Debatte um Fat SuitsDürfen Schauspieler so tun, als wären sie dick?
Statt sich für Filmrollen zig Kilos anzufuttern, steigen Stars wie Renée Zellweger, Brendan Fraser oder Sarah Paulson lieber in Fat Suits. Das kommt aber gar nicht gut an.

In «Bridget Jones’s Diary» war Renée Zellweger wenigstens tatsächlich pummelig und hat nicht nur so getan. Fünfzehn Kilogramm soll sie für ihre Rolle zugelegt haben – dank einer Anti-Diät aus Croissants, Omeletts, Milkshakes, Pizza, Knoblauchbrot, Kuchen und natürlich Schokolade.
Das ist über 20 Jahre her, und die Zeiten haben sich geändert. Für ihre jüngste Rolle als Mörderin in der True-Crime-Serie «The Thing About Pam» schlüpfte Zellweger lieber in einen Fat Suit, statt ihren Körper erneut mit einer Extremdiät zu belasten. Für diesen «Betrug» wurde sie heftig angegriffen.

Genau wie Brendan Fraser. Dieser trägt für seine gefeierte Rolle in «The Whale» einen Fettanzug, der ihn 300 Kilogramm schwerer aussehen lässt. Oder Sarah Paulson, die in «Impeachment: American Crime Story» jene Beamtin verkörpert, die den Sexskandal zwischen Bill Clinton und Monica Lewinsky aufgedeckt hat. Sie nahm für die Rolle zwar einige Kilo zu, half aber ebenfalls mit einem Fat Suit nach.
Werden Übergewichtige durch Fat Suits erniedrigt?
Alle drei mussten sich dafür rechtfertigen: Von Fettphobie war die Rede. Davon, dass derartige Rollen fülligen Schauspielern zustünden und nicht dünnen. Oder dass Menschen mit Übergewicht dadurch nur noch mehr erniedrigt würden als sonst schon.
«Fettphobie ist real. Ich denke, so zu tun, als wäre es anders, würde weiteren Schaden anrichten.»
Alle drei versuchten, sich zu erklären, aber es half nichts. Renée Zellweger versicherte, sie habe versucht, respektvoll zu sein, aber gleichzeitig so nah wie möglich an der Figur, die sie verkörpert. Brandon Fraser betonte, er sei ja kein schmächtiger Mann und wisse nicht, was die körperlichen Vorgaben wären, um sich für die Rolle zu qualifizieren.
Sarah Paulson meinte, sie würde rückblickend keinen Fettanzug mehr tragen. «Ich denke, Fettphobie ist real. Ich denke, so zu tun, als wäre es anders, würde weiteren Schaden anrichten.» Allerdings bemerkte sie, es wäre falsch, den Schauspielern die Schuld dafür zu geben und sie auf ihre Physis zu reduzieren.
Bei diesen Vorwürfen spielen verschiedene Aspekte mit. Eines ist die Stigmatisierung von übergewichtigen Menschen. Dass die Grenze mit Nullerjahrfilmen wie «Schwer verliebt» («Shallow Hal») ganz klar überschritten ist, dürfte allen klar sein. Gwyneth Paltrow spielt darin ein und dieselbe Frau: einmal in dünn (die Traumfrau) und einmal dank Fat Suit extrem dick (die Frau, die niemand will).
Sind Fettanzüge etwas anderes als Perücken?
Aber wie sieht es mit Biografien aus, bei denen man möglichst nah an das Original heranzukommen versucht? Inwiefern unterscheidet sich ein Fettanzug von Kostümen oder Make-up? Was, wenn die Extrakilos zwar echt sind, aber nach Drehschluss per Diät wieder runterkommen?
Die andere Diskussion ist, ob nur Personen das Anrecht auf eine Rolle haben, die der Filmfigur möglichst bis ins letzte Detail entsprechen, um niemanden zu benachteiligen. Also die Frage, ob eine Amerikanerin eine Britin spielen darf, ein Schwuler einen Heteromann, eine nicht behinderte Person jemand Gelähmtes oder jemand mit Alzheimer. Oder ob es nicht die Idee von Schauspielerei ist, in andere Rollen zu schlüpfen.
«Sie sollten wissen, dass das kein Fat Suit war. Das war ich.»
Auch Whoopi Goldberg wurde für ihre neue Rolle als Alma Carthan im historischen Film «Till» angegriffen. Eine Filmkritikerin bemängelte, sie sei so sehr von Goldbergs Fettanzug abgelenkt gewesen, dass sie sich nicht mehr auf den Film habe konzentrieren können. Das liess Goldberg nicht auf sich sitzen. Ihr sei egal, was diese Frau vom Film gehalten habe. «Aber Sie sollten wissen, dass das kein Fat Suit war. Das war ich.»
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