«Eine starke Leistung der Schweiz»
Jürg Lucek aus Meiringen ist heute im Gotthard am Durchschlag zur Neat dabei. Der Direktionsleiter Tunnelbau Schweiz der Strabag AG erklärt überzeugt: «Der Durchbruch ist staatspolitisch ein wichtiges Ereignis.»

Wenn heute im Gotthard die letzten Steine zwischen der Nordschweiz und der Südschweiz fallen, ist Jürg Lucek aus Meiringen an vorderster Front beteiligt. Seit 14 Jahren arbeitet er am Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (Neat) mit. Als Direktionsleiter Tunnelbau Schweiz der Strabag AG war er für den Nordabschnitt des Tunnelwerks zuständig.
Lucek weiss denn auch, wie gross der Stein ist, der vielen Verantwortlichen mit dem Durchschlag vom Herzen fällt. «Staatspolitisch ist das ein grosses Ereignis. Es ist eine starke Leistung der Schweiz, so ein Werk zu bauen.» Als Vergleich nennt er den Brennertunnel, den Italien und Österreich seit langem planen und der vor dem Gotthardtunnel hätte fertig sein sollen. «Viel schneller zu sein als sie, ist schon eine Genugtuung», sagt Lucek.
Doch vor allem für die Planer und Bauarbeiter ist laut Lucek heute ein wichtiger Tag: «Mit dem Durchschlag weiss man, was vor der Tunnelbrust zu erwarten ist, wie wir Tunnelbauer sagen.» Denn auch auf den letzten Metern könne ein Berg für Überraschungen sorgen. Erst mit dem Durchschlag sei eindeutig klar, welche Gesteinsart wo auftrete. Dann kann das Programm des Innenausbaus ziemlich exakt festgelegt und der Eröffnungstermin fixiert werden.
Eine Frage des Geldes
Termine einhalten zu können, ist für die Baufirmen am Gotthard eine Frage des Geldes. «Unsere beiden Werkvertragsvolumen für Amsteg und Erstfeld betragen 1,1 Milliarden Franken. Wenn wir unsere Arbeiten später als vereinbart beenden, müssen wir eine Konventionalstrafe von 350 000 Franken pro Woche bis maximal 15 Millionen pro Vertrag bezahlen», erklärt Lucek. Da seien die Emotionen schon gross, wenn plötzlich eine Tunnelbohrmaschine blockiert werde. Ein solches Problem zu beheben, könne bis fünf Monate dauern.
Nach dem Durchschlag wird das «Loch» mit einer Kunststofffolie zum Schutz gegen eindringendes Bergwasser verkleidet, und die Sohle sowie das Gewölbe werden betoniert. Ein Unternehmen der Bahntechnik übernimmt danach den Tunnel im Rohbau, um die Infrastruktur wie Geleise, Fahrleitungen sowie Kommunikations- und Sicherheitsanlagen einzurichten.
Die Eröffnung des Gotthardtunnels ist für das Jahr 2017 geplant. Nun ist es an den SBB und dem Bund, zu sagen, ob sie ihn bereits ein Jahr früher in Betrieb nehmen wollen. Jürg Lucek weist jedoch darauf hin, dass das Beschleunigungsmassnahmen erfordern würde wie die Vergrösserungen der Belegschaft und des Bauinventars. «Das hätte aber zusätzliche Kosten zur Folge.»
Berge bezwingen
Der Oberländer weiss, was es heisst, einen Berg zu bezwingen. Nicht nur, weil er als diplomierter Ingenieur Tunnel baut, sondern auch, weil er als diplomierter Bergführer in den Alpen unterwegs ist. So kennt er das Gotthardmassiv auch von oben gut.
Einen Tunnel zu bauen, sei keine Verschandelung der Landschaft, sondern ein grosser Gewinn für die Menschheit. Die Verbindung von Norden nach Süden werde dank der Neat enorm verbessert und wirke sich «positiv auf die föderalistische Struktur der Schweiz aus».
Der Traum vom Tunnel
Jürg Lucek ist in den Bergen aufgewachsen und lebt auch dort. Hat genau das die Lust geweckt, Tunnels zu bauen? «Das spielt sicher eine Rolle. Die Berge faszinieren mich von seit jeher.» Zudem hat er als Jugendlicher beim Bau des Grimselkraftwerks gesehen, wie ein Druckstollen durchbrochen wurde. Später in der Rekrutenschule beobachtete Lucek fasziniert die Grossbaustelle des Stauwerks Sambucco im Tessin. «Da wusste ich: Bei solchen Werken will ich dabei sein», sagt der heute 63-jährige Meiringer.
Auf die Frage, durch welchen Berg in seiner Heimat er denn am liebsten einen Tunnel bauen möchte, antwortet Lucek, ohne zu zögern: «Durch den Brünig. Wir brauchen diese bessere Anbindung an die Zentralschweiz und an den Wirtschaftsraum Zürich. Das wäre nicht nur für den Tourismus wirtschaftlich von grosser Bedeutung für das östliche Oberland.» Und: «Der Brünigtunnel wäre ein fairer und sinnvoller Ausgleich für den Fluglärm in der Region Oberhasli–Brienz.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch