Alles zum FCB-Spiel gegen Lugano… und am Ende liegen die Basler Nerven wieder blank
Der FC Basel spielt 1:1 gegen den FC Lugano und ist neu Fünfter. Aber er verliert dabei erst Riccardo Calafiori und dann (schon wieder) Interimstrainer Heiko Vogel durch Gelb-Rot.

Vor dem Spiel
64 Stunden und rund 45 Minuten. Das ist die Zeit, die dem FC Basel bleibt, nachdem der spanische Referee José Maria Sanchez am Donnerstag kurz vor Mitternacht in seine Pfeife bläst und damit das brutale Ende der Basler Conference-League-Final-Träume amtlich macht. Zeit, um die Wunden zu lecken, sich aufzurichten und bereit zu sein für den Liga-Endspurt, der zum Auftakt der letzten drei Runden trotz Heimvorteils eine äusserst schwierige Aufgabe bereithält: Der FC Lugano schaut im St.-Jakob-Park vorbei, aus dem er in dieser Saison schon einmal alle drei Punkte entführt hat.
Anders als damals sind die Tessiner inzwischen nicht nur Tabellen-Dritte, sondern auch Cup-Finalist. Also mit das Beste, was der Schweizer Fussball hinter dem Meister BSC Young Boys zu bieten hat. Und sie haben auch noch einen Lauf, gewannen sie doch vier der letzten fünf Liga-Partien, holten 13 von 15 Punkten und sind überdies seit sieben Partien ungeschlagen.
Das muss der FCB ändern und siegen, wenn er hoffnungsvoll in die letzte Woche dieser Saison gehen will. Schliesslich ist er vor dem Anpfiff nur Tabellen-Sechster. Und wenn er das auch am Ende ist, dann wird er erstmals in diesem Jahrtausend eine Saison ohne eine einzige internationale Partie erleben, was aufgrund der prekären finanziellen Situation gleichsam seine ganze Strategie und Ausrichtung infrage stellt.
Die erste Hälfte

Gleich sieben Kaderspieler fehlen Interimstrainer Heiko Vogel beim Versuch, das Heimspiel zu gewinnen. Zu den bekannten Gesperrten (Xhaka, Adams, Burger, Millar) und Verletzten (Comas, Lopez) hat sich bis zum Anpfiff auch noch Flügelflitzer Dan Ndoye gesellt, den nach der Fiorentina-Partie muskuläre Probleme plagen. Entsprechend empfangen die Basler die Tessiner mit so was Ähnlichem wie dem letzten Aufgebot – und mit drei Nachwuchs-Namen auf der Ersatzbank: Noah Streit, Erdin Ismaili und Romeo Beney dürften nur den eingefleischtesten FCB-Fans schon vorher ein Begriff gewesen sein.
Der FCB agiert in der gleichen taktischen Anordnung wie zuletzt immer, wobei aufgrund der Absenzen dieses Mal Darian Males, Fabian Frei und Andy Diouf das Dreier-Mittelfeld-Zentrum bilden und Hugo Novoa respektive Anton Kade die Rolle der Couloir-Läufer auf den Seiten übernehmen. Was zudem überrascht: Zeki Amdouni nimmt nur auf der Ersatzbank Platz – auch er spürt die Nachwehen vom Donnerstag. Im Vergleich zum Florenz-Spiel vom Donnerstag hat Heiko Vogel somit fünf neue Feldspieler in der Startformation stehen.
Was an den vorangegangenen Wochenenden immer ein ziemliches Problem war, ist es dieses Mal nicht: Die Basler spielen keine berauschende erste Hälfte. Sie haben einige Unsicherheiten in ihrem Spiel. Aber sie sind trotzdem die bessere der beiden Mannschaften, kommen im Vergleich zum bis zur Pause enttäuschenden Gegner zu echten Torszenen. Die erste vergibt dabei Andi Zeqiri, die zweite Darian Males mit dem Kopf. Dann kommt der dritte gefährliche Basler Kopfball, wiederum von Zeqiri, und landet in der 35. Minute zum 1:0 im gegnerischen Tor.
Die zweite Hälfte

Lugano-Trainer Mattia Croci-Torti reagiert in der Pause auf die schwache erste Halbzeit seiner Mannschaft und nimmt zwei Wechsel vor. Es dauert nicht lange, bis das Signal Wirkung zeigt. Der FC Lugano übernimmt das Zepter und erzeugt fast durchwegs viel Druck, den Ausgleich suchend. Allerdings scheitern die Tessiner mehrmals aus guten Positionen – entweder an FCB-Goalie Hitz oder an der eigenen Präzision.
Weil der FCB aus seinen zwei besten Gegenstoss-Gelegenheiten (50. Kade, 66. Offisde-Tor Males) nichts Zählbares macht, bleibt die Partie aber offen – und läuft schliesslich doch noch in jene Bahnen, die den Baslern nicht gefallen können. In der 84. gleichen die Luganesi durch einen Freistoss-Ball Steffens aus, der unberührt von Freund und Feind in die vom Schützen aus entferntere Torecke fällt.
Dann wird es wild. Sucht der FCB ein zweites Tor – und fängt dieses beinahe, als Amura allein auf Hitz läuft. Was da auch schon läuft, ist die Nachspielzeit. Sie endet mit einem Platzverweis gegen Riccardo Calafiori, der sich zu vehement gegen Lugano-Goalie Saipi wehrt, als dieser ihn angeht, weswegen er die zweite Gelbe Karte sieht.
Dann ist die Partie offiziell beendet, aber die Geschichte noch lange nicht vorbei: FCB-Interimstrainer Heiko Vogel regt sich fürchterlich ob des Platzverweises auf. Er applaudiert ironisch in Richtung Lukas Fähndrich, des Schiedsrichters. Dafür gibt es Gelb. Und weil er danach auch noch zum Ref hingeht und ihm gemäss eigener Aussage mitteilt, dass er hoffe, ihn nie mehr sehen zu müssen, gibt es abermals eine Gelbe Karte, gefolgt vom roten Karton.
Der Knackpunkt
Die Platzverweise rund um den Schlusspfiff sind es nicht. Die Lugano-Wechsel zur Pause sind es eher. Aber wahrscheinlich findet sich der Knackpunkt irgendwo in den vielen Basler Spielen zuvor, bis hin zum bitteren 129-minütigen Halbfinal-Highlight am vergangenen Donnerstag. Schon dünn besetzt in die Partie gegangen, scheint dem FCB zusehends die physische und psychische Frische zu fehlen.
Exemplarisch dafür steht Calafiori: Erst kommt er beim Ausgleich nicht vom Boden weg, um den als Flanke gedachten Ball per Kopf unschädlich zu machen. Dann lässt er Amura entkräftet ziehen, worauf Hitz nur mit einer Grosstat eine späte Basler Niederlage verhindern kann. Und schliesslich ist er nicht cool genug, um eine zweite Verwarnung zu verhindern.
Die Unparteiischen

Von aussen ersichtlich ist nicht viel und scheint es lange eine einfach zu leitende Partie für Lukas Fähndrich und seine Assistenten. Will man am Schluss trotzdem diskutieren, finden sich immer einzelne Szenen – und bietet sich wohl am ehesten die Frage an, ob Saipi für seinen Körperangriff auf Calafiori nicht Rot statt Gelb sehen sollte.
Die Basler Spieler und ihr Trainer sehen das auch so – aber noch viel mehr: Sie sprechen davon, dass der Schiedsrichter gegenüber den Spielern während der 90 Minuten wiederholt beleidigend aufgetreten sei.
Der O-Ton
Auch als Heiko Vogel weit nach Spielende im Medienzentrum erscheint, kommen die Emotionen immer wieder bei ihm hoch, wenn es um die Platzverweise und den Schiedsrichter geht. So sagt er beispielsweise über sich und Fähndrich: «Ich bin kein Kind von Traurigkeit. Ich sollte auch ein Vorbild sein und entschuldige mich bei den Zuschauern, den Kindern. Eigentlich sollte man sich auf dem Platz so verhalten, dass man nach einer Gelben Karte ruhig ist. Aber ich habe bei diesem Menschen grosse Bedenken, dass der als Schiedsrichter geeignet ist, solche Dinge zu pfeifen.»
Die Folge
Weil der Grasshopper Club im Derby dem FC Zürich mit 1:2 unterliegt, genügt dem FC Basel dieser eine Punkt, um den Rekordmeister aufgrund der besseren Tordifferenz in der Tabelle zu überholen. Rotblau steht damit auf dem fünften Platz, von dem inzwischen klar ist, dass er am Ende der Saison zur Teilnahme an der Conference-League-Qualifikation berechtigt.
Dieses Saisonende kommt bereits am Pfingstmontag. Doch so nah dieser Pfingstmontag schon ist, so weit scheint der Basler Weg nach Europa noch zu sein: Der FCB tritt am Donnerstag beim FC Servette an, wobei sich die Genfer vorzeitig den zweiten Schlussrang und die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation sichern können. Und die Basler werden am Lac Leman aufgrund der jüngsten Ereignisse abermals arg geschwächt antreten: Neben Xhaka und Adams werden dieses Mal Calafiori und Cheftrainer Vogel gesperrt fehlen. Immerhin besteht die Chance, dass ausser den gegen Lugano gesperrten Wouter Burger und Liam Millar auch der angeschlagene Dan Ndoye ins Kader zurückkehrt.
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