«Beispiellose Verdichtung»Ein neues Stadtquartier für Münchenstein
Die Gemeinde kann neben dem Bahnhof 415 neue Wohnungen für 930 Personen bauen. Die Debatte an der Gemeindeversammlung verlief chaotisch und hatte eine merkwürdige Note.

Die Worte von Gemeinderat Daniel Altermatt (GLP) klangen eindringlich: Damit Münchenstein nicht schrumpfe, müssten jedes Jahr neue Wohnungen gebaut werden. Gerade auch im Hinblick auf das strukturelle Defizit in Millionenhöhe sei es wichtig, dass Münchenstein die Einwohnerzahl zumindest halten oder, wie einst beschlossen, «moderat wachsen» könne.
In dieser Strategie ist das einstige Industrieareal Van Baerle im Quartier Gstand beim Bahnhof zwischen Bahn- und Tramgleisen von grosser Bedeutung. Die Investoren der Rietpark Immobilien AG, die das Areal 2014 gekauft hatten, entwickelten gemeinsam mit dem Generalplaner Halter AG und der Gemeinde ein städtisches Quartier mit hoher Verdichtung. Auf rund 22’000 Quadratmetern, das entspricht der Fläche von etwa drei Fussballfeldern, sind 415 Wohnungen für 930 neue Einwohner geplant. Das höchste Gebäude wird gemäss Quartierplan knapp 50 Meter hoch. Die Ausnützungsziffer ist mit 2,26 verhältnismässig hoch.
Zu hoch für mehrere Votanten an der Gemeindeversammlung vom Montagabend, die vor allem aus dem rot-grünen Lager kamen. Christof Flück von den Grünen sprach von einer «beispiellosen Verdichtung». David Huggel (SP) warnte davor, dass die höchsten Baukörper die Sicht in Richtung Hangkante zum alten Dorfkern versperren würden. Die Redner betonten aber mehrfach, dass die grundlegenden Ideen der Quartierplanung mit einer hohen Vielfalt an Wohnraum und sozialer Durchmischung begrüssenswert seien. Doch ihnen war es schlichtweg zu viel mit der Verdichtung an diesem Ort. Dass sich sogar der FDP-Sprecher in diese Richtung äusserte, liess aufhorchen. Keine einzige Person äusserte sich an der Versammlung vorbehaltlos positiv zum Projekt.
Vergleich mit Basel-Stadt
Altermatt nahm die Kritik auf und sprach von einem «städtischen Quartier». Er verglich die Verdichtung mehrfach mit der Delsbergerallee im Basler Gundeldingerquartier, wo man doch gerne wohnen würde. «Wir sind aber nicht in Basel, wir sind in der Agglomeration von Basel», entgegnete Sergio Viva (Grüne). Für Arnold Amacher (Grüne) handelt es sich nicht um ein städtisches Quartier, sondern um ein «eingepflanztes Areal».
Per Antrag setzten die Grünen höhere Energiestandards fürs Areal durch. Nach mehreren solchen Forderungen warnte Silvan Bohnet, Vertreter des Generalplaners Halter AG, aber davor, dass die Überbauung irgendwann derart teuer werde, dass der geplante Anteil von 22 Prozent Sozialwohnungen mit Mieten, die im Vergleich zum Markt 15 Prozent tiefer lägen, nicht mehr zu realisieren sei. Huggels Antrag, die höchsten Gebäude auf 36 Meter Höhe zu plafonieren, scheiterte genauso wie sein Vorschlag, den höchsten Baukörper gleich ganz wegzulassen. Am Ende setzte sich die grosse schweigende Mehrheit mit 176 zu 42 Stimmen durch und gab dem Quartierplan grünes Licht. Das klare Verdikt überraschte. Ein zwischenzeitlicher Antrag auf Rückweisung scheiterte nur relativ knapp.
Die intensive, über vier Stunden lange Debatte verlief teilweise chaotisch und hatte eine merkwürdige Note. Bohnet sass auf dem Podium des Gemeinderats und gab fleissig Auskunft – ja er stellte das Projekt grösstenteils gleich selber vor und diskutierte mit Fragestellern aus dem Plenum. Die merkwürdige Szenerie ging so weit, dass Bohnet selber das Wort einem weiteren externen Experten weitergab. Eine Aufgabe, die normalerweise nur der Gemeindepräsidentin zusteht. Doch Jeanne Locher (SP) liess ihn gewähren.
Fehler gefunden?Jetzt melden.