Ein Leben zwischen Grossbürgertum und Bohème
Die Journalistin Silvana Schmid hat ein Buch über ihre Mutter Lify Bucher (1899–1999) geschrieben.
Ihre Kindheit ist umgeben von der üppigen Grandezza des Fin de Siècle: Lify Bucher (1899–1999) wächst auf in einem Grandhotel am Mittelmeer. Ihr Vater ist ein Sohn des «Innerschweizer Hotelkönigs» Franz Josef Bucher-Durrer, ihre Mutter ist verwandtschaftlich verbandelt mit dem Kilchberger Schokolade-Clan Lindt & Sprüngli. Umweht von noblen Palmen und beaufsichtigt von einer preussischen Gouvernante verinnerlicht das junge Mädchen die Verheissungen und Korsettierungen des bourgeoisen Lebensstils.
Der Erste Weltkrieg versetzt der mondänen Idylle ein abruptes Ende, in den 1920er-Jahren wird das Bucher-Durrer-Imperium von Inflation und Erbstreitigkeiten zerrieben. Schmerzhafte Brüche und mutige Neuorientierungen, familiärer Rückhalt und eigenwilliger Aufbruch verbinden sich im Leben der Lify Bucher zu einer spannungsreichen Jahrhundertbiografie.
Erfrischende Unbefangenheit
Es ist kein leichtes Unterfangen, ein ausgewogenes Porträt der eigenen Mutter zu schreiben. Der Autorin und Journalistin Silvana Schmid, Mitbegründerin des Zürcher Presseladens, gelingt dies mit erfrischender Unbefangenheit. Erzählfreudig folgt sie den Höhen und Tiefen von Lify Buchers Gratwanderung zwischen Grossbürgertum und Bohème, mit einer respektvollen Mischung aus Nähe und Distanz rekonstruiert sie Schlüsselszenen, Leitmotive und Beziehungsmuster der mütterlichen Biografie. Und nicht zuletzt schafft die Objektivierung der eigenen Person eine modellhafte Erzählanlage, um die nachhaltig verstrickte Mutter-Tochter-Beziehung zu reflektieren.
In einem Neuenburger Mädchenpensionat erwirbt Lify Bucher das standesgemässe Rüstzeug für den Heiratsmarkt, in der Zürcher Kunstgewerbeschule befreundet sie sich mit weniger konventionellen Identitätsentwürfen. Ihre Existenz als bürgerliche Hausvorsteherin ist nur von kurzer Dauer, 1935, im Alter von 36 Jahren, verlässt sie die eheliche Vernunft- verbindung und zieht als alleinerziehende Mutter ins Tessin.
Der Tuberkulosetod der Tochter Gaby ist ein schwerer Schicksalsschlag. Doch wieder und wieder beweist die disziplinierte Dame Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit. In Rio de Janeiro schlägt sie sich als Kostümschneiderin und Lampendesignerin durch. In der Aufbruchszeit der 1960er-Jahre entdeckt sie den Charme der Rustici und situiert sich im illustren Kreis der Wahltessiner als Renovateurin, Freundin, Gastgeberin.
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