Ein Departement zum Davonlaufen
Unbeliebt, unbedeutend, unführbar: Guy Parmelin flieht aus dem VBS. Warum ist dieses Departement so schlimm? Und wird Viola Amherd das Ruder herumreissen können?

Nur noch weg. Verteidigungsminister Guy Parmelin war nicht wählerisch, als der Bundesrat zur Departementsverteilung zusammentrat. Erst wünschte sich Parmelin einen Transfer ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. Als er realisierte, dass Simonetta Sommaruga hier zum Zuge kommen würde, schwenkte Parmelin rasch um aufs Wirtschaftsdepartement, wie bundesratsnahe Personen bestätigen. Nur eines wollte der Waadtländer SVP-Mann unter keinen Umständen: Im Verteidigungsdepartement VBS bleiben.
Vor den Medien beklagte sich Parmelin anschliessend über das schlechte Image des VBS. Wer sage, es handle sich um ein Departement zweiter Klasse, werte damit die Leistung der engagierten und seriösen Mitarbeiter ab.
Warum er das VBS dennoch nach nur drei Jahren verlässt? Und ob er mit seinem dringenden Wechselwunsch nicht gerade bestätigt, wie schlimm es um sein Departement steht? Mit diesen Frage tat sich Guy Parmelin gestern schwer. Es sei jetzt einfach ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel, sagte er.
Wer sein Handeln nicht begründet, überlässt die Ursachensuche den anderen. Was also treibt Parmelin ins Wirtschaftsdepartement? Sind es die Skandale und Konflikte im mitarbeiterstärksten Departement der Bundesverwaltung? Ist das VBS unregierbar geworden? Und wenn ja, was heisst das für Bald-Bundesrätin Viola Amherd? Wie kann sie es schaffen, das Ruder herumzureissen?
Für den Waadtländer Weinbauern und Korporal Guy Parmelin ist das VBS drei Jahre lang ein fremder Kontinent geblieben. Anfangs schien es noch, als könne er sich durch entschlossenes Handeln den Respekt des Apparats,insbesondere der Armeeführung, verschaffen. «Sind Sie ein harter Hund?», fragte ihn die NZZ, nachdem er 2016 überfallartig die Evaluation des Raketenprojekts Bodluv gestoppt hatte. Doch der Aufräumer war schnell entzaubert. Zahlreiche Untersuchungen zeigten, dass Parmelin oft schlecht beraten und schlecht informiert war, als er seine Entscheide fällte. Der Departementswechsel erspart ihm nun eine weitere Demütigung: Für das 8-Milliarden-Franken-Paket zur Luftverteidigung gibt es beim besten Willen keine Mehrheit. Viola Amherd wird nun einen Ausweg suchen müssen.
Die SVP drängt an die Macht
Guy Parmelins Flucht aus dem VBS ist aber auch ein Ergebnis der neuen Parteiräson der SVP: Seit sie wieder zwei Mitglieder im Bundesrat hat, drängt sie in Bern selbstbewusster an die Macht. Bereits als über die Rücktritte von Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard nur spekuliert wurde, äusserten SVP-Vertreter die Erwartung, dass Parmelin bei nächstbester Gelegenheit ein besseres Departement übernimmt. 23 Jahre lang hatten Vertreter der Volkspartei das einstige Militärdepartement geführt. «Mit welchem Erfolg?», fragte Ulrich Giezendanner im September.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass das einstige Militärdepartement seit dem Ende des Kalten Krieges massiv an Bedeutung verloren hat. In langen Phasen des Friedens, so scheint es, nimmt das gesellschaftliche und politische Ansehen von Armeen und ihren Repräsentanten immer mehr ab. Umso störender ist es, wenn diese Organisationen auch noch laufend Probleme verursachen. Diesbezüglich ist die Schweiz allerdings keineswegs ein Sonderfall: Das Nato-Ziel, dass Mitgliedsstaaten künftig zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Verteidigung aufwenden müssen, stellt die grosse Mehrheit aller westeuropäischen Staaten vor erhebliche Schwierigkeiten. Interne und mediale Kritik betreffen überall die Tauglichkeit bestehenden Materials, Neubeschaffungen und Personalbestände.
Kann das VBS also am Ende gar nichts dafür, dass es so viele Probleme und Skandalgeschichten hervorbringt? Liegt hier einfach ein Branchenproblem vor? Im Bundeshaus will man es sich nicht so einfach machen. Ida Glanzmann (CVP) begleitet das VBS seit 12 Jahren. Einerseits als Sicherheitspolitikerin, andererseits als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission, die der Verwaltung auf die Finger schaut. Kaum jemand im Parlament kennt das VBS besser als sie. Von einem B-Departement will sie nicht sprechen, zu wichtig ist ihr die Armee und die Sicherheit. Aber besorgt ist Ida Glanzmann durchaus: «Es hat oft Probleme gegeben im VBS. Aber die letzten drei Jahre waren die schlimmsten.» Das Departement sei praktisch führungslos gewesen. Parmelin habe viele Projekte gestoppt. «Beim wichtigsten, der Kampfjetbeschaffung, stehen wir vor einem Scherbenhaufen.»
Für Amherd sei das eine Herausforderung, aber auch eine Chance, glaubt Parteikollegin Glanzmann. «Dass sie nie Dienst geleistet hat, gibt ihr jetzt die Freiheit, unabhängig von Verbandelungen und Seilschaften zu agieren. Sie kann zukunftsfähige Reformen einleiten.» Sie hoffe, so Glanzmann, dass Amherd genügend gute und kritische Leute finde für dieses Unterfangen.
Bald wird sich zeigen, ob VBS-Jobs im oberen Kader leichter vermittelbar sind als auf Stufe Bundesrat.
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