Neue SmartwatchesDoch noch Konkurrenz für die Apple Watch
Samsung und Google haben ihre Streitereien beendet und machen nun gemeinsam Jagd auf die Smartwatch. Können sie ihren grössten Erfolg wiederholen?

Was für eine Enttäuschung: nur viel Gerede und kein neues Gerät. Das waren damals 2007 die ersten Eindrücke nach der mit Spannung erwarteten Google-Ankündigung. Gross waren die Hoffnungen, dass Google das gPhone, die Antwort auf das im selben Jahr vorgestellte iPhone, lanciert.
Aber nein. Es gab kein Smartphone.
Stattdessen gab es viel Blabla, Industriepartner, Telecomfirmen, gegenseitiges Schulterklopfen und Versprechen, gut zusammenzuarbeiten. Es war die Geburtsstunde der Open Handset Alliance und damit von Android. Dem heute weltweit erfolgreichsten Betriebssystem. Was als langweilige Business-Ankündigung begann, hat die Computerlandschaft komplett auf den Kopf gestellt und die Telecomlandschaft für immer verändert.
Durchbruch mit dem Galaxy S
Richtig in die Gänge kam Android aber erst, als Samsung 2010 das Galaxy S vorstellte. Das erste Smartphone, das es mit dem iPhone aufnehmen konnte. Der Rest ist Geschichte – und die wiederholt sich ja hin und wieder. Bei den Smartwatches war davon bislang nichts zu sehen. Alleingänge, wohin das Auge reicht.
An der Entwicklerkonferenz Ende Mai hat Google angekündigt, dass Samsung genug habe von seinem Alleingang und gemeinsam mit Google eine neue Smartwatch-Plattform lancieren wolle. Details blieben rar. Und eine Uhr gabs schon gar nicht zu sehen. Als Samsung für diese Woche eine Ankündigung rund um (unter anderem) Uhren versprach, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Doch wieder nichts. Die Uhr käme irgendwann im Sommer.
Stattdessen sprachen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Samsung und Google wolkig über die tolle Zusammenarbeit und natürlich die neue, aber namenlose Plattform und deren Vorzüge. So sollen damit Uhren länger und schneller laufen, Sensoren sollen präziser werden und natürlich sollen auch Google-Apps (die es für Samsung-Uhren bislang nicht gab) dazu kommen. Auf Youtube habe ich die Ankündigung vom Montagabend gleich im Anschluss so zusammengefasst:
Interessantes Detail: Die aktuellen Tizen-Uhren von Samsung sollen noch maximal 3 Jahre lang Updates bekommen.
Viele Fragen blieben aber offen. Etwa: Wie wird die Plattform funktionieren, wer darf mitmachen, wer darf mitbestimmen, ist es weiter Wear OS einfach mit je nach Hersteller verschiedenen Benutzeroberflächen, gibt es Hardwarevorgaben oder gar spezielle neue Chips?
Und darum erinnert die aktuelle Situation bei den Smartwatches so frappant an den Start von Android? Sollte es Google und Samsung noch mal gelingen, einen Erfolg wie damals 2010 mit dem Galaxy S auf die Beine zu stellen, könnte das alles ändern. Selbst Blackberry und Nokia mussten damals einsehen, dass es keinen Raum mehr gibt für Alleingänge. Wird Googles (und Samsungs?) neue Smartwatch-Plattform ein Erfolg könnte das aktuell erfolgreiche Firmen wie Garmin vor ein ähnliches Dilemma stellen: mitmachen oder Gefahr laufen, aus dem Markt gedrängt zu werden?
Es wäre höchste Zeit, dass die Apple Watch ernsthaft Konkurrenz bekommt.
Mit einer erfolgreichen Smartwatch-Platform mit vielen Partnern könnte Google auch ein altes Versprechen einlösen. 2017 inszenierte sich der Techkonzern im Interview mit dieser Zeitung bereits als der ideale Technologiepartner für die Uhrenbranche. Kurz darauf verlies der verantwortliche Manager das Unternehmen und Android Wear verlor jeden Schwung.
Wird jetzt alles besser? Noch diesen Sommer sollten wir es abschätzen können, wenn Samsung die erste Uhr mit dieser dann hoffentlich nicht mehr wolkigen Smartwatch-Plattform vorstellt. Es wäre höchste Zeit, dass die Apple Watch ernsthaft Konkurrenz bekommt. Denn Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sie macht Produkte auch besser und günstiger.
Rafael Zeier ist Redaktor für Digitales und Gesellschaft. Er berichtet über neue Webdienste, testet neue Geräte und schaut den Techkonzernen auf die Finger. Nebenher macht er Youtube-Videos.
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