Ein Geburtstagsfest für die Ewigkeit
Dimitri Oberlin wird 20, trifft zweimal gegen Benfica und ist der Mann des Abends.

Es gibt Tage, an die erinnert man sich sein ganzes Leben lang. Manchmal sind es Tage, die wie jeder andere Tag beginnen und sich dann in eine Richtung entwickeln, die nicht vorhersehbar war. Nicht selten sind es wohl Geburtstage, weil man sie feiert und sich an ein gutes Fest gerne erinnert. Und manchmal, da sind es Geburtstage, die wie jeder andere Geburtstag beginnen und sich dann in eine Richtung entwickeln, die nicht vorhersehbar war.
Dimitri Joseph Oberlin Mfomo erlebt am 27. September 2017 so einen Geburtstag. Und für ihn selbst, da wird sein 20. Wiegenfest, das ganz normal beginnt, zum Geburtstag für die Ewigkeit. In der zweiten Partie der Gruppenphase der Champions League trifft er am späten Abend mit dem FC Basel im St.-Jakob-Park auf Benfica Lissabon. Es ist nach ein paar Minuten gegen Manchester United erst sein zweites Spiel in der europäischen Königsklasse – und es ist sein erstes in der Startformation. Doch Geschenk genug ist das nicht. Denn was er dann folgen lässt, ist das Spiel seines noch jungen Lebens.
Mit 5:0 triumphiert der FCB, wie er in der Champions League noch nie triumphiert hat. Und Dimitri Oberlin ist dabei der Mann, der in dieser für Rotblau historischen Partie alle überragt. An den ersten vier Toren ist er beteiligt. Beim ersten und dritten Treffer leistet er die Vorarbeit, die anderen beiden markiert er selbst. Er spielt von der ersten Minute bis zu seiner Auswechslung in der 74. Minute die perfekte Partie. Das Publikum steht, als er vom Feld geht. Es steht wegen der Vielzahl an starken Aktionen – aber es steht auch wegen einer einzelnen Szene, von der man sich in Basel noch lange erzählen wird.
Fast wie Usain Bolt
Es läuft die 20. Minute. Benfica führt einen Eckball aus. Oberlin wehrt die Flanke mit dem Kopf ab – direkt auf Renato Steffen. Dieser sprintet mit dem Leder am Fuss im rechten Couloir los, kreuzt die Mittellinie. Und aus dem eigenen Strafraum losgesprintet ist längst auch Oberlin, der Temporär-Verteidiger. Später wird es heissen, man habe bei ihm eine Spitzengeschwindigkeit von 37 Kilometern pro Stunde gemessen – es entspricht dies ungefähr der Durchschnittsgeschwindigkeit von Usain Bolt bei seinem Weltrekord über 100 Meter. Oberlin selbst wird sagen, er habe sich nicht viel dabei gedacht. «Ich wollte Steffen einfach helfen.»
Irgendwann in der gegnerischen Platzhälfte überholt er Steffen, der geschickt einen Haken geschlagen hat. Was folgt, ist der perfekte Pass des einen Angreifers auf den anderen. Oberlin ist seinem letzten Bewacher enteilt, nimmt den Ball auf – und schiebt ihn zwischen den Beinen von Benfica-Goalie Julio Cesar zum 2:0 ins Netz.
Es ist – mit einigen Sekunden Verzögerung – eine Art Doppelpass über das ganze Feld. Und es ist ein Tor, wie man sich nicht erinnern kann, es im St.-Jakob-Park schon einmal gesehen zu haben. Dass Oberlin beim 4:0 einen schlechten Pizzi-Querpass stark antizipiert, vor dem grossen Luisao den Ball erreicht und allein vor Julio Cesar abermals trifft, verkommt im Vergleich dazu zu einem gewöhnlichen Treffer. «Ich habe einfach durchgezogen», sagt Oberlin danach, als alles vorbei ist und sich sein Geburtstag dem Ende zuneigt. Ein Mann der grossen Worte ist der Schweizer mit kamerunischen Wurzeln nicht. Natürlich sei noch kein Geburtstag schöner gewesen – ein Geburtstag, der im Hotel mit einer Torte begonnen hat. «Die Kerzen vermochte ich nur mit Mühe auszublasen.»
Die Lichter von Benfica, die hat er scheinbar mühelos gelöscht. Das Besondere daran: Es gibt einige, die dem stets überdurchschnittlich talentierten Profi bereits nichts Derartiges mehr zugetraut haben. Zu schwierig sei sein Charakter, hiess es. Und es wurde an eine Geschichte von häuslicher Gewalt erinnert, die Oberlin aus seiner Zeit bei Red Bull Salzburg begleitet, von der aber unklar ist, was sich wirklich abgespielt hat. Sicher ist, dass sie in der vergangenen Woche im Umfeld des FC Zürich noch flachsten. Sich vor dem Spiel beim FCB sagten, wer Oberlin als zweiten Stürmer verpflichte, der könne nicht so stark sein.
Inzwischen flachsen sie in Zürich nicht mehr. Oberlin hat beim 1:0-Sieg des FCB über den FCZ das Tor erzielt. «Das war ein sehr wichtiger Sieg für unser Selbstvertrauen. Wir haben gesehen, was wir mit Kampf erreichen können – und dass wir sicher stehen.»
Gegen Benfica sind die Basler sicher gestanden und haben gekämpft. Dazu haben sie aber auch Fussball gespielt. Rasant kombiniert. Und sind gesprintet. Und keiner hat an diesem Abend all das so sehr verkörpert wie Dimitri Oberlin. An seinem Geburtstag für die Ewigkeit.
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