Kritik an Esther Keller«Ein simples Ausschreibungsverfahren ist völlig aus dem Ruder gelaufen»
Der Anwalt des «Unternehmens Mitte» erhebt im Kaffeemobil-Streit schwere Vorwürfe gegen das Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt und dessen Vorsteherin. Diese hüllt sich in Schweigen.

Esther Keller, Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements Basel (BVD), wird mit dem Kaffeemobil des «Unternehmens Mitte» beruflich vorerst nichts mehr zu tun haben. Vor kurzem ist die Regierungsrätin, wie die BaZ aus gut unterrichteter Quelle weiss, in dieser Angelegenheit in den Ausstand getreten. Es stellt sich die Frage, weshalb. Besteht ein möglicher Interessenskonflikt? Oder war am Ende ein Facebook-Kommentar ausschlaggebend?
Esther Keller selbst will sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht zu dieser Frage äussern.
Für den Basler Anwalt Jascha Schneider ist es jedoch ein weiterer Indikator für ein bisher mangelhaftes Verfahren. Er vertritt das «Unternehmen Mitte» seit letztem Dezember juristisch. Zu den neusten Entwicklungen sagt er: «Ein simples Ausschreibungsverfahren ist unter Esther Kellers Führung völlig aus dem Ruder gelaufen.»
Der Ursprung des Konflikts
Das Kaffeemobil hatte seinen Stammplatz jahrelang an der Rheinpromenade, ganz in der Nähe der Münsterfähre. Im vergangenen Jahr wurde der Platz auf der Allmend neu ausgeschrieben – wie es auf öffentlichem Grund alle zehn Jahre jeweils der Fall ist. Und obwohl das «Unternehmen Mitte» ursprünglich die Idee für diesen Standort mitinitiiert hatte, wurde der Platz schliesslich an ein anderes, laut Basel-Stadt geeigneteres Gastroprojekt vergeben.
Der Rekurs
Weil Pola Rapatt, Co-Geschäftsleiterin des «Unternehmens Mitte», mit diesem Entscheid gleich in mehrfacher Hinsicht nicht einverstanden war (mehr dazu hier), reichte sie Rekurs ein und sammelte in einer Petition ausserdem gut 1500 Unterschriften von Unterstützerinnen und Unterstützern. Die Unterschriften sowie die Begründung für ihren Rekurs wollten sie und andere Mitarbeiter des «Unternehmens Mitte» an die Leiterin des Bau- und Verkehrsdepartements, Esther Keller, übergeben. Das verkündete das Kaffeehaus Anfang März auch in einem Facebook-Post.
Der Facebook-Kommentar
Esther Keller, aufgrund ihrer leitenden Funktion eigentlich der Neutralität verpflichtet, kommentierte den Facebook-Beitrag gleich selbst: «Liebes unternehmen mitte (...) Ich schätze euer Engagement und euren Kaffee übrigens sehr ☕️ Aber in diesem Fall hat ein anderes Unternehmen die Ausschreibung gewonnen. Es steht euch aber natürlich frei, dagegen zu kämpfen. Mit bestem Gruss, Esther Keller.»
Die Antwort des «Unternehmens Mitte» liess nicht lange auf sich warten – sie las sich so: «Da scheint Ihre Meinung ja offenbar schon gemacht, bevor wir unseren Rekurs am Freitag eingereicht haben und Sie unsere Argumente kennen (…).»

Damals mit der Frage konfrontiert, ob die Meinung von Esther Keller schon im Vornherein feststehe, schrieb die Medienstelle des BVD der BaZ: «Dies ist keine Frage einer Meinung. Die Auslotung ist erfolgt, sie ist aber Gegenstand eines juristischen Verfahrens. Der Rechtsweg steht allen offen, und wir werden den Ausgang des Verfahrens selbstverständlich akzeptieren.»
Nun, fast einen Monat später, zieht sich Keller also aus der Affäre rund um das Kaffeemobil zurück. Das Dossier wird Regierungsrat Kaspar Sutter übergeben.
Undurchsichtige Auswahlkriterien
Esther Kellers Befangenheit erkläre vieles, sagt Jascha Schneider, Anwalt des «Unternehmens Mitte». Unter anderem, weshalb sie bisher nicht in der Lage gewesen sei, eine Zwischenlösung im Interesse der Bevölkerung und der Gastronomie zu treffen – der Standort am Rhein steht nämlich seit Anfang Jahr leer. Und das noch so lange, bis der Zwist zwischen dem Kanton und dem «Unternehmen Mitte» geklärt ist.
Doch das ist nicht alles. Der Jurist kritisiert auch die teils undurchsichtige, teils unkoordiniert anmutende Verfahrensweise beim BVD.
Was meint er damit?
Da sei einerseits die fehlende Transparenz: Angefangen habe es bereits bei den Bewerbungsunterlagen für die Ausschreibung. Während bei Ausschreibungen von Buvetten in der Regel gleich zum Vornherein angegeben wird, welche Kriterien bei der Auswahl wie hoch gewichtet werden – sei es in Sachen Nachhaltigkeit des Konzepts oder in Bezug auf das Gastroangebot –, war dies beim Standort am Rhein nicht der Fall. Die Gewichtung wurde erst im Nachhinein bekannt gegeben. Problematisch sei dies vor allem, weil so nicht gewährleistet werden könne, dass die Punkte von Beginn weg gleich vergeben worden seien.
Weiter kritisieren das «Unternehmen Mitte» und Jascha Schneider, dass am Ende das Projekt einer GmbH ausgewählt wurde, die im Handelsregister gar nicht existiert. Wer genau hinter der Bewerbung stehe, sei bis heute nicht bekannt – «dermassen viele der Akten sind uns geschwärzt vorgelegt worden», so der Jurist.
«Mehr Kontrolle benötigt»
Ein weiteres Beispiel, das gemäss Jascha Schneider auf ein mangelhaftes Verfahren hinweist, sei etwa die Tatsache, dass das Tiefbauamt – das dem BVD untersteht – dem Mitbewerber den Auftrag erteilt habe, sein Abfallkonzept bei einem anderen Amt gleich selbst überprüfen zu lassen. Statt die Angelegenheit intern selber in die Wege zu leiten.
«Die Ausschreibung muss wiederholt werden, damit der Willkür nicht Tür und Tor geöffnet werden», findet Jascha Schneider. Und auch beim BVD müssten nun entsprechende Konsequenzen gezogen werden: «Wir sprechen hier von einer Führungsschwäche. Das Tiefbauamt hätte von Anfang an mehr juristische Unterstützung und Kontrolle benötigt», so der Basler Jurist.
Happige Vorwürfe an Esther Keller. Die BaZ hat die Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements mit den Äusserungen konfrontiert. Aufgrund des laufenden Verfahrens könne sie sich jedoch derzeit nicht dazu äussern, heisst es bei der Medienstelle des BVD am Dienstag.
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