Eine App für die Revolution
In den USA wird an einem Mini-Programm für Smartphones und Tablet gebastelt, das mehr Meinungsfreiheit auf dieser Welt ermöglichen soll – vor allem in autoritär regierten Staaten.

«Es gibt für fast alles eine App» - so lautet der Werbeslogan des Konzernriesen Apple, mit dem er die Vorzüge moderner Kommunikationstechnologie anpreist. In Zukunft soll ein solches Mini-Programm für Smartphones oder Tablet-Computer auch mehr Meinungsfreiheit auf dieser Welt ermöglichen, vor allem in autoritär regierten Staaten.
Daran, dass diese Idee Wirklichkeit wird, arbeitet derzeit die US-Initiative «Commotion Wireless» (drahtloser Aufruhr). Schon Anfang kommenden Jahres könnte die Software fertig sein und Verbreitung finden, sagt der Projektchef Sascha Meinrath von der US-Denkfabrik «New America Foundation».
Ein Netzwerk für verschiedene Gerätetypen
Der Gedanke hinter dem Projekt ist einfach: Wenn Regierungen das Internet zensieren oder nutzen können, um Kritiker aufzuspüren, sollte das Internet umgangen werden. Commotion Wireless wird deswegen speziell mit Blick auf Dissidenten konstruiert als «sichere und verlässliche Plattform, die gewährleistet, dass deren Kommunikation nicht durch autoritäre Regime kontrolliert oder unterbrochen werden kann», wie es in den Leitlinien des Projekts heisst.
Zwar spielen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter bei Volkserhebungen wie im Arabischen Frühling eine wichtige Rolle, doch werden diese umgekehrt auch von Regierungen im Kampf gegen Kritiker und Protestbewegungen genutzt. Um der staatlichen Kontrolle zu entgehen, soll es die Commotion-Software ermöglichen, mit digitalen Geräten verschiedener Art ein Alternativ-Netzwerk zu knüpfen. Für die Nutzung kommen neben Smartphones oder Notebooks auch Internet-Router für drahtlose Netzwerke zu Hause in Frage. «Das Netzwerk wird nicht auf einem Gerätetyp alleine leben», sagt der Projekt-Mitarbeiter Preston Rhea.
Die US-Regierung unterstützt Projekte wie Commotion Wireless mit viel Geld. 76 Millionen Dollar flossen in den vergangenen vier Jahren an Initiativen für mehr Meinungsfreiheit im Internet. Weitere 25 Millionen sollen noch hinzu kommen.
«Ein Regimewechsel ist nicht unser Ziel»
Ian Schuler, zuständiger Programm-Verantwortlicher im US-Aussenministerium, sagt, die US-Regierung habe während des Arabischen Frühlings mit Sorge verfolgt, wie autoritäre Regierungen die Abschaltung von Internet-Diensten in ihren Ländern durchsetzten. Die Technologie von Commotion werde solche Abschaltungen künftig umgehen können. Es handele sich um «eine entstehende Technologie, die auf einen entstehenden Bedarf» treffe.
Obwohl die US-Regierung Commotion finanziere, werde sie keine Entscheidungen treffen, wo die Software eingesetzt werde und wo nicht, sagt Schuler. Ziel des Projektes sei es, Menschen freie Meinungsäusserung zu ermöglichen. «Ein Regimewechsel ist jedoch nicht unser Ziel», sagt Schuler.
Das Netzwerk intakt halten
Einer der bisherigen Test-Anwender ist Radio Free Asia (RFA) mit Sitz in Washington, dessen Programm auch in asiatischen Ländern ausgestrahlt wird. Der Sender ist stets darum bemüht, seine Quellen und Korrespondenten zu schützen. RFA kämpfe seit langem etwa gegen staatliche Kontrolle in China, sagt Senderchefin Libby Liu. Dank technischer Errungenschaften wie Commotion sei es dem Sender gelungen, sein Netzwerk an Quellen «intakt zu halten».
Die Chancen für eine schnelle Verbreitung der Commotion-Software stünden gut, sagt Projektchef Meinrath. Sie könne von Smartphone zu Smartphone oder zwischen anderen Geräten übertragen werden. Staaten könnten zwar verhindern, dass die Software aus dem Internet geladen werde. «Aber wenn eine Person ins Land kommt mit einem Handy, auf dem die App installiert ist, kann sie weiterverbreitet werden.» Autoritäre Regime müssten sich deswegen warm anziehen, sagt Meinrath.
AFP/rek
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