Erste Schritte des IKRK in Syrien
Erstmals bringen Helfer des Roten Halbmondes in der umkämpften Stadt Homs Frauen und Kinder aus der Gefahrenzone. Weiterhin fallen den heftigen Gefechten täglich Dutzende zum Opfer.
Nach wochenlangem Beschuss durch die syrische Armee haben Helfer erstmals Verletzte aus einem umkämpften Stadtteil der Rebellenhochburg Homs gebracht. Die Organisation Roter Halbmond begleitete zunächst sieben Frauen und Kinder in ein Spital in der Stadt. Weitere 20 unverletzte Frauen und Kinder seien später in ein sicheres Gebiet gebracht worden, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) gestern in Genf mit. Es handle sich um einen ersten Schritt.
Sicherheitskräfte von Staatschef Bashar al-Assad töteten in Homs und anderen Regionen Syriens nach Darstellung von Oppositionellen allein am Freitag insgesamt 103 Menschen. Die meisten von ihnen seien Zivilisten gewesen.
Rettungsaktion soll weitergehen
Eine IKRK-Sprecherin sagte, die Rettung von Schwerverletzten und Kranken aus dem umkämpften Viertel habe Vorrang. In dem Gebiet haben sich Gegner Assads verschanzt. Die Hilfsorganisation hofft, die Evakuierung heute Samstag fortsetzen zu können. Das IKRK hatte mit der syrischen Regierung und der Oppositionellen über die Aktion verhandelt.
In Baba Amro sind neben den Bewohnern und Kämpfern der Opposition auch ausländische Journalisten eingeschlossen, von denen zwei schwer verletzt sind. Die Reporter wollten das Viertel nicht ohne die Anwesenheit von IKRK-Vertretern und Diplomaten verlassen. Zudem verlangten sie eine Feuerpause, um Zivilisten die Flucht zu ermöglichen. Vor wenigen Tagen kamen in Homs zwei westliche Reporter ums Leben.
Ob zwei bei einem Raketenangriff verletzte ausländische Journalisten darunter seien, wisse er nicht, sagte ein Sprecher des Roten Kreuzes. Die verletzte französische Journalistin Edith Bouvier und ihr unverletzter Kollege William Daniels baten zuvor in einem Videoaufruf um Unterstützung beim verlassen der Stadt. Ebenfalls verletzt wurde der britische Fotograf Paul Conroy. Am Mittwoch kamen zwei Reporter bei einem Angriff auf Homs ums Leben.
Obama will «klare Botschaft»
US-Präsident Barack Obama eine Erhöhung des internationalen Drucks auf die Führung in Damaskus gefordert. Obama rief in Washington dazu auf, «jedes verfügbare Instrument» zu ergreifen, um den «Massakern an Unschuldigen» in Syrien ein Ende zu setzen. Es sei «absolut unerlässlich», dass die internationale Gemeinschaft zusammenstehe und eine «klare Botschaft» an Syriens Staatschef Bashar al-Assad sende.
Assad müsse verstehen dass «die Zeit eines Übergangs» gekommen sei, sagte Obama nach einem Treffen mit der dänischen Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt. Zugleich zeigte sich der Präsident «ermutigt» von dem ersten Treffen der Syrien-Kontaktgruppe am Freitag in Tunesien, an dem seine Aussenministerin Hillary Clinton teilgenommen hatte
Exil für Assad?
Zum Auftakt der Konferenz in Tunis schlug der tunesische Präsident Moncef Marzouki vor, Assad Straffreiheit zu gewähren und ihm den Gang ins Exil zu ermöglichen. Mutmassliche Anhänger Assads versuchten, das Treffen zu stören. Marzouki plädierte für eine «politische Lösung» des Konflikts und schlug Russland als Exil für Assad und dessen Familie vor.
Zugleich machte er seine ablehnende Haltung gegenüber einem Militäreinsatz deutlich. Stattdessen sprach er sich für eine arabische Friedenstruppe aus. «Die derzeitige Situation erfordert eine arabische Intervention», sagte er. Sie müsse von diplomatischen Bemühungen, Assad von einem Abgang zu überzeugen, begleitet werden.
Eklat um Saudi Arabien
Der Syrische Nationalrat, der von den Mitgliedern der Syrien-Kontaktgruppe als legitime Vertretung der Bevölkerung angesehen wird, appellierte an die Staatenvertreter, die Freie Syrische Armee militärisch zu unterstützen. Die Hilfe könne in Form von Ausbildung, Militärberatern oder «Waffen zur Selbstverteidigung» geleistet werden.
Die Frage von Waffenlieferungen spaltet die in Tunis versammelten Staatenvertreter. Im Gespräch mit US-Aussenministerin Hillary Clinton sprach sich ihr saudi-arabischer Kollege Saud al-Faisal für die Idee aus. Die USA halten eine Bewaffnung der Aufständischen dagegen für «nicht klug», wie Präsident Barack Obama über einen Sprecher verlauten liess.
Weil auch die meisten anderen Staaten mit ihren Forderungen nicht so weit gingen wie Saudiarabien, verliess al-Faisal laut einem Bericht des Fernsehsenders Al-Arabiya die Konferenz aus Protest. Er warf den Teilnehmern des Treffens Passivität vor.
Waffenstillstand gefordert
In einem Entwurf zur Abschlusserklärung hiess es, die Teilnehmer verurteilen die Unterdrückung der Protestbewegung in Syrien und fordern zur Versorgung der Bevölkerung eine Feuerpause. Ausserdem wurde in dem Entwurf der Plan der Arabischen Liga zu einem demokratischen Übergang unterstützt.
Im Ringen um eine Beilegung der Syrien-Krise wurde dem oppositionellen Nationalrat wachsende Bedeutung zugemessen. Frankreichs Aussenminister Alain Juppé sagte, der Nationalrat sei «legitimer Gesprächspartner» für die Weltgemeinschaft. Um diesen «Pol» herum müsse sich die syrische Opposition organisieren. US-Aussenministerin Hillary Clinton hatte den Nationalrat zuvor als einen «glaubwürdigen Repräsentanten» des Landes bezeichnet.
Assad-Anhänger stören Konferenz
Am Rande des Treffens in Tunis kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Mit Schlagstöcken drängten Sicherheitskräfte dutzende Demonstranten vor dem Tagungshotel zurück. «Kein Treffen der Feinde der arabischen Welt» und «Nein zu dieser Konferenz», riefen die Demonstranten.
An dem Treffen der Syrien-Kontaktgruppe nahmen zahlreiche Aussenminister von europäischen und arabischen Staaten teil, darunter Bundesaussenminister Guido Westerwelle (FDP). Auch die syrische Opposition war vertreten. Vorbild für den Zusammenschluss ist die Libyen-Kontaktgruppe, die vergangenes Jahr am Sturz des Machthabers Muammar al-Ghadhafi mitgewirkt hat. Das nächste Treffen der Syrien-Kontaktgruppe findet nach Angaben des Syrischen Nationalrates in drei Wochen in Istanbul statt.
AFP/dapd/sda/rub
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch