Ein «Maulwurf» bringt Westerwelle in Bedrängnis
Der Büroleiter von Guido Westerwelle soll der US-Botschaft seit 2007 vertrauliche Informationen zugespielt haben. Die FDP versucht den Fall herunterzuspielen.

Eine Spitzelaffäre sorgt in der FDP für Unmut über Parteichef Guido Westerwelle. Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki verlangte am Samstag ein härteres Durchgreifen von Westerwelle. Dessen bisheriger Büroleiter Helmut Metzner, der die US-Botschaft mit internen Informationen versorgt hatte, müsse fristlos entlassen werden. Die SPD forderte Westerwelle auf, Verantwortung zu übernehmen und offene Fragen zu klären. Die FDP-Spitze bemühte sich dagegen weiter, den Fall herunterzuspielen.
Die Internetplattform Wikileaks hatte vor einer Woche rund 250'000 teils vertrauliche Dokumente des US-Aussenministeriums ins Internet gestellt. So wurde bekannt, dass ein FDP-«Maulwurf» der amerikanischen Botschaft in Berlin vor einem Jahr Informationen aus den Koalitionsverhandlungen geliefert hatte. Als Spitzel wurde Westerwelles Büroleiter enttarnt. Die FDP zog Metzner daraufhin von dieser Aufgabe ab. Die Partei hält aber weiter an ihm fest.
Westerwelle nahm seinen Mitarbeiter in Schutz. «Er hat weder vertrauliche Geheimnisse ausgeplaudert noch gegen Gesetze verstossen», sagte der Parteichef.
«Sache wird dramatisiert»
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, die Sache werde dramatisiert. «Ein Mitarbeiter, der ohnehin mit der Pflege internationaler Kontakte beauftragt war, hat offenbar über verdichtetes Zeitungswissen gesprochen», sagte er. Dies sei «manchmal vielleicht ungeschickt» gewesen, aber letztlich sei die US-Botschaft dadurch nicht besser informiert gewesen als Zeitungsleser.
Kubicki wertete die Indiskretion dagegen als schwerwiegendes Vergehen und forderte den sofortigen Rauswurf Metzners.
Einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Spiegel» zufolge lieferte der FDP-Mitarbeiter den Amerikanern schon deutlich früher Informationen als bislang bekannt. Aus den Botschafts-Dokumenten sei ersichtlich, dass die Kontakte zwischen Metzner und der US-Vertretung mindestens bis ins Jahr 2007 zurückgingen, meldete das Magazin.
Metzner selbst versicherte, er habe Botschaftsvertretern «zu keiner Zeit Dokumente vertraulichen Inhalts ausgehändigt oder angeboten». Die von ihm erteilten Auskünfte zur Arbeit der FDP hätten sich «immer auf allgemein zugängliche Quellen» beschränkt. Sein Chef habe von alledem nichts gewusst. Er habe den Parteivorsitzenden nicht eingeweiht, weil er seit 2004 ständig Gespräche mit verschiedenen Vertretern der Botschaften in Berlin geführt habe.
Zweifel an der Darstellung der Parteispitze
In der FDP-Bundestagsfraktion wurden erste Zweifel an dieser Darstellung laut. Der Abgeordnete Lars Lindemann sagte, es sei für ihn «nicht vorstellbar, dass Helmut Metzner Dinge getan hat, die nicht mit der Parteiführung abgestimmt waren».
Die SPD forderte, Westerwelle müsse schnell erklären, was er über Metzners Tätigkeit gewusst habe. «Wenn ein Mitarbeiter aus dem höchst persönlichen Umfeld interne Informationen weitergibt, muss sich das der Chef zurechnen lassen», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. Ausserdem stelle sich die Frage, ob der Mitarbeiter den Amerikanern auch noch Informationen geliefert habe, als Westerwelle schon Aussenminister war.
Auch der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, ist weiter Kritik ausgesetzt. Kubicki kritisierte, es sei ein Skandal, dass offenbar Parteimitarbeiter von Botschaftsangehörigen ausgehorcht worden seien. Aus den Reihen der Liberalen war bereits die Forderung nach einer Abberufung Murphys gekommen.
Der Diplomat wies das zurück. «Es ist Sache der USA, zu entscheiden, wie und mit wem sie angesichts dieser Berichte ihre Aufgaben in Deutschland effektiv erledigen wollen», sagte Murphy. «Kurzfristig gesehen ist dies eine sehr unangenehme Situation», räumte er ein. «Aber bezüglich der langfristigen Auswirkungen wird sie völlig übertrieben dargestellt.» Murphy sagte, er sei «wirklich erschüttert und wütend», dass das Datenleck entstanden sei «und ich entschuldige mich überall dafür». Er glaube aber, «dass die Zeit diese Wunden heilen wird».
dapd/mrs
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