«Ein Muslim kann ein besserer Christ sein als ein Katholik»
Die CVP schickt mindestens elf Migranten aus Kosovo in den Wahlkampf. Der Gründer der ersten kosovarischen CVP-Sektion über Chancen und Risiken dieses Experiments.

Laut der Schweiz am Sonntag nominierten CVP-Sektionen mindestens elf Nationalratskandidaten mit kosovarischen Wurzeln. War das Ihre Vision, als Sie vor den Wahlen 2011 die Gruppe Christlich Demokratische Kosovaren (CDK) gründeten?
Martin Schwegler: Höchstens ganz langfristig. Wir hatten zuvor bereits die Gruppe Movimento Popolare Italo-Svizzero gegründet, um die Nachkommen italienischer Einwanderer einzubinden. Dass wir auch eine Gruppe für Kosovaren gründeten, war nichts wirklich Neues. In Luzern lebt eine grosse Gruppe von katholischen Kosovaren, die sehr gut ausgebildet sind und die Werte der CVP teilen. Gleichzeitig müssen wir auch anerkennen, dass wir in der Schweiz ein Integrationsproblem mit Kosovaren haben. Der Grundgedanke der CDK ist nun, dass wir ein gegenseitiges Verständnis und die politische Integration der Mitglieder fördern wollen.
Also handelt es sich eher um ein Integrationsprojekt als um eine Gruppe, die ihre Interessen in die Politik einbringen soll?
So ist es. Natürlich sollen sie sich auch in die Politik einbringen. Das geht umso besser, je höher die Integration ist. Erst wenn jemand die Schweizer Umgangsformen und die Regeln der Politik kennt, ist eine politische Partizipation wirklich möglich und erfolgversprechend.
Schielten Sie nicht auch auf das grosse Wählerpotenzial der kosovarischen Diaspora in der Schweiz?
Natürlich hatte ich das Wählerpotenzial im Hinterkopf, aber zentral war das nie. Uns ging und geht es darum, dass das Zusammenleben langfristig besser funktioniert. Es ist doch grundsätzlich richtig und heute gar mutig, Menschen in die Politik einzubinden, auch wenn sie einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Dass dies nun auf Stimmenfang reduziert wird, stört mich.
Die meisten Nationalratskandidaten aus Kosovo haben praktisch keine Erfahrungen in politischen Ämtern gesammelt und figurieren auf den hintersten Listenplätzen. Ihre Wahlchancen sind nahe null. Da liegt der Verdacht nahe, es gehe primär um Marketing.
Wir in Luzern waren immer äusserst zurückhaltend damit, Mitglieder der CDK zu einer Kandidatur zu bewegen. Auf der Liste der CVP Luzern haben wir trotz unserer Pionierrolle keine Kandidaturen von CDK-Mitgliedern. Eine Kandidatur ist für Neulinge eine grosse Herausforderung mit enormem Frustpotenzial. Ich kenne die Hintergründe der Kandidaturen in anderen Kantonen für die Wahlen im Herbst nicht. Aber man muss aufpassen, dass Kandidaten nicht verheizt werden. Es braucht eine enge Begleitung, damit wegen der grossen medialen Aufmerksamkeit keine Fehler passieren. Zudem dürfen bei den Kandidatinnen und Kandidaten keine zu hohen Erwartungen geschürt werden. Es braucht generell ein gutes Netz für eine Kandidatur.
Macht man den Kandidaten nicht falsche Hoffnungen?
Es kommt darauf an, wie man die Leute für die Kandidatur angesprochen hat. Die CVP jetzt schon zu verurteilen, ist sicher nicht gerechtfertigt. Wir sollten erst nach den Wahlen Bilanz ziehen. Bis dahin werden wir sehen, wie gut die Kantonalparteien ihre Kandidaten begleiten und unterstützen.
Der Ausgangspunkt der CVP ist ein «christliches Menschen- und Gesellschaftsbild». Hat es in dieser Partei auch Platz für muslimisch geprägte Mitglieder?
Ich bin kein Spezialist in diesen Fragen. Unser Bild der muslimischen Gesellschaft ist geprägt von Intoleranz und Extremismus. Aber eigentlich haben Muslime und Christen die gleichen Wurzeln. Die Religionen wären verwandt. Entscheidend ist nicht die Religion, sondern welche Werte gelebt werden. Von daher kann ein Muslim ein besserer Christ sein als ein Katholik.
Hat die CVP Luzern dank der CDK ihren Wähleranteil vergrössern können?
Genau wissen wir es nicht, aber ich gehe nicht davon aus. Wir haben bei den Nationalratswahlen 2011 Stimmen verloren. Ich selbst verpasste damals die Wahl um rund 3000 Stimmen – einige sagten, der Grund dafür sei mein Engagement für die CDK gewesen. Vielleicht funktioniert das längerfristig, aber kurzfristig erzielt man mit dem Einbinden von Migranten wohl keinen Wahlerfolg.
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