Eine bunte Landsgemeinde kämpft für die S9
Geschätzte 900 Besucherinnen und Besucher erweisen dem Läufelfingerli in Rümlingen die Ehre.

Die Rahmenbedingungen hätten besser nicht sein können für die gestrige «Läufelfingerli-Landsgemeinde» beim Schulhaus Rümlingen, am Fusse des S9-Bahndamms. Rund 900 Personen, so die Schätzungen des Referendumskomitees, fanden sich kurz nach elf Uhr zu diesem Ereignis ein, das eine gelungene Mischung aus politischer Manifestation und Volksfest darstellte.
Genau so war jedenfalls die Stimmung: entschlossen, aber humorvoll; kämpferisch, aber friedlich. Sogar das Läufelfingerli selbst präsentierte sich in Festlaune. Statt in seiner Alltagsversion als Kurzbähnchen verkehrte es gestern als ausgewachsene Flirt-Kombination. Aber auch so fanden längst nicht alle Besucherinnen und Besucher einen Sitzplatz. Und die S9 erwies den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an «ihrer» Landsgemeinde bei der Durchfahrt jeweils mit einem kräftigen Pfiff von oben die Reverenz.
Was den Laufentalern vor Jahresfrist recht war, sollte gestern den Homburgertalern billig sein. Erstere hatten vor Jahresfrist den politischen Kampf gegen die geplanten Deponien aus Sorge um ihre Quellen ebenfalls mit einer Landsgemeinde aufgenommen – und waren am Schluss in der Volksabstimmung siegreich geblieben. Nun erhoffen sich die Homburgertaler am 26. November dasselbe für ihre Bahn. Und es waren die Laufentaler, die, angeführt vom Zwingner Bürgerammann Peter Hueber, auch gestern mit ihrem Solidaritätsauftritt in Rümlingen einen ersten Akzent setzten.
«Unsinn» und «Sauerei»
Durch den offiziellen Teil führte dann Komiteepräsident und alt Landratspräsident Jürg Degen (SP), der sich nach seinem Rückzug aus dem Landrat nun ganz dem Erhalt des Läufelfingerlis widmet. Es sei «unsinnig», eine gut ausgebaute Bahn stillzulegen. «Das Homburgertal ist auch nicht ein Blinddarm-Wurmfortsatz, den man getrost wegoperieren kann.» Dieses Tal brauche eine funktionierende Infrastruktur, «und dazu gehört das Läufelfingerli», sagte Degen. Was die grüne Nationalrätin Maya Graf anschliessend zum Vergleich mit Genf animierte, wo man nicht Bahnen stillege, «sondern Schienen, die man einst herausgebrochen hat, wieder neu verlegt». Für SP-Präsident Adil Koller war im Übrigen die Art und Weise, wie man vor der Schicksalsabstimmung über das Läufelfingerli im Landrat über das Homburgertal gesprochen habe, «eine Sauerei».
Die Solidaritätsaktion der Laufentaler zu Beginn der Landsgemeinde fand dann auch im offiziellen Teil ihre Fortsetzung. Gleich zwei Politiker aus dem jüngsten Baselbieter Bezirk betraten das Rednerpult, wobei der Grellinger SVP-Mann Georges Thüring mit seinem Auftritt zugleich die Ehre der bürgerlichen Kantonspolitiker in Rümlingen rettete. Thüring setzte sich vor allem für die Sache der Randregionen ein; «denn das Homburger-, das Laufen- und das Waldenburgertal sitzen im selben Boot». Mit der Stilllegung des Läufelfingerli, so Thüring, würde sich der Kanton Baselland einen Bärendienst erweisen. Der Laufner SP-Landrat Linard Candreia seinerseits erinnerte an die historische Bedeutung der Bahn. 63 Menschen hätten beim Tunnelbau durch einen Brand ihr Leben verloren. Auch deshalb habe es die geschichtsträchtige Bahnlinie zwischen Sissach und Olten mehr als verdient, «weiterhin respektvoll behandelt zu werden», sagte Candreia.
Solothurner Kritik
Unterstützung erhielten die Homburgertaler aber auch von ennet dem Jura. So sicherte der Trimbacher Gemeindepräsident Martin Bühler seinen Nordwestschweizer Freunden die Unterstützung der Solothurner zu. Und er sparte nicht mit Kritik an den Baselbieter Behörden. Insbesondere beklagte Bühler, «dass die Solothurner Seite von Liestal nie direkt informiert worden ist», sondern die neusten Entwicklungen immer aus den Medien erfahren habe. «Dabei endet diese Linie nicht in Läufelfingen», so Bühler.
Anwesend in Rümlingen war im Übrigen auch der Solothurner Kantonsratspräsident Urs Huber, während sich die «hohe Politik» aus dem Baselbiet eher zurückhielt. Zwar waren die Vertreterinnen und Vertreter von SP und Grünen zahlreich erschienen, auch einige ehemalige und amtierende SVP-Kantonsparlamentarier wurden gesehen, während FDP und CVP weitgehend mit Abwesenheit glänzten. Regierungsvertreter und Bundesparlamentarier – mit Ausnahme der bereits erwähnten Maya Graf – suchte man vergebens in Rümlingen, selbst diejenigen, die im Läufelfingerli-Komitee mitmachen. Die Veranstalterinnen und Veranstalter werden es angesichts des Grosserfolgs mit Fassung tragen.
Die Landsgemeinde endete so bunt, wie sie begonnen hatte. Die Anwesenden verabschiedeten einstimmig eine Resolution zur Rettung der S9. SP-Landrat Stefan Zemp sang einen Alpsegen auf die Bahn. Und ein gelbes Meer von Pro-Läufelfingerli-Ballons stieg in die Luft – sie flogen dank günstigem Wind Richtung Liestal.
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