Dieter Behring muss mehr als fünf Jahre ins Gefängnis
Einer der grössten Betrugsfälle in der Schweiz endet mit einem Schuldspruch. Das Bundesstrafgericht hat den Financier Dieter Behring zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona verurteilte den Basler Financier Dieter Behring zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren. Die Verteidigung wird das Urteil höchstwahrscheinlich anfechten.
12 Jahre Prozessvorbereitung und 5 Wochen Verhandlung hatte es gebraucht, um im Fall Behring ein Urteil fällen zu können. An die Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren angerechnet wird die bereits verbüsste Haft von 203 Tagen. Der Vollzugskanton ist Basel-Stadt.
Schuldig wegen Betrugs
Das Strafmass liegt damit unter der Forderung der Bundesanwaltschaft (BA), die für eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten plädiert hatte. Die Verteidigung hatte dagegen die Einstellung des Verfahrens oder einen Freispruch beantragt.
Behring machte sich laut den Richtern des gewerbsmässigen Betrugs schuldig. Hinsichtlich des Vorwurfs der Geldwäscherei wurde das Verfahren eingestellt. Handlungen von vor dem 1. Oktober 2001 wurden nicht mehr verfolgt, da sie bereits verjährt sind.
«Ausgeufertes» Verfahren
Das Verfahren habe viel zu lange gedauert und sei «ausgeufert», sagte der Richter Daniel Kipfer Fasciati am Freitag in seiner Urteilsbegründung. Dies sei auch beim Strafmass berücksichtigt worden.
Erwiesen ist laut dem Gericht, dass Behring ein «Schneeballsystem» erschuf, welches die eingezahlten Gelder nicht verwaltete und auch keine wirklichen Erträge generierte. «Es handelte sich um nichts anderes als einen Bluff», sagte der Richter. Sobald keine neuen Kunden mehr in das System strömten, sei es zusammengebrochen.
Kontrollierende und dominierende Figur
Ein Teil der eingezahlten Gelder seien für Lizenzgebühren genutzt worden, die an die Geschäftspartner und Behring ausgezahlt worden seien. Allein im Jahr 2003 soll der damals hochgejubelte Finanz-Guru 100 Millionen Franken an Lizenzgebühren erhalten haben.
Anders als von ihm behauptet, sei Behring sehr wohl die kontrollierende und dominierende Figur in seinem «Handelssystem» gewesen, so der Richter. Das geschäftliche Umfeld Behrings habe einstimmig angegeben, dass Behring auch über die Gelder verfügte und nicht bloss «Signale» lieferte.
«Fokussierungsstrategie» abgesegnet
Ursprünglich hatte die BA neben Behring neun weitere Mitbeschuldigte im Visier. Die Untersuchungen gegen sie wurden jedoch eingestellt. Diese ab Frühling 2013 eingeschlagene Fokussierung auf Behring wurde im Laufe des Prozesses von seinen Verteidigern scharf kritisiert. Ihr Mandant sei zum Sündenbock gemacht worden, lautete der Vorwurf.
«Dem ist nicht so», entgegnete der Richter darauf in seiner Urteilsbegründung. Es habe keine ausformulierte Anklagen gegen Behring und die Mitbeschuldigten gegeben. Die Fokussierung sei vertretbar, weil Behring in den entscheidenden Punkten alleine gehandelt habe. Dieser habe sich beim Anlagesystem nicht in die Karten schauen lassen. Die alleinige Anklage gegen den Basler Financier verstosse nicht gegen das Fairness-Gebot, so der Richter.
Zahlreiche Nebenschauplätze
Während und nach dem einen Monat dauernden Prozess zogen Behring und seine Verteidiger alle Register, indem sie mehrere Ausstandsbegehren stellten und eine Strafanzeige einreichten.
Letztere richtete sich gegen Bundesanwalt Michael Lauber und zwei weitere Angestellte der Bundesanwaltschaft. Die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft (AB-BA) setzte den St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob als ausserordentlichen Staatsanwalt ein, um die Vorwürfe gegen Lauber und seinen Stellvertreter zu prüfen.
Unterdessen hat Behrings Anwalt jedoch auch gegen Hansjakob ein Ausstandsbegehren gestellt. Bis die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts darüber befunden hat, will Hansjakob die Strafanzeige nicht weiter prüfen.
Trotz dieser hängigen Verfahren hat das Bundesstrafgericht am Freitag ein Urteil gefällt. Die Verteidiger Behrings hatten eine Verschiebung beantragt.
Verteidigung erwägt Weiterzug des Urteils
Es sei ein Urteil «im Zweifel gegen den Angeklagten», sagte Behrings Verteidiger Daniel Walder im Anschluss an die Urteilsverkündung. Pflichtverteidiger Roger Lerf fügte an, es habe bis heute niemand schlüssig nachweisen können, wohin die möglichen Zahlungen geflossen seien und warum die Verfahren gegen die Mitbeschuldigten eingestellt worden seien. Sie stellten deshalb in Aussicht, das Urteil anzufechten.
Dafür braucht es jedoch ein schriftlich begründetes Urteil, das voraussichtlich erst im «ersten Quartal 2017» vorliegen wird, wie das Bundesstrafgericht in einem Communiqué mitteilte. Dann kann auch eine Entscheidung über die Zivilforderungen der Privatkläger getroffen werden.
SDA/kko
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