Ein Platz auf der Wahlliste kostet eine Viertelmillion
In der Ukraine hat die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl begonnen. Gegen den abgesetzten Amtsinhaber werden neue schwere Vorwürfe erhoben.

Anwärter für das höchste Staatsamt der Ukraine können bis zum 30. März ihren Antrag stellen. Sie müssten dazu aber 2,5 Millionen Griwna (rund 240'000 Franken) Pfand hinterlegen, teilte die Zentrale Wahlkommission in Kiew heute mit. Das Parlament hatte nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch den 25. Mai als Wahltermin festgelegt. Wo sich der mit Haftbefehl Gesuchte aufhält, ist weiterhin unklar.
Janukowitsch plante ein Massaker
Allerdings belasten neue Dokumente den Ex-Präsidenten schwer. Er hat die Demonstrationen gegen ihn offenbar mit einem Grosseinsatz Tausender Sicherheitskräfte niederschlagen wollen. Dies geht aus Dokumenten hervor, die Journalisten zufolge in der nahe Kiew gelegenen Residenz Janukowitschs gefunden wurden. Ein Abgeordneter der bisherigen Opposition stellte die Dokmente ins Internet. Nach den Plänen sollte der Unabhängigkeitsplatz in Kiew umstellt werden, Scharfschützen hätten das Feuer auf die Demonstranten eröffnen sollen. 22'000 Polizisten, darunter 2000 Spezialkräfte sollten an der Aktion beteiligt werden.
Mit der Veröffentlichung solle der Druck auf die neue Führung erhöht werden, den flüchtigen Janukowitsch vor Gericht zu stellen, sagte der Abgeordnete Hennadi Moskal. Der Ex-Präsident wird mit Haftbefehl gesucht, ihm wird Massenmord vorgeworfen. Bei Feuergefechten zwischen der Polizei und Janukowitsch-Gegnern auf dem Unabhängigkeitsplatz wurden vergangenen Woche mindestens 88 Menschen getötet. Die Demonstranten hielten den Platz drei Monate lang besetzt.
Neue Regierung erst am Donnerstag
In Kiew stocken derweil die Verhandlungen über eine Übergangsregierung. Interimspräsident Alexander Turtschinow hatte gefordert, sich noch heute zu einigen. Inzwischen wurde der Termin allerdings auf den Donnerstag verschoben. «Die Entscheidung muss am Donnerstag getroffen werden, wir können nicht länger warten», mahnte Turtschinow heute. «Verhandelt Tag und Nacht, doch es muss transparent sein.» Offizielle Kandidaten für das schwierige Amt des Regierungschefs und sein neues Übergangskabinett gibt es nicht - wer das Land nach dem Machtwechsel aus der Krise führen soll, ist damit offen.
Ranghohe Besucher aus den USA und Brüssel wollen den Neustart in Kiew unterstützen. Die USA, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union haben bereits ihre Bereitschaft zu Finanzhilfen signalisiert, um dem nach dreimonatigen Massenprotesten in seinen Grundfesten erschütterten Land wirtschaftlich auf die Beine zu helfen. Das Finanzministerium in Kiew bezifferte den Finanzbedarf bis Ende 2015 auf umgerechnet 25 Milliarden Euro und schlug eine internationale Geberkonferenz vor.
Das deutsche Aussenministerium plädiert dafür, mögliche Finanzhilfen für die Ukraine an strikte Bedingungen zu knüpfen. «Voraussetzung für Hilfen ist politische Stabilität und eine Übergangsregierung, mit der man verbindlich einen Hilfs- und Stabilisierungsplan entwickeln kann», sagte der für Europaangelegenheiten zuständige Staatsminister Michael Roth (SPD) zu «Handelsblatt Online». Europäische Hilfe müsse zwar «rasch und umfassend» erfolgen, aber auch mit den USA, dem IWF und Russland abgestimmt werden. «Eine instabile und zahlungsunfähige Ukraine ist eine grosse Gefahr für Europa und alle Nachbarn», sagte Roth.
sda/AFP/ldc
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