Ein Von Arx kommt selten allein
Reto und Jan von Arx gehören zu den Fixpunkten beim HCD – Annäherung an ein Brüderpaar.
Von Ruedi Kunz Die vielen Jahre am Fusse des Jakobshorns haben dem Dialekt von Reto von Arx nichts anhaben können. Sein Berndeutsch tönt so unverfälscht wie vor 16 Jahren, als er in den Bündner Kurort dislozierte. Bei seinem Bruder Jan hingegen, der ihn damals begleitete, haben sich im Laufe der Zeit immer mehr Bündner Brocken unter das Berndeutsche gemischt. «Ich spreche einen klassischen Grauberner Dialekt», erklärt er mit einem breiten Lachen im Gesicht. Ein Kind von Traurigkeit war der Jüngere der Brüder Von Arx noch nie. In jungen Jahren galt der Verteidiger als einer, der dem Davoser Nachtleben nicht auswich. Jetzt, mit 33, beschreibt er sich als «eher gemütlichen Typ, der gerne zu Hause oder in der Natur draussen ist». Im Winter ist er auf den Skipisten rund um Davos anzutreffen – nach dem Playoff-Ende unternimmt er Skitouren, im Sommer geht er gerne «z Bärg». Als Jan Heimweh hatte Jans Rückzugsort liegt in Davos Platz, wo er mit seiner Freundin eine Wohnung teilt. Bis vor einem Jahr lebte er beinahe Tür an Tür mit seinem 17 Monate älteren Bruder Reto. Und auch wenn dieser nun mit seiner Familie in Davos Dorf logiert: Die beiden sind unzertrennlich. Kürzlich haben sie für vier weitere Jahre in Davos unterschrieben. «Wir haben das gemeinsam beschlossen», sagt Reto. Das hatten sie schon 1995 so gehalten, als ihnen der damalige HCD-Präsident Werner Kohler und Trainer Mats Waltin ein konkretes Angebot unterbreiteten. Anfangs mussten die jungen Langnauer Eishockeyaner beim neuen Klub untendurch: Reto behagte die Schleiferei unter Konditionstrainer Pierre Gutknecht gar nicht. Und auch Jan wäre am liebsten ins Unterland zurückgekehrt: «Ich hatte Heimweh.» Doch sie bissen sich durch und stützten sich gegenseitig in dieser schwierigen Lebensphase. «Jan und Reto: Das ist echte Familienliebe», sagt ihr langjähriger Trainer, Förderer und Mentor Arno del Curto. Er kennt die beiden Emmentaler wie kein Zweiter ausserhalb des Von-Arx-Clans, zu dem neben den Eltern die zwei ebenfalls in Davos lebenden Schwestern zählen. Del Curto und Reto von Arx verbindet eine Freundschaft, die weit über das Eishockey hinausgeht. «Er ist ein Typ, der jede Kritik annimmt, der – ohne zu murren – defensive Aufgaben übernimmt und der auf Ruhm und Ehre verzichtet, wenn es dem Team nützt», schwärmt der 54-jährige Engadiner. Was den eigenwilligen Erfolgscoach und den nicht minder eigenwilligen Stürmer verbindet: die Siegermentalität und der schier unersättliche Erfolgshunger. Die Videokassette von 1998 Für Reto von Arx gibt es in seinem 15. Playoff nur ein Ziel: den fünften Meistertitel mit dem HCD. In der aktuellen Finalpaarung sieht er «eine hochstehende Serie, in der wir bisher noch nicht richtig überzeugen konnten». Apropos Playoff: Kürzlich schauten sich die Brüder ein Video von 1998 an, als sie mit Davos erstmals in einem Final standen (und gegen Zug 2:4 unterlagen). Dabei kamen sie ziemlich ins Staunen. Jan dachte zuerst, das Videogerät laufe in Slowmotion. «Das damalige Tempo, verglichen mit dem heutigen: Das sind Welten.» Reto sagt, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sich das Eishockey derart rasant entwickelt habe. Er traut sich zu, noch einige Jahre auf höchstem Niveau spielen zu können. 39 wird er sein, wenn sein «voraussichtlich letzter Vertrag» beim HCD ausläuft. Bis dahin wird er sich weiterhin während der Sommermonate mit dem Team abquälen, um bei Saisonbeginn wieder wie eh und je in die Leaderrolle zu schlüpfen.Hat der Routinier nie daran gedacht, zumindest Teile des Sommertrainings selber zu gestalten? Er winkt ab. «Ich brauche die Gruppe, um gut zu trainieren.» So funktioniert der kompletteste Schweizer Eishockeyspieler der Gegenwart: Das Team steht fast immer vor dem eigenen Ego. Del Curto sagt dazu: «Reto würde mehr Skorerpunkte sammeln, dächte er mehr an sich und weniger ans Team.» U-17-Nationaltrainer Alfred Bohren, der Reto in seiner Jugendzeit trainierte, attestiert ihm «eine überdurchschnittlich hohe Sozialkompetenz in allen Lebensbereichen». Leader und Bewegungstalent Über Jan von Arx wird in den Medien deutlich weniger geschrieben als über seinen Bruder. Das hängt mit seiner Position und seiner Spielweise zusammen. Jan ist kein spektakulärer Verteidiger mit unbändigem Vorwärtsdrang. Doch was er macht, gelingt in den allermeisten Fällen. Dass der nur 1,72 Meter grosse Defensivspieler immer wieder hervorragende Plus-minus-Bilanzen aufweist, ist für Del Curto kein Zufall: «Jan arbeitet unheimlich hart. Er will immer noch besser werden und ist gleichwohl entspannt.» Bohren staunt immer wieder über dessen Beweglichkeit und Schnelligkeit: «Gäbe es einen Wettbewerb für koordinative Fähigkeiten: Jan hätte einen Podestplatz auf sicher.» Sein Bruder sei schon immer ein Bewegungstalent gewesen, sagt auch Reto. Die Eltern bleiben im Emmental Alles ist ihm aber nicht in die Wiege gelegt worden. Vater Ueli von Arx hat seine Söhne in jungen Jahren allerlei Sportarten ausüben lassen. Jan erinnert sich an Judo- und Kunstturnlektionen, an ungezählte Übungen für das Gleichgewicht und für die Koordination. Er habe etliche Male geflucht, wenn sie ihr Vater «geschlaucht» habe im Sommertraining. «Heute bin ich ihm dankbar.» Wie sein Bruder sähe er es gerne, wenn die Eltern ihren Lebensmittelpunkt auch nach Davos verlegen würden. Bisher hofft er vergeblich darauf: Von Arx senior ist zwar mittlerweile pensioniert, doch gerade letztes Jahr hat er in Hasle-Rüegsau eine Eishockeyschule gegründet. Die Leidenschaft für den Sport lässt auch ihn nicht los. Ruhnke: Was Kloten braucht, Seite 55 Seite an Seite: Reto (34) und Jan von Arx (33) prägen den HC Davos seit 16 Jahren. Heute streben sie den dritten Finalsieg gegen Kloten an. Foto: Nicola Pitaro
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