Erste Signale für neue Weltfinanzordnung
Die Staats- oder Regierungschefs von 20 Ländern haben sich am Wochenende im Grundsatz auf neue Regeln für die Weltwirtschaft geeinigt. Doch das meiste ist noch reichlich vage.
Der Teufel liegt im Detail. Zwar hat der grosse Finanzgipfel in Washington einige Absichtserklärungen produziert, aber konkrete Entscheidungen haben die 20 Staats- und Regierungschefs vertagt. Am 30. April soll der nächste Gipfel stattfinden, voraussichtlich in London und mit einem handlungsfähigen US-Präsidenten. Von Barack Obama wird erwartet, dass er bezüglich Regulierungen und Stimuluspaketen näher an den Positionen der anderen Länder liegt als George W. Bush.
Die G-20-Chefs, die 85 Prozent der globalen Wirtschaftskraft repräsentieren, haben sich aber auf Grundsätze geeinigt:
- Mehr Transparenz und Verantwortung bei komplexen Finanzprodukten und Vermeidung von Anreizen, zu hohe Risiken einzugehen.
- Stärkere Regulierung von Ratingagenturen sowie eine bessere und international koordinierte Aufsicht über die Finanzmärkte und -produkte.
- Verstärkte internationale Kooperation und eine Abstimmung nationaler Gesetze und Regulierungen.
- Reformen beim Internationalen Währungsfonds und der Weltbank; insbesondere sollen die Schwellen- und Entwicklungsländer besser repräsentiert sein, ausserdem sollen diese Institutionen künftig bei Finanzkrisen rasch reagieren können.
Bis zum nächsten Gipfel soll nun an der konkreten Umsetzung dieser Grundsätze gearbeitet werden. Weitere Themen sind die Managersaläre, eine mögliche Regulierung von Hedge Funds und das Entwickeln einer neuer Handelsplattform für die komplexen Credit Default Swaps, welche die Finanzkrise mitausgelöst haben.
Bush bremst das Programm
Wegen des Widerstands von Präsident Bush konnten sich die Staatschefs nicht auf eine koordinierte internationale Stimulusaktion für die lahmende Weltwirtschaft einigen – in der Abschlusserklärung werden solche Aktionen auf nationaler Ebene allerdings ausdrücklich begrüsst. Ebenfalls betont wird in dem fünfseitigen Dokument, dass Protektionismus genauso vermieden werden muss wie Überregulierung und dass die Prinzipien der freien Marktwirtschaft weiterhin die Grundlage der Weltwirtschaft bilden.
Auf Schuldzuweisungen wurde verzichtet, obwohl viele Europäer im Vorfeld keine Hand vor den Mund genommen und die USA als Hauptschuldige für die Finanzkrise bezeichnet hatten. Im Schlussdokument steht, verantwortlich seien «Politiker, Regulatoren und Aufsichtsbehörden in einigen entwickelten Ländern, welche die Risiken in den Finanzmärkten nicht angemessen eingeschätzt haben».
Wegen der Übergangssituation in den USA waren die Erwartungen an den Gipfel stark reduziert worden. Dennoch zeigten sich einige Experten enttäuscht vom Ergebnis. «Auf diese Dinge hätten sie sich auch ohne ein Treffen einigen können», meinte Simon Johnson, früherer Chefökonom des Internationalen Währungsfonds. Und Harvard-Professor Kenneth Rogoff wunderte sich, dass «die enorme Verantwortung der politischen Führungen in den USA und Europa für die Krise derart heruntergespielt worden ist».
Präsident Bush erklärte, dass man mit einem Treffen nicht die Probleme der Welt lösen könne, aber dass nun ein Anfang gemacht sei und die nächste Regierung den Prozess weiterführen werde. Er betonte, dass Barack Obama und sein Team über den Gipfel vollumfänglich informiert worden seien. Obama, der Bushs Einladung zu dem Treffen ausgeschlagen hatte, liess sich von der früheren Aussenministerin Madeleine Albright und dem ehemaligen republikanischen Parlamentarier Jim Leach vertreten. Sie trafen sich am Rande des Gipfels mit den Vertretern der meisten Teilnehmerstaaten zu Gesprächen.
Sarkozy sieht «eine neue Welt»
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der Bush gedrängt hatte, den Gipfel anzusetzen, zeigte sich zufrieden, deutete aber an, dass es nicht leicht gewesen sei, sich selbst auf diese grundsätzlichen Punkte zu einigen. «Ich bin ein Freund der Vereinigten Staaten, aber wenn Sie mich fragen, ob es einfach war… nein, war es nicht.» Doch hätten die Amerikaner einige Konzessionen gemacht. Und er anerkannte die neuen Realitäten in der Wirtschaftswelt: «Die USA sind die Nummer-1-Macht der Welt. Aber sind sie die einzige Macht? Nein. Wir leben in einer neuen Welt.»
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