Ein grausamer Mordversuch
Die abgewiesene Asylsuchende, die ihre Betreuerin mit einr Machete fast getötet hat, ist wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Jahren verurteilt worden.

Für das Bezirksgericht Bülach war am Dienstagabend der Fall klar: Was die heute 36-jährige Frau aus der Elfenbeinküste ihrer einige Jahre jüngeren Asylbetreuerin im November 2015 im Durchgangszentrum Embrach angetan hat, war eine «äusserst brutale und sinnlose Tat». Sie sei «planmässig und grausam» vorgegangen und habe ihrem Opfer «unnötig viel Schmerzen zugefügt».
Das Gericht folgte vollumfänglich den Anträgen von Staatsanwalt Adrian Kaegi. Die Freiheitsstrafe von achtzehn Jahren wegen versuchten Mordes entspreche dem schweren Verschulden der Frau. Dem Opfer, das die Attacke nur aus reinem Glück überlebte, sprach es eine Genugtuung von 110'000 Franken zu. Beides – sowohl die Strafe für die versuchte Tötung wie auch die Genugtuung – sind bemerkenswert hoch.
Opfer stellte sich tot
Damals, im November 2015, sollte die Frau, deren Asylgesuch auch vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt worden war, vom Durchgangszentrum Embrach in die Notunterkunft Adliswil verlegt werden – in jene Einrichtung, in der sich nur Familien und alleinstehende Frauen aufhalten. Sie hatte sich das gewünscht, aber offenbar ihre Meinung gewechselt. Als ihre Betreuerin ihr Zimmer betrat und Hilfe beim Kofferpacken anbot, flippte die Ivorerin komplett aus.
Sie griff zu einem 43 Zentimeter langen Gertel – ein Gartenmesser oder eine Machete mit einer 31 Zentimeter langen und sehr scharfen Klinge. Damit, so die Anklage, hackte sie «unerbittlich und mit grosser Wucht etwa zwanzigmal hauptsächlich auf Kopf, Rumpf und Extremitäten ein». Die Betreuerin versuchte sich zu wehren. Als sie die Kräfte verliessen, legte sie sich blutüberströmt flach auf den Boden und stellte sich tot.
Durch Zimmerfenster geflohen
Bevor die Afrikanerin durchs Zimmerfenster floh, verrammelte sie die Tür mit einem Kühlschrank und spritzte ihrem Opfer Petrol an Kopf und Oberkörper. Den Brennsprit entzündete sie nicht – laut Staatsanwalt Adrian Kaegi nur deshalb nicht, weil in der Zwischenzeit andere Betreuer an der verschlossenen Türe rüttelten. «Wir sind überzeugt», sagte auch der Gerichtsvorsitzende Andreas Fischer bei der Urteilsbegründung, «dass die Beschuldigte die Absicht hatte, das Opfer anzuzünden, als sie es mit Brennsprit übergoss.» Warum sie aber letztlich davon abliess, müsse offenbleiben.
Die Betreuerin erlitt schwerste Verletzungen. In der Anklageschrift sind 22 verschiedene Verletzungen aufgeführt. Zu den gravierendsten Verletzungen gehören ein Schlag mit der scharfen Klinge, die zu einem Schädeldurchstich führte, die Zerstörung der linken Augapfels, der zu einer bleibenden Blindheit auf jenem Auge führte sowie die Durchtrennung der rechte Wange mit Eröffnung der Mündhöhle. Die Schläge mit der Gertel waren teilweise so heftig, dass Haut und Weichteile bis zu fast 15 Zentimetern Tiefe reichten.
«Eine Tat, die ein Schaudern auslöst»
Staatsanwalt Kaegi sprach von einer «Tat, die ein Schaudern auslöst». Die Afrikanerin habe ihr Opfer «in einen Hintgerhalt gelockt, um sie hinter verschlossenen Türen zu massakrieren. Die Qualen und Schmerzen, die das Opfer erlitt, sind kaum vorstellbar und nicht in Worte zu fassen.» Auch der Rechtsvertreter des Opfers sagte, die Täterin habe «alles unternommen, um ihr Opfer abzuschlachten». Es sei kaum vorstellbar, was in einem schwer verletzten Opfer vor sich geht, das noch bei Bewusstsein ist und realisiert, dass der Horror noch nicht vorbei ist und es mit Brennsprit übergossen wird.
Opfer verbal angegriffen
Die Beschuldigte selber gab vor Gericht eine denkbar schlechte Figur ab. Wiederholt schrie sie den Staatsanwalt bei dessen Plädoyer an, sodass sie schliesslich nach etlichen erfolglosen Warnungen von der Verhandlung ausgeschlossen wurde. Auch die Urteilseröffnung störte sie, bis sie erneut ausgeschlossen wurde.
Schon vor ihrem Ausschluss hatte sie den Dolmetscher nicht fertig übersetzen lassen, das Ende einer Frage nicht abgewartet und Antworten gegeben, die entweder mit der Frage nichts zu tun hatten oder die schlicht keinen Sinn ergaben. Gefragt, ob sie zu einer ambulanten Therapie bereit sei, beklagte sie sich, dass ihr TV-Gerät keine französischsprachigen Sender ausstrahle.
Vor allem aber bestritt sie nicht nur jede Tötungsabsicht, sondern sagte mehrfach: «Ich habe sie nicht angegriffen.» Konkrete Fragen zum Tatablauf liess sie offen und griff stattdessen ihr Opfer verbal massiv an. Teilweise wurde ihr laut vorgetragener Wortschwall aus Beleidigungen und Drohungen gar nicht übersetzt.
Verteidigung auf verlorenem Posten
Bei dieser Beweis- und Ausgangslage stand der Verteidiger Marc Trachsel weitgehend auf verlorenem Posten. Vergeblich hatte er wegen versuchten Totschlags eine Strafe von vier Jahren beantragt, eventuell wegen versuchter Tötung sechs Jahre. Das Gericht wollte weder etwas von grosser seelischer Belastung hören noch von heftiger Gemütbewegung. Die Frau so das Gericht, habe sich in etwas hineingesteigert. Der Wechsel der Unterkunft sei kein Grund, auf jemanden loszugehen - «schon gar nicht in dieser Weise».
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