schreibt die BKW in ihrer neusten Mitteilung auch. Dies mit Schweizer Strom. Das Unternehmen werde «sein bereits beachtliches Wasserkraft- und Windenergie-Portfolio» ausbauen.
Der Verzicht auf die Investitionen für einen Langzeitbetrieb reduziert gemäss BKW das unternehmerische Risiko wesentlich und unterstützt einen verstärkten Ausbau der Wasserkraft und Windenergie sowie Investitionen in neue innovative Produkte und Dienstleistungen.
Abschalttermin nicht mit Behörden abgesprochen
Die Bundesbehörden nehmen den Entscheid der Mühleberg-Betreiberin BKW zur Kenntnis. Der Entscheid sei nicht abgesprochen worden. «Dies ist ein reiner Unternehmensentscheid», sagte Dominique Bugnon, Informationschef des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Aus Sicht des Uvek bleibe die Sicherheit erste Priorität.
Auch das Bundesamt für Energie (BFE) kommentiert den Entscheid der BKW nicht weiter, wie Mediensprecherin Marianne Zünd auf Anfrage sagte. «Der Entscheid hat keine Auswirkungen auf die anderen Schweizer AKW», sagte Zünd. Im Fall von Mühleberg werde nun zusammen mit der Betreiberin ein normales Verfahren für die Stilllegung in Gang gesetzt. Dieses sei im Kernenergiegesetz geregelt. Als Erstes werde das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) eine Einschätzung der technischen Anforderungen vornehmen.
Ensi fordert neue Nachrüstplanung
Die Atomaufsichtsbehörde Ensi erwartet nun eine neue Nachrüstplanung für die verbleibende Restlaufzeit. Die Sicherheitsmarge müsse bis zum letzten Betriebstag eingehalten werden. Die Stilllegung solle vorbereitet werden.
Mit dem Entscheid des BKW-Verwaltungsrates existiere nun endlich eine verbindliche Grundlage für die Planung der Restlaufzeit des AKW Mühleberg. Das hält Hans Wanner, Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi), in einer schriftlichen Stellungnahme fest.
«Die BKW verzichtet mit ihrem Ausstiegsentscheid 2019 auf einen unbefristeten Langzeitbetrieb», wird Wanner weiter zitiert. Damit liege eine neue Situation vor.
Das Ensi erwartet nach eigenen Angaben, dass die BKW in einer neuen Nachrüstplanung aufzeigt, wie sie die notwendige Verbesserung der Sicherheit des AKW Mühleberg in der verbleibenden Laufzeit zu gewährleisten gedenkt. Die Aufsichtsbehörde wird diese Planung prüfen und dazu Stellung nehmen.
Sicherheitsmarge bis zum letzten Betriebstag
Die BKW muss nun mit der Planung der Stilllegung beginnen. Die Sicherheit müsse auch nach der endgültigen Ausserbetriebnahme gewährleistet werden, hält das Ensi fest. Das AKW Mühleberg erfüllt gemäss Ensi-Direktor Wanner heute die gesetzlichen Mindestanforderungen und verfügt darüber hinaus über eine Sicherheitsmarge.
«Wir werden aber darauf bestehen, dass diese Marge bis zum letzten Betriebstag 2019 wesentlich über den Ausserbetriebnahmekriterien bleibt», hält Wanner fest.
Die Atomaufsichtsbehörde hatte der BKW am vergangenen Freitag im Rahmen des rechtlichen Gehörs den Entwurf seiner Verfügung für einen unbefristeten Langzeitbetrieb zugestellt. Noch ist beim Ensi nach eigenen Angaben keine offizielle Stellungnahme dazu eingetroffen. Das Ensi wird seine Verfügung nach Abschluss des rechtlichen Gehörs voraussichtlich in der zweiten Novemberhälfte veröffentlichen.
SDA/ami/bru
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