Ein Stich ins Wespennest Washington
Die Wikileaks-Depeschen versetzen die Politik in den USA in helle Aufregung. Schon wird der Ruf nach Rache und neuen Gesetzen laut. Die Frage ist, was das konservativer gewordene Oberste Gericht dazu sagen würde.

Gleich einer Flutwelle der Indiskretionen rollten die Wikileaks-Enthüllungen gestern über die US-Hauptstadt und beschäftigten Kommentatoren wie Politiker. Was in einer Viertelmillion diplomatischer Depeschen vor den Augen der Welt ausgebreitet wurde, waren teilweise funkelnde Preziosen der US-amerikanischen Aussenpolitik: Vertrauliches und Geheimes, Tratsch, Banales, aber auch Tiefschürfendes. Die ansonsten sorgsam verborgenen Innereien der US-Diplomatie waren zu besichtigen, der Schrecken in Washington entsprechend gross. «Töricht» stehe die US-Regierung da, sagte etwa der aussenpolitische Experte Steve Clemons – stellvertretend für Denker und Lenker in Denkfabriken, Amtsstuben und Medienbüros. «Ein gewaltiges Versagen der Nachrichtendienste», beklagte zornig der republikanische Abgeordnete Peter Hoekstra.