In der Stube – und draussenEr schuf das Symbol gegen Polizeigewalt: das Knien
Der Schweizer Sport kehrt zurück, deshalb erscheint hiermit die letzte Ausgabe dieser Kolumne. Sie widmet sich dem Quarterback Colin Kaepernick, der sich 2016 weigerte, während der Nationalhymne aufzustehen.

Es ist der 14. August 2016. Die San Francisco 49ers bestreiten ihr erstes Vorbereitungsspiel der neuen Football-Saison gegen die Houston Texans. Seit 2009 wird vor jedem Spiel der National Football League auf dem Platz die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika gehisst und die Nationalhymne gespielt. Spieler und Staff haben dabei an der Seitenlinie zu stehen, um der US-Flagge Respekt zu zollen. Der dunkelhäutige Colin Kaepernick entschied sich an jenem Tag jedoch, während der Hymne sitzen zu bleiben. Dies fiel zunächst niemandem auf, da Kaepernick als Starting Quarterback der 49ers in diesem Spiel geschont wurde und auch kein Trikot der 49ers trug.
In der folgenden Woche ereignete sich dasselbe Szenario. Wahrgenommen wurde Kaepernicks Protest aber erst in der dritten Woche der Vorbereitungssaison, als er während der Hymne erneut sitzen blieb. Kaepernick, der bereits während des Trainings Socken trug, die Polizisten als Schweine darstellten, begründete sein Verhalten folgendermassen: «Ich stehe nicht auf, um Stolz auf eine Flagge für ein Land zu zeigen, das schwarze und farbige Menschen unterdrückt.»
Ein friedlicher Protest trieb seine Karriere in den Ruin
Vorausgegangen war eine Serie von Todesfällen von Afroamerikanern, verursacht durch Gesetzeshüter, die zu der «Black Lives Matter»-Bewegung führten. Kaepernick stellte klar, dass er seine Proteste so lange fortführen würde, bis er der Meinung ist, dass die Flagge das repräsentiert, was sie seiner Ansicht nach repräsentieren sollte.
In der vierten Woche der Vorbereitung kniete Kaepernick während der Hymne und schuf so ein Symbol für den friedlichen Protest gegen rassistische Polizeigewalt. Ein Symbol, das nun viele während der aktuellen Geschehnisse in den USA nach dem Tod von George Floyd verbreiten. Viele dunkelhäutige Athleten und Athletinnen taten es Kaepernick in den Folgewochen gleich und knieten während der Hymne. Doch Kaepernick wurde zur Hassfigur der konservativen US-Patrioten. Ihm wurde vorgeworfen, dass er sein Land nicht liebe und er kein richtiger Amerikaner sei. Trikots von ihm wurden verbrannt. Kaepernick wurde kurz darauf entlassen, fasste nie wieder Fuss in der NFL. Teams sahen es als zu grosses Risiko, ihn aufgrund seiner polarisierenden Taten unter Vertrag zu nehmen. Seine Aktion ruinierte seine Karriere. Was erneut zu Protesten führte – vergeblichen Protesten.

Im Jahre 2019 veröffentlichte Arte eine Dokumentation über die Karriere Kaepernicks bis hin zu ihrem unglücklichen Ende und zeigte den Zwiespalt, den er verursacht hatte. Von den einen als Held gesehen, von den anderen als Vaterlandsverräter. «Ein amerikanischer Held. Die Geschichte des Colin Kaepernick» ist kostenlos online in der Arte-Mediendatenbank zu finden und klärt einmal mehr darüber auf, was für Faktoren der aktuellen Ausnahmesituation in den USA zugrunde liegen.
Die BaZ-Serie «In der Stube – und draussen» gibt täglich Tipps, die dabei helfen sollen, die Corona-Zeit
halbwegs sportlich zu überbrücken.
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