«Eine kleine Katastrophe für das Tessin und die Schweiz»
Der Ausbau des Basistunnels durch den Monte Ceneri verzögert sich. Nicht nur bekannte Tessiner Vertreter wie CVP-Ständerat Filippo Lombardi ärgern sich.

Der Basistunnel durch den Monte Ceneri wird einst Bellinzona und Lugano auf direktem Weg verbinden. Er ist neben dem Gotthard-Basistunnel das zweitwichtigste Element der neuen Gotthardstrecke, die eine deutliche schnellere Verbindung von Zürich nach Mailand bringt.
Gestern hat die Neat-Aufsichtsdelegation nun bestätigt, was sich bereits abgezeichnet hatte: Beschwerden gegen die Vergabe von Arbeiten zum Ausbau des Tunnels könnten die Inbetriebnahme des Tunnels um bis zu drei Jahre verzögern und zu Mehrkosten von bis zu 140 Millionen Franken führen.
Alptransit weist Verantwortung von sich
Die Verzögerung beschäftigt nun auch die Politik. CVP-Ständerat Filippo Lombardi bezeichnete die Situation gegenüber der Sendung «Heute Morgen» des Schweizer Radio und Fernsehens SRF als «eine kleine Katastrophe für das Tessin und die Schweiz». Neben den Kosten sei insbesondere folgenreich, dass damit die Umsetzung der Verlagerungspolitik für den Gütertransport weiter hinausgeschoben werde.
Die für die Ausschreibungen verantwortliche Firma Alptransit weist die Verantwortung für die Verzögerungen von sich. «Wir sind der Überzeugung, dass wir keine Fehler begangen haben», sagte Geschäftsleiter Renzo Simoni ebenfalls gegenüber SRF. «Wir sind angehalten, mit den Steuergeldern umzugehen», sagte Simoni weiter – und dies habe die Alptransit erfüllt, indem sie die günstigeren Unternehmen berücksichtigt habe.
Die verantwortliche Neat-Aufsichtsdelegation (NAD), stellt nun die Frage, wie es sein könne, dass es zu einer solchen Verzögerung kommen kann. Wir erachten es als Problem, dass derartige Projekte derart lange hinausgeschoben werden können, sagte Nationalrat Philipp Hadorn (SP, Solothurn).
Eigentlich hätte der Ceneri-Basistunnel 2019 in Betrieb genommen werden sollen. Wie Hadorn gestern nach einer Delegationssitzung in Olten sagte, habe das Bundesamt für Verkehr bestätigt, dass anfallende Mehrkosten innerhalb des bestehenden Neat-Gesamtkredits aufgefangen werden könnten.
Bundesgericht solle rasch entscheiden
Die NAD bekundet nach eigenen Angaben grosses Interesse daran, dass das Bundesgericht rasch über die hängigen Beschwerden entscheidet und damit zu einer Klärung der Situation beiträgt. Die Beschwerdeparteien und die Gerichte würden die Terminplanung beim Ceneri-Basistunnel bestimmen, hiess es. Der Tunnel ist Teil der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale Neat.
Wenn das Bundesgericht bis Ende September entscheide und die frühere Auftragsvergabe der Alptransit Gotthard AG bestätige, wäre eine Inbetriebnahme des Tunnels 2019 möglich, sagte Hadorn. Ein anderer Entscheid würde in jedem Fall zu einer Verzögerung führen. Es könne auch sein, dass die Aufträge neu ausgeschrieben werden müssten.
Die Situation sei «unbefriedigend», man sei «besorgt». Die Mehrkosten können sich gemäss NAD-Präsident je nach Szenario auf 10 bis 60 Millionen Franken oder bei einer Neuausschreibung auf 100 bis 140 Millionen Franken belaufen.
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zu den Problemen führt ein Rechtsstreit um zwei Baulose für die Arbeiten am Ceneri-Basistunnel. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März eine Beschwerde gegen die Bahntechnik-Vergaben der Alptransit AG für den Ceneri-Basistunnel teilweise gutgeheissen.
Die Beschwerdeführer hatten eine Unregelmässigkeit im Vergabeverfahren kritisiert. Dies geschah auch mit der Absicht, bei einer Neuausschreibung selbst zum Zug zu kommen.
Im April schrieb die Alptransit die Vergabe neu aus. Mehrere Bieter zogen den Fall danach ans Bundesgericht weiter. Dort ist die Sache derzeit hängig.
In der ersten Ausschreibung bekam das Konsortium Mons Ceneris den Zuschlag, «Fahrbahn und Logistik» im Wert von 96 Millionen Franken bereitzustellen. Der zweite Auftrag betraf «Bahntechnik und Gesamtkoordination». Er ist rund 129 Millionen Franken wert und wurde dem Konsortium CPC unter der Federführung der Berner Cablex AG vergeben.
Kritik an Referenzen
Kritikpunkt waren die für den Eignungsnachweis verlangten Referenzen. Die Interessierten hätten laut Gericht nicht je eine Referenz für die einzelnen Bestandteile des Auftrags vorweisen müssen, sondern zwei Referenzen für den gesamten Auftrag.
Die Alptransit Gotthard machte klar, auch die beschwerdeführenden Unternehmen könnten diese Referenznachweise nicht erbringen. Damit erfülle keiner im Verfahren verbliebener Anbieter die geforderte Eignung.
Daher beschloss der Verwaltungsrat der Alptransit Gotthard, das Vergabeverfahren abzubrechen und die Aufträge neu auszuschreiben. Mehrere Bieter zogen den Fall ans Bundesgericht weiter. Das Bundesgericht hat bislang noch keinen Entscheid gefällt. Bereits nach dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes hatte sich die Neat-Aufsichtsdelegation besorgt gezeigt.
SDA/mw
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