Ein unerwünschter Zuwachs
Nach dem Aufruf der parteiinternen Gegner der Grossen Koalition verzeichnet die SPD eine Eintrittswelle. Die Parteibasis könnte so einen Koalitionsvertrag verhindern.

Die Sozialdemokraten verzeichnen nach der Entscheidung ihres Sonderparteitags für Koalitionsverhandlungen mit der Union eine Eintrittswelle. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur AFP unter SPD-Landesverbänden ergab am Dienstag, dass seit dem Parteitag am Sonntag mehr als 1500 Menschen einen Mitgliedsantrag gestellt haben.
Dabei handelt es vor allem um Online-Eintritte, die Zahl könnte durch noch nicht erfasste Anträge per Brief oder persönliches Erscheinen noch höher liegen. Die «GroKo»-kritischen Jusos hatten zu Parteieintritten aufgerufen, um beim geplanten Mitgliederentscheid der Sozialdemokraten ein erneutes Bündnis von Union und SPD zu verhindern. Allerdings lässt sich nicht feststellen, wie viele der potenziellen Neumitglieder eine Fortsetzung der grossen Koalition ablehnen. Über die Aufnahmeanträge müssen ausserdem noch die jeweiligen Ortsverbände binnen einer Frist von vier Wochen entscheiden.
Kritiker nicht besänftigt
Die SPD ist in der Frage gespalten, ob sie nach ihrem historisch schlechten Bundestagswahlergebnis und der ursprünglichen Oppositionsankündigung doch wieder in eine grosse Koalition eintreten soll. Beim Sonderparteitag in Bonn votierten am Sonntag nur 56 Prozent dafür, Koalitionsverhandlungen auf Grundlage des mit der Union vereinbarten Sondierungspapiers aufzunehmen. Auch das Versprechen der SPD-Spitze, in der Gesundheitspolitik, bei den sachgrundlosen Befristungen und beim Familiennachzug für Flüchtlinge nachzubessern, konnte die Kritiker nicht besänftigen.
Beginnen könnten die Koalitionsverhandlungen nach den parteiinternen Vorbesprechungen von CDU/CSU und SPD in dieser Woche. Am Ende müsste die SPD-Basis einem möglichen Koalitionsvertrag in einem Mitgliederentscheid zustimmen. Insgesamt hat die Partei mehr als 440'000 Mitglieder.
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert warnte die SPD-Spitze um Parteichef Martin Schulz davor, das Mitgliedervotum zu unterschätzen. Der knappe Ausgang des Sonderparteitags sei «nur die Chiffre einer viel grundsätzlicheren Diskussion, der sich die Partei stellen muss», schrieb der Chef des SPD-Nachwuchsorganisation in einem Gastbeitrag für das «Handelsblatt».
Mehrheit erwartet von «GroKo» Vorteil für die Union
Die Mehrheit der Deutschen rechnet einer aktuellen Umfrage zufolge damit, dass von der geplanten grossen Koalition die Union eher einen Vorteil hat als die SPD. In einer von der «Bild»-Zeitung am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa gaben 53 Prozent der Befragten an, sie rechneten mit einem Nutzen für die CDU. Bei der CSU waren es 42 Prozent, bei der SPD hingegen nur 26 Prozent.
30 Prozent rechnen mit einem Nutzen für die AfD, 17 Prozent für die FDP, und jeweils 16 Prozent für Linke und Grüne. Die Wähler der SPD sind in dieser Frage gespalten: 42 Prozent rechnen damit, dass die «GroKo»-Entscheidung den Sozialdemokraten nutzt, 34 Prozent rechnen damit, dass sie der Partei schadet.
Der Umfrage zufolge befürwortet jeder Dritte (32 Prozent) die Bildung einer grossen Koalition. Nicht einmal jedem Sechsten (15 Prozent) wäre ein Jamaika-Bündnis lieber gewesen. 17 Prozent hätten sich eine Minderheitsregierung gewünscht, weitere 27 Prozent sind demnach für Neuwahlen.
SPD verliert nach Parteitag weiter an Zuspruch
Im aktuellen Insa-Meinungstrend, der nach der Entscheidung des SPD-Bundesparteitages für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU erhoben wurde, verschlechtert sich die SPD im Vergleich zur Vorwoche um einen halben Punkt auf 18 Prozent. Die Union kommt auf 31,5 Prozent, die AfD auf 14 Prozent und die Grünen auf zehn Prozent. Die drei Parteien halten damit ihre Werte von der Vorwoche. Die FDP verbessert sich um einen halben Punkt auf zehn Prozent. Die Linke gibt einen halben Punkt ab und kommt auf elf Prozent. Für die Umfrage wurden am Montag insgesamt 1169 Bürger befragt.
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