Eritrea-Reise führt zu Kontroverse
Die Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli und andere Politiker sind nach Eritrea gereist, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Kritiker sehen darin Propaganda.

Noch vor der Rückkehr von Schweizer Politikern von ihrer Eritrea-Reise ist eine Kontroverse entbrannt. Für die Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne) ist das bisher Gehörte über dieses afrikanische Land «eine westliche Lügengeschichte». Eritrea sei nicht Nordkorea, schreibt sie in der «SonntagsZeitung» nach einem Augenschein vor Ort.
Für Kritiker bleibt die Reise jedoch eine Propaganda-Offensive des diktatorischen Regimes. Die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer, die der Reise fernblieb, gibt in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag» zu bedenken, dass der Schweizer Honorarkonsul und Türöffner, Toni Locher, von der eritreischen Regierung bezahlt werde.
Hochuli: Kein totalitärer Überwachungsstaat
Im Rahmen von privaten Reisen sind seit der vergangenen Woche verschiedene Schweizer Politiker nach Eritrea gereist. Neben Hochuli sind dies die Nationalräte Thomas Aeschi (SVP/ZG), Yvonne Feri (SP/AG) und Claude Beglé (CVP/VD). Am Dienstag soll Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP/BE) folgen.
Einen totalitären Überwachungsstaat à la Nordkorea hat die Aargauer Regierungsrätin, die für das Asylwesen zuständig ist, erst einmal nicht gesehen, wie sie schreibt. Sie und ihre Tochter hätten sich frei und ohne Locher bewegen können. In der Hauptstadt Asmara hätten sie «per Zufall» und zu jeder Tages- und Nachtzeit Leute kennen lernen können.
Es gibt auch Grenzen
Sie habe dabei auch offene Kritik gehört, sei aber auch an Grenzen gestossen: «Schnell wird es für unsere Gegenüber unangenehm, wenn wir nach den Gefängnissen und politischer Opposition fragen.» Auch Wände hätten Ohren, hätte etwa einer gesagt.
Trotzdem müsse sich die Schweiz auf Augenhöhe mit Eritrea einlassen. Man werde «kein pflegeleichtes Musterkind» antreffen, «sondern ein Land, dem mit seinen Kindern die Zukunft Richtung Europa davonläuft».
Bruderer lehnt ab
Angefragt für den Augenschein in Ostafrika wurde auch Ständerätin Bruderer. Als sie jedoch mehr Informationen zum Setting und zum Programm erhalten habe, habe sie bewusst auf die Reise verzichtet, sagte sie.
Ihre Begründung: «Weil diese Reise in meinen Augen kaum dazu führen kann, ein unverfälschtes Bild der Situation zu erhalten.» Sie habe auch realisiert, dass zwar Treffen mit Regierungsvertretern vorgesehen gewesen seien, es aber schwierig gewesen wäre, vor Ort Leute zu treffen, «die mir offen und auch kritisch über das Regime berichten können».
Anders als Bruderer beurteilt Wasserfallen die Frage, ob eine solche Reise sinnvoll ist: «Wer sich eine Meinung bilden will, muss vor Ort gewesen sein, egal wer die Reise organisiert.» Es gehe nicht an, die Situation in Eritrea «aus dem Glashaus Schweiz heraus» beurteilen zu wollen. Viel Zeit bleibt ihm allerdings nicht. Am kommenden Sonntag (14. Februar) wird er wieder nach Hause zurückkehren.
Wichtigstes Herkunftsland
Eritrea ist das wichtigste Herkunftsland von Asylsuchenden in der Schweiz. 9966 Personen aus dem ostafrikanischen Land reichten 2015 ein Asylgesuch ein, 3043 mehr als 2014.
Für Schlagzeilen sorgte die Kritik an der Asylpolitik des Bundes. So forderte etwa der Luzerner Regierungsrat Guido Graf (CVP) im August in einem öffentlich gemachten Brief an den Bundesrat, dass Asylsuchende aus Eritrea nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt werden, da sie im Zeitpunkt ihrer Flucht nicht an Leib und Leben bedroht seien.
Amnesty kritisiert willkürliche Wehrpflicht
Bundesrätin Simonetta Sommaruga erklärte damals, dass es viele Berichte und unterschiedliche Informationen über das Land gebe. Aber sie stimmten darin überein, dass Eritrea eine Diktatur und ein Unrechtsstaat sei.
Amnesty International tritt der Meinung entgegen, dass die meisten Eritreer, die sich nach Europa durchschlagen, Wirtschaftsflüchtlinge seien. Laut einem im Dezember veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation ist die ausufernde Wehrpflicht in Eritrea für viele Menschen im Land häufig der Grund für die Flucht.
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