Einfach zu knackende Autos – wie reagieren Versicherungen?
Autos, die sich ohne Schlüssel öffnen lassen, sind ein einfaches Ziel für Diebe. Was dies für ihre Besitzer versicherungsrechtlich bedeutet.

Für Komfortfunktionen sind viele Autokäufer bereit, einen erheblichen Aufpreis zu zahlen. Beliebt bei neuen Fahrzeugen ist auch die Keyless-Funktion, die den Autoschlüssel beim Öffnen und Anlassen des Autos überflüssig macht. Bei damit ausgerüsteten Fahrzeugen werden die Türen entriegelt, sobald man mit dem Schlüssel in der Nähe ist. Und angelassen wird das Auto nicht mit dem Schlüssel im Zündschloss, sondern mit einem Druckknopf.
Der Touring-Club Schweiz (TCS) hat nun zusammen mit dem deutschen ADAC bei hundert Automodellen getestet, ob und wie einfach die Keyless-Funktion zum Aufbrechen des Fahrzeuges missbraucht werden kann. Das Resultat des Tests ist für die Autohersteller vernichtend: Alle Autoschlösser liessen sich mit einer einfachen Funkverlängerung problemlos knacken. Und das selbst von Personen mit nur bescheidenem technischem Fachwissen.
Mit dem Keyless-Systemen kann das Fahrzeug geöffnet und gestartet werden, ohne einen Schlüssel. Das ist komfortabel - vor allem auch für Diebe.
Die Sicherheitslücken der Schliesssysteme sind schon länger bekannt. Behoben wurden sie von der Autoindustrie dennoch nicht. Srdjan Capkun, ein Forscher der ETH Zürich, hat sich inzwischen des Problems angenommen, wie Redaktion Tamedia unlängst berichtete. Seine Lösung: Ein Chip misst auf die Nanosekunde genau, wie lange das Funksignal braucht, um vom Schlüssel zum Sensor zu gelangen. So kann festgestellt werden, wenn das Signal mit technischen Hilfsmitteln umgeleitet wurde. Momentan verhandelt Capkuns Start-up-Unternehmen mit Autoherstellern, allerdings dürfte es noch rund zwei Jahre dauern, bis die neuen Chips zum Einsatz kommen.
So lassen sich Schliesssysteme überlisten

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Vorerst stellt sich aber die Frage, wie die Versicherungen reagieren, wenn die Autos mit Keyless-Funktion aufgebrochen und gestohlen werden. Der TCS befürchtet insbesondere, dass Autobesitzer in Verdacht geraten können, einen Diebstahl nur vorgetäuscht zu haben – schliesslich sind ja keine Einbruchspuren am Fahrzeug sichtbar.
Keine Sonderbehandlung
Bei den Schweizer Versicherungsgesellschaften werden Diebstähle von Autos mit Keyless-Verriegelung indes nicht anders behandelt als Autos ohne diese Komfortfunktion. «Die Schadenabwicklung bei Autodiebstahl aufgrund von Keyless-Go-Systemen unterscheidet sich nicht von derjenigen von Autodiebstählen aus anderen Gründen», heisst es beispielsweise bei der Axa-Winterthur.
In der Praxis wird meist nicht einmal speziell erhoben, ob ein gestohlenes Fahrzeug eines mit Keyless-Funktion war. Der Mobiliar etwa ist kein einziger Fall bekannt, bei dem die Sicherheitslücke des Schliesssystems eine entscheidende Rolle gespielt hat. Die Zurich wiederum stellt keine Häufung bei den Diebstählen von Fahrzeugen mit Keyless-System fest. Allerdings bleiben die Versicherungen punkto Entriegelungssysteme aufmerksam: Allianz Suisse etwa geht wegen der Sicherheitsmängel der Keyless-Systeme von einer tendenziell steigenden Zahl von Diebstählen aus und verfolgt die Schadensentwicklung daher künftig mit noch grösserem Augenmerk.
Besitzer von Keyless-Fahrzeugen müssen aber keine Angst haben, grundlos dem Verdacht des Versicherungsbetrugs ausgesetzt zu werden, nur weil ihr Auto relativ einfach geknackt werden kann: Jeder Fahrzeugdiebstahl und die damit verbundenen Begleitumstände würden individuell betrachtet, schreibt dazu die Allianz Suisse. «Die Kunden werden nicht unter Pauschalverdacht gestellt.» Ähnlich tönt es auch bei den anderen Versicherern: Seien keine Anzeichen für einen Versicherungsbetrug erkennbar, werde kein Fall speziell untersucht, heisst es bei der Axa-Winterthur. Die Zurich wiederum schreibt, sämtliche Diebstahlmeldungen professionell abzuklären, wobei es vorgetäuschte Diebstähle nicht erst seit der Einführung von Keyless-Systemen gebe.
Zahl der Fahrzeugdiebstähle sinkt
Zu einer Reduktion der Versicherungsleistung kann es aber kommen, wenn nach einem Diebstahl nicht mehr alle Schlüssel vorhanden sind und vermutet werden muss, dass der Schlüssel im Wagen lag. In einem solchen Fall werde ein Abzug wegen grober Fahrlässigkeit geprüft, schreibt die Mobiliar auf Anfrage.
Die Axa-Winterthur verweist zudem noch auf die sinkende Zahl von Autodiebstählen. Gemäss der eigenen Statistik sei die Diebstahlfrequenz in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent gesunken. Axa geht von der Prämisse aus, dass modernere Autos meist besser gegen Diebstahl durch Gelegenheitsdiebe geschützt seien als ältere Modelle. Professionelle Diebesbanden liessen sich dagegen auch von ausgereiften Sicherheitssystemen nicht abschrecken.
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