Drei Risiko-Regionen für «schmutzige Bomben»
Nukleares Material im Besitz von Terroristen: Das ist ein Schreckensszenario, das der Welt Angst macht. Einige Weltregionen machen den Experten besonders Sorgen.

Rund 40 Staats- und Regierungschefs diskutieren zurzeit an einem Gipfeltreffen in Washington über die Gefahren des Atomterrorismus. Am Ende des Spitzentreffens, an dem Bundespräsidentin Doris Leuthard die Schweiz vertritt, sollen sie einen Aktionsplan für Atomsicherheit unterzeichnen. Mit dem Plan soll verhindert werden, dass Atommaterial in die Hände von Terroristen fällt. In der Diskussion über mögliche Quellen für «schmutzige Bomben» bezeichnen Experten drei Weltregionen als Risiko-Gebiete: Es sind dies Pakistan, die Länder der früheren Sowjetunion und Nordkorea.
Die pakistanischen Atomanlagen stehen zwar unter starkem militärischem Schutz, und ausserdem verfügt das Land über vergleichsweise geringe Mengen an nuklearem Material. Doch der Aufstand radikaler Islamisten und ihre Verbindungen ins Innere des pakistanischen Staates sind ein immenser Risikofaktor. «Wir wissen, dass Teile der Regierung mit al-Kaida sympathisieren», sagt Daniel Byman, Leiter des Zentrums für Friedens- und Sicherheitsstudien an der Georgetown Universität. Die Rivalität mit dem ebenfalls atomar bewaffneten Nachbarn Indien verschärfe die Lage zusätzlich.
Die grösste Befürchtung einiger Experten ist, dass Kreise in Pakistans mächtigem Geheimdienst gemeinsame Sache mit Islamistengruppen wie Lashkar-e-Taiba machen und schliesslich einen Atomkrieg mit Indien provozieren könnten. Am Rande der Atomkonferenz in Washington wies Pakistan Berichte der «New York Times» zurück, wonach Pakistan die Produktion von atomwaffentauglichem Brennstof ausweiten wolle. Dies sei nicht wah, sagte der pakistanische Premierminister Yousuf Raza Gilani.
Geschäft zwischen Nordkorea und Syrien
Die zweite Region, die unter Experten für Kopfzerbrechen sorgt, sind die Staaten der zerfallenen Sowjetunion. Nach dem Ende des Kommunismus galt dieses Gebiet als Selbstbedienungsladen für Atommaterial. Mittlerweile seien die chaotischen Zustände der 90er Jahre überwunden, die Sicherheit der Anlagen habe sich deutlich verbessert, sagt Byman. Dennoch bleibe die Kontrolle in einigen Bunkern, Forschungseinrichtungen und Reaktoren mangelhaft. Noch immer liege keine vollständige Auflistung der früheren Sowjet-Bestände vor.»Wir wissen von Material, über dessen Verbleib nichts bekannt ist», sagt Byman.
Mit Besorgnis wird auch die Situation in Nordkorea verfolgt: Vor vier Jahren schockte das Regime in Pyongyang die Welt mit der Ankündigung, erstmals erfolgreich eine Atombombe getestet zu haben. Seitdem steht das Land im Verdacht, Material und Knowhow aus seinem Atomprogramm auch auf dem Schwarzmarkt anzubieten. So soll Nordkorea einen Reaktor an Syrien verkauft haben, der waffenfähiges Plutonium herstellen kann. Der angebliche Deal mit Syrien lege nahe, dass Pyongyang auch Anfragen von anderen Interessenten erfüllen würde, mutmasst Byman.
Laxere Kontrollen
Eine weitere Gefahr rückt erst allmählich ins Bewusstsein der Regierungen: Auch aus zivilen Einrichtungen wie Spitälern, Forschungseinrichtungen oder Industrieanlagen könnte waffenfähiges Uran in die falschen Hände geraten. Da die zivile Atomkraft weltweit eine Renaissance erlebt, wird diesem Aspekt zunehmend Bedeutung zugesprochen. Vor ihrer Abreise nach Washington forderte etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, diese Gefahr nicht zu vernachlässigen.
Einer aktuellen Studie der Harvard Universität zufolge befinden sich weltweit 60 Tonnen hochangereichertes Uran unter ziviler Aufsicht, die Hälfte davon ausserhalb der USA und Russlands. Die Sicherheitsvorkehrungen sind oft deutlich laxer als bei militärischen Anlagen.
SDA/vin
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