Ein 2500 Jahre altes Grab eines Keltenfürsten - unter Biokarotten
Bei Stammheim haben Archäologen einzigartige Gräber keltischer Adliger entdeckt. Doch bald wächst dort Gemüse.
Oberstammheim. - Für Laien sind die korrodierten Eisen- und Bronzeteile, die verrotteten Knochen- und Holzstücke in zwei Meter Tiefe wenig spektakulär. Sorgfältig freigelegt, liegen sie auf einem Feld im Stammertal unter zwei Zelten der Kantonsarchäologie. Wochen-, ja monatelang haben die Grabungstechniker den Dreck weggeschäufelt und -gepinselt und die Fundstücke mit raffinierten Methoden vor dem definitiven Zerfall bewahrt. Die 2500 Jahre in der Erde und die neuere Landwirtschaft mit ihren tiefwurzelnden Pflanzen haben das meiste zerbröseln lassen. Was gerettet werden konnte, wird nun im Konservierungszentrum des Landesmuseums in Affoltern a. A. analysiert. Kreise auf Luftbildern zeigten den Ort Wenn Andreas Mäder, der Leiter Urgeschichte bei der Kantonsarchäologie, zu erzählen beginnt, wird Geschichte lebendig. Auf Luftbildern entdeckte man vor über zehn Jahren zwei Kreise von 40 Meter Durchmesser, wo sich die Pflanzen anders entwickelten. Magnetik- und Elektrikmessungen zeigten gar fünf Kreise und jeweils in der Mitte Absenkungen von 5 auf 5 Meter: Grabkammern, die mit doppelten Holzwänden versehen waren. Die Kreise zeigen die Grösse der Grabhügel, die zum Schutz vor Grabräubern und Tieren angehäuft wurden. «Hochsicherheitsgrab», sagt Mäder. Fünf Hügel, möglicherweise mit Holzzaun drumrum und Grabstein obendrauf. Einer ist noch als Kuppe eines Weges erkennbar. Es muss 500 oder 600 Jahre vor Christus gewesen sein. «Keltenfürsten sind hier beerdigt worden mit vielen Grabbeigaben», erklärt Mäder: «Wir haben zehn eiserne Pfeilspitzen gefunden, eine Bernsteinperle und Kupferteile. Die stammen wohl von einem Wagen, den man Adligen ins Grab mitgab für die Reise ins Jenseits.» Wo sich die Siedlung befunden hat, wie weit das Herrschaftsgebiet der Fürsten reichte und in welchem zeitlichen Abstand sie starben, wisse man noch nicht. Dennoch sei das Gefundene «landesweit einzigartig». Obwohl die Archäologen ahnten, was unter dem Boden verborgen liegt, ist die Rettungsgrabung ein Zufall. Der grosse Stammer Biogemüseproduzent Christian Rathgeb plant dort eine Erweiterung der Anbaufläche. Möglicherweise gibts also bald Karotten, die auf Keltengräbern wuchsen. Wenn die Sichtung des Grabs beendet ist, wird das Land wieder bebaut. Besichtigung: Mi, 26. 8., 14-20 Uhr.
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