«Erdogan hat die Bürger persönlich per SMS auf die Strasse gerufen»
Es herrsche viel Angst und Unsicherheit nach dem Putsch, sagt die türkische Journalistin und Autorin Esmahan Aykol.

Esmahan Aykol, wie haben Sie den Putsch erlebt?
Ich schrieb zuhause an meinem Roman, als ich um 23:08 eine Whatsapp-Message von einer sizilianischen Freundin bekam: Sie wollte wissen, wie es mir geht. Von ihr erfuhr ich, dass es einen Putschversuch gegeben hat. Ich schaute aus dem Fenster – ich wohne direkt am Galataturm –, und der Platz war mitten in der Nacht voller Menschen, die Supermarkttüten schleppten. Beide Hände voll. Und auf Twitter sah ich Fotos von Menschen, die vor den Bankomaten auf der Schlange stehen. Und meine Freunde, meine Eltern sahen, wie gelähmt, alles auf ihren TV-Bildschirmen: Der Putsch wurde gesendet! Was ich schon irgendwie merkwürdig finde... Jedenfalls hatte ich genug Pasta und Sachen im Gefrierschrank und darum erst mal keine Panik. Aber ab 2 Uhr gabs die Überschallknalle und Jets. Sie waren unheimlich laut, und auch auf Twitter wusste anfangs keiner, was das war. Wir dachten alle, dass es irgendwo in der Stadt ein Bombardement gibt. Es war schrecklich. Dann starteten die «Jihad!»-Rufe und Gebete aus Moscheen.