Architektur in ThunEin Haus für vier Generationen
Hofschneider Architekten haben in Thun ein Mehrgenerationenhaus in die bestehende Stadtstruktur eingefügt.

Die Burgstrasse in Thun ist viel befahren. An dieser Lage Alterswohnungen zu planen, tönt gewagt. Die Architektin Alexandra Bonazzi Hofschneider löst die Aufgabe raffiniert: Mit einer Betonfassade schützt sie das Haus gegen die Verkehrsachse und öffnet es nach innen. So schafft sie einen grosszügigen, begrünten Innenhof und eine teilweise blickdurchlässige Betonhülle: «Die Räume geben den Blick nach aussen frei, ohne von aussen Einsicht zu bieten», sagt die Architektin.
Sie begleitete den Bau gemeinsam mit Projektleiter Simon Gerber bis zum Schluss. Der Kontakt nach aussen mit gleichzeitigem Sichtschutz ist für die Mehrgenerationen-Mieterschaft ideal: «Ältere Menschen leben zu oft isoliert in Heimen ausserhalb unseres alltäglichen Geschehens.»
Für diese Generation wollte sie an diesem zentralen Ort eine Lebensumgebung schaffen, die einerseits einlädt, am öffentlichen Geschehen teilzunehmen – die historischen Altstadt ist nur wenige Gehminuten entfernt. «Andererseits schaffen wir mit dem Entwurf im Schatten des Verkehrslärms eine Oase mit grünen Aussenbereichen und grossartigen Ausblicken auf die Stadtkirche, das Schloss und die Berge», sagt Alexandra Bonazzi Hofschneider.

Damit beginnt an der Burgstrasse 2 ein neues Kapitel. Anstelle der einstigen Tankstelle entsteht am Puls der Stadt neuer Lebensraum für die ältere Generation. Das Spital Thun, ebenfalls direkte Nachbarin, stieg als Bauherrin in das Projekt ein. Auf drei Stockwerken hat es nun Platz für insgesamt 27 Seniorinnen und Senioren in betreuten Wohngemeinschaften.
Es wohnen immer zwei bis drei Personen in einer Wohnung, wobei jeder Person ein Einzelzimmer zur Verfügung steht. Das Wohnzimmer teilen sich die Bewohnerinnen und Bewohner, ebenso ein Esszimmer mit Küche und eine Nische zum Verweilen und Plaudern.

Der Neubau umfasst drei Baukörper. So befindet sich auf dem Areal nun nebst dem betreuten Alterswohnen eine Kindertagesstätte sowie das Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe und die IT-Abteilung des Spitals.
Im Gebäude entlang der Burgstrasse befinden sich im ersten Obergeschoss die allgemeinen Räume des Alterswohnens sowie der Essbereich und die verschiedenen Behandlungs- und Pflegezimmer. Dieses vielseitige Raumprogramm war eine Herausforderung für die knapp bemessene Parzelle: «Der minimale Bauplatz und die Situation an der Kantonsstrasse forderte uns heraus», sagt die Architektin.
Die Architekten lösen diese Aufgabe mit Laubengängen, mit denen sie die drei Gebäude lose verbinden. Als Gegenstück zur schützenden, nach aussen gerichteten Betonklammer entsteht dadurch nach Innen Wohnlichkeit.

Holz kontrastiert den rauen Beton und schafft eine behagliche Atmosphäre. Sämtliche Wände und Decken sind mit einer Holzkonstruktion gebaut. «Wenn immer möglich haben wir in den Innenräumen die Holzdecken sichtbar gehalten», sagt Alexandra Bonazzi Hofschneider.
Das skulpturale Erscheinungsbild des Projekts ergänzt kraftvoll die räumlichen Gegebenheiten der gegenüberliegenden Schlossmauer. Doch im nördlichen Bereich öffnet die Architektin den langen Block. So lässt sie trotz dichtem Raumprogramm wertvolle Durchblicke und räumliche Beziehungen entstehen.

Der einseitig offene Patio ist das Herz der Überbauung. «Draussen wohnen», lautet hier die Idee der Architektin. Mit viel Glas und der dadurch resultierenden Transparenz bringt sie das öffentliche Leben ins Innere, schafft visuelle Bezüge zwischen den Räumen, ohne die Privatsphäre der Bewohner zu beeinträchtigen.
Dieses clevere räumliche Konzept der Aussenbereiche schafft Begegnungsmöglichkeiten und bietet Einblicke in die Aktivitäten anderer Nutzer, etwa von der Alters-WG auf den Spielplatz der Kinder im Innenhof. Alexandra Bonazzi Hofschneider freut das: «So ist kein organisiertes Aufeinandertreffen nötig, die vier Generationen begegnen sich ganz natürlich im täglichen Leben.»
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Sieht von aussen wie ein Verwaltungsbau aus, trostlos modern und tristvoll Ideenlos. Mehrgenerationen hin oder her.