«Ein historischer Moment»
Die älteste Schweizer Privatbank Wegelin & Co. streicht aufgrund des Streits mit den US-Steuerbehörden die Segel. 700 Mitarbeitende und ein Grossteil der bisherigen Kunden gehen an die Raiffeisen Bank über.

Wegelin & Co, die älteste Privatbank der Schweiz, zerbricht am Steuerstreit mit den USA. Raiffeisen übernimmt per sofort das Nicht-US-Geschäft der 1741 gegründeten Bank. Die Notenstein Privatbank dient dabei als Übergangsgefäss, in die das abgetretene Geschäft der Bank Wegelin & Co. übertragen wird.
Mit dieser Übernahme würden 700 Arbeitsplätze in der Schweiz gesichert, teilte Raiffeisen mit. Die Bank Wegelin & Co. erklärte ihrerseits, der Schritt sei durch die schwierige und existenzbedrohende Auseinandersetzung mit den US-Behörden notwendig geworden.
US-Geschäft wird nicht übernommen
Die neu gegründete Notenstein Privatbank wird geleitet von Adrian Künzi, als Verwaltungsratspräsident amtiert Pierin Vincenz, der Geschäftsleitungsvorsitzende der Raiffeisen Gruppe. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Zum Geschäft der Notenstein Privatbank gehört das klassische Private Banking für Private Anleger und Institutionelle Investoren sowie das Asset Management. Die Notenstein Privatbank AG übernimmt das bisherige Geschäft der Bank Wegelin & Co. Ausser das US-Geschäft wird weiterhin von der Wegelin Bank betreut. Allerdings hat die St. Galler Bank ihre US-Geschäftstätigkeiten bereits seit einiger Zeit auf Eis gelegt. Sie schlägt sich jedoch weiterhin mit einer Anfang Januar gegen drei ihrer Mitarbeiter eingegangenen Klage der US-Steuerbehörden herum.
Die New Yorker Staatsanwaltschaft wirft den Wegelin-Bankern vor, in den Jahren 2005 bis 2010 US-Steuerzahlern dabei geholfen zu haben, Gelder in der Höhe von 1,2 Milliarden Dollar vor den US- Steuerbehörden zu verstecken. Dazu seien Scheinfirmen in Liechtenstein, Panama und Hong Kong eingerichtet worden.
Bis auf weiteres beurlaubt
In Zusammenhang mit dieser Angelegenheit wurde eben erst diesen Montag Christian Hafner, ein Teilhaber von Wegelin, bis auf weiteres beurlaubt. Die Wegelin-Führung hatte zur Begründung mitgeteilt, sie brauche derzeit eine «höchstmögliche Objektivität, um sämtliche für die Zukunft der Bank offenstehenden Handlungsvarianten zu evaluieren».
Am Freitag nun haben sich diese Handlungsvarianten konkretisiert. Der geschäftsführende Teilhaber der Bank Wegelin, Konrad Hummler, liess per Medienmitteilung verlauten, die ungeheuer schwierige und existenzbedrohende Lage, in welche die Bank durch die rechtliche Auseinandersetzung mit den US-Behörden gebracht worden sei, zwinge die Bank-Führung gemeinsam mit allen unbeschränkt haftenden Teilhabern zum Verkauf des Nicht-US-Geschäfts an Raiffeisen.
«Die Quote noch ausreichend»
Mit dem Deal erwirbt Raiffeisen ein Kundenvermögen von 21 Milliarden Franken. Dementsprechend wird die Genossenschaftsbank auch ihr Eigenkapital anpassen müssen. «Kurzfristig ist die Quote noch ausreichend», sagt Raiffeisen-Sprecher Franz Würth zu Redaktion Tamedia, «mittelfristig werden wir das neu berechnen müssen».
Wie bestehende Raiffeisenkunden vom eingekauften Portfolio und den zusätzlichen Dienstleistungen künftig profitieren können, wird von Raiffeisen derzeit geprüft. «Mögliche Synergien zwischen der Privatbank Notenstein und Raiffeisen loten wir aus.» Der Einstieg für bestehende Raiffeisen- und Neukunden in die neue Privatkundensparte der Raiffeisen-Gruppe soll ab einer halben Million Franken möglich sein.
«Ein historischer Moment»
Die Übernahme eines Grossteils der Privatbank Wegelin & Co. sei ein «historischer Moment», sagte der Chef der neu gegründeten Notenstein Privatbank AG, Adrian Künzi, vor den Medien. Künzi legte ein klares Bekenntnis zum Standort Schweiz ab.
Es handle sich um die Geburtsstunde einer neuen Bank, die mit 700 Mitarbeitenden für Schweizer Verhältnisse über eine beträchtliche Grösse verfüge, sagte Künzi. Alle Mitarbeitenden, darunter viele junge Fachkräfte, werden laut Künzi weiter beschäftigt.
Bemerkenswert für eine Bank dieser Grösse sei, dass man über keine Standorte im Ausland verfüge. Im Zentrum der Tätigkeiten werde das Schweizer Geschäft stehen. «70 Prozent unserer Kunden leben in der Schweiz», sagte Künzi. Diese sollen an 13 Standorten betreut werden.
Wichtiger strategischer Schritt
Die 21 Milliarden Franken Vermögen der Nicht-US-Kunden der Bank Wegelin & Co. sollen am kommenden Wochenende transferiert werden, sagte Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, Damit sei die Bank Notenstein für den Start des operativen Betriebs am kommenden Montag gerüstet.
Vincenz betonte, dass die Übernahme der Notenstein Privatbank für die Raiffeisen Gruppe ein wichtiger strategischer Schritt sei. Damit könne die Raiffeisen insbesondere ihre Kompetenz im Bereich Vermögensverwaltung stärken.
Bundesräte zugeknöpft
Das Ende der Privatbank Wegelin & Co wegen des Steuerstreits mit den USA ist von den Bundesräten Widmer-Schlumpf und Schneider-Ammann in einer ersten Reaktion nur reserviert kommentiert worden. «Es handelt sich um einen privatwirtschaftlichen Entscheid zweier Unternehmen, den wir nicht kommentieren», hiess es beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
EFD-Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf hatte am Vorabend am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos erklärt, sie rechne nach Gesprächen mit US-Finanzminister Timothy Geithner damit, dass der Bankenstreit mit den USA noch dieses Jahr beigelegt werden könne.
Auch Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sieht in der Kapitulation der Bank Wegelin, deren Nicht-US-Geschäft von der Bank Raiffeisen übernommen wird, einen unternehmerischen Schritt. Was die Gründe sind, darüber wolle er nicht spekulieren und auch nicht kommentieren.
Es müsse ein Schritt sein im Interesse der beiden Unternehmen, aber auch im Interesse der Kunden. Er sei sehr zuversichtlich, dass eine Strukturanpassung vonstatten gehe, die Effizienzgewinne, Mehrwert und einen Beitrag zur Entwicklung des Schweiz Bankenplatzes bringe.
SDA/ssc/fib/bru
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