Elisabeth Ackermann, die Vergessliche
Die Basler Regierung versprach, beim Theater Basel Mittel zu kürzen, tut es nun aber doch nicht. Das Parlament nimmt es zähneknirschend hin.

Die Basler Regierung ist manchmal vergesslich, wie sie heute im Grossen Rat gestand. Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann (Grüne) sprach gar eine Entschuldigung aus.
Worum gehts? Im Jahr 2016 versprach die Exekutive – damals noch mit Guy Morin als Regierungspräsident – die Mittel ans Theater Basel ab der Subventionsperiode 2019-2023 um einige Hunderttausend Franken zu kürzen. Nicht, weil man das Theater abstrafen wollte, sondern um die Mehrausgaben beim Kulturzentrum Kaserne zu kompensieren. Im Zuge des Umbauprojekts auf dem Kasernenareal hatte man nämlich dessen Subventionen um 500'000 Franken pro Jahr erhöht. Der Deal wurde so dem Parlament und dem Stimmvolk präsentiert.
Doch davon will die Regierung nun nichts mehr wissen. In ihrem jüngsten Bericht zum Theater geht sie auf die Kompensationsmassnahme und eine entsprechende Interpellation von FDP-Grossrat Christian Moesch mit keinem Wort ein – eben weil man sie versehentlich «vergessen» habe, so Ackermann.
Aufstocken statt kürzen
Stattdessen fordert die Exekutive eine Aufstockung der Theatermittel um 300'000 auf insgesamt 41 Millionen Franken pro Spielzeit. Der Grund: Man habe 2015 dem Theater 300'000 Franken gekürzt in der Annahme, das Haus könne durch den Einbau einer neuen Klimatechnik Energie und damit Kosten sparen.
Doch die Annahme habe sich als falsch erwiesen, deshalb wolle man nun die Kürzung nun rückgängig machen. Zudem habe sich das Theater unter der Intendanz von Andreas Beck «hervorragend entwickelt», sagte die Regierungspräsidentin. Die «positive Dynamik» wolle man jetzt, so kurz vor dem Wechsel zu Becks Nachfolger Benedikt von Peter, nicht durch eine Budgetkürzung dämpfen.
Die Meriten des Dreispartenhauses, das 2018 wiederholt von einer Fachzeitschrift zum «Theater des Jahres» gewählt wurde, waren auch im Parlament unbestritten. Kritik wurde an der politischen Führung geübt, am deutlichsten von der SVP, die als einzige Fraktion den Antrag der Regierung ablehnte. Das nicht eingehaltene Versprechen einer Kompensation, widersprüchlichen Angaben zu Energiekosten und Gedächtnislücken: «So geht es einfach nicht», betonte SVP-Grossrat Joël Thüring.
«Ich fühle mich von der Regierung verschaukelt»
Der Antrag von Thürings Fraktion, auf die 300'000 Franken extra zu verzichten und die Subventionen auf dem heutigen Niveau zu halten, wurde von den anderen Fraktionen indes deutlich abgelehnt. Zuspruch erhielt die Volkspartei einzig vom Grünliberalen David Wüest-Rudin, der sich von der Regierung «verschaukelt» fühlt, da sie ihre Versprechungen nicht halte. «Es geht um Glaubwürdigkeit», sagte er.
Zähneknirschend akzeptiert wurde die Regierungsvorlage von Michael Koechlin (LDP). Er sei es aber leid, alle paar Jahren bei Subventionsverhandlungen «Kröten» der Regierung schlucken zu müssen. Zu diesen zählt Koechlin auch den Umstand, dass das Theater Basel viele Baselbieter Besucher zähle, der Landkanton aber nur einen Bruchteil der Subventionen trage.
SP kann Kritik nicht verstehen
Nicht eben begeistert, aber pragmatisch zeigte sich Beatrice Messerli (Grüne) angesichts des Umstands, dass man nun bei den Energiekosten das Budget wieder anpassen müsse. Sebastian Kölliker (SP) fand die Debatte um die Energiekosten und das Verhalten der Regierung im Grunde müssig, ja sie sei ein «Geknorze».
Martina Bernasconi (FDP) sprach über eine Forderung von Andreas Beck. Der Intendant wirbt schon länger dafür, zusätzliche Lagerkapazitäten zu schaffen, damit das Theater erfolgreiche Produktionen auf Reserve halten und wiederverwerten kann. Die Umstellung vom heutigen Stagione- zum Repertoire-System würde einmalige Kosten von rund 500'000 Franken verursachen.
Doch Bernasconi entgegnete, dass ein solches System nur in Metropolen wie Berlin oder Wien wirtschaftlich sei, nicht aber in Basel mit seinem relativ kleinen Einzugsgebiet. Becks Nachfolger, Benedikt von Peter, sehe dies im Übrigen ähnlich. Deshalb lehne sie die 500'000 Franken extra ab. Diese wurden vom Theater, nicht aber von der Regierung gefordert. Deren Antrag wurde mit 75 Ja- und neun Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen verabschiedet.
7,6 Millionen fürs Sinfonieorchester
Einstimmig wurde der Grossratsbeschluss zum Sinfonieorchester Basel (SOB) gefasst: Das Orchester erhält bis 2023 Konzertbeiträge im bisherigen Umfang, das heisst rund 7,6 Millionen pro Jahr. Das SOB wird zudem indirekt über das Theater Basel subventioniert. Von diesem erhält es 5,5 Millionen jährlich für Einsätze im Orchestergraben.
Regierungspräsidentin Ackermann sagte, das Orchester habe sich «künstlerisch wie organisatorisch auf ein hohes Niveau entwickelt». Der Klangkörper habe in den letzten Jahren wegen der baubedingten Stadtcasino-Schliessung mit Provisorien Vorlieb nehmen müssen und in dieser schwierigen Zeit gleichwohl die Abozahlen um 20 Prozent gesteigert.
«Der Regierungsrat stützt weiterhin die Sonderrolle des Sinfonieorchesters.»
«Der Regierungsrat stützt weiterhin die Sonderrolle dieses einzigen stehenden Berufsorchesters in der Nordwestschweiz.» Nicht zuletzt das Theater Basel sei auf ein Grossorchester mit breiten Repertoirekenntnissen angewiesen.
Die Bemerkung Ackermanns ist vor dem Hintergrund der jüngsten Debatten um die SOB-Sonderrolle zu verstehen. Denn von den insgesamt neun Millionen Franken Konzertsubventionen erhält das Quasi-Staatsorchester mit Abstand am meisten. Fünf andere Basler Klangkörper, darunter das Kammerorchester und die Sinfonietta, müssen den Restbetrag von 1,5 Millionen im Rahmen der Programm- und Strukturförderung unter sich aufteilen.
Ungleiche Löhne
Während die Löhne bei diesen kleineren Orchestern unter den vom Schweizerischen Musikerverband empfohlenen Mindesttarife liegen, sind jene des SOB weit darüber. Daher die Forderung nach einer Grundsatzdebatte über eine Neuverteilung der Gelder. Die Diskussion wurde jedoch dadurch erschwert, dass das Präsidialdepartement die beiden Orchestervorlagen dem Parlament zeitlich versetzt vorlegt - die Programmförderung kommt erst im Herbst ins Parlament.
Die Bildungs- und Kulturkommission unter dem Vorsitz Oswald Inglin (CVP) hat diesen Umstand in ihrem Bericht kritisiert und auch einige Parlamentarier verrieten heute ihren Unmut darüber. Gemäss BKK hat man sich mit dem Präsidialdepartement soweit geeinigt, dass die beiden Orchestervorlagen zumindest bei den nächsten Subventionsverhandlungen gemeinsam behandelt werden können. Man sieht sich in vier Jahren wieder.
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