«Dieses Mode-Konzept kann gar nicht nachhaltig sein»
Die Textilbranche forciert die Bemühungen rund um grünere Mode. Doch dabei geht es vielfach nur um Werbung.

Die Modebranche will gegen ihr schlechtes Image vorgehen: An der diesjährigen Mailänder Fashion Week, die heute startet, werden besonders nachhaltige Modeproduzenten geehrt. «Green Carpet Fashion Awards» lautet der klingende Name der Initiative. Grüner statt roter Teppich also. Doch die Textilindustrie ist noch weit entfernt von Produktionsbedingungen, die als nachhaltig gelten. Im August liess das italienische Modehaus Gucci verlauten: Wir sind jetzt Co2-neutral. Mit CO2-Kompensationen soll die gesamte Lieferkette und die Produktion des Luxuslabels netto kein CO2 mehr verursachen.
Auch Modeketten wie Zara, H&M und Uniqlo – Roger Federers Kleidersponsor – haben sich jüngst mit Versprechen bezüglich Nachhaltigkeit hervorgetan. Weniger CO2, mehr erneuerbare Energie einsetzen, weniger Abfall produzieren: Die Stossrichtungen hin zu einer grüneren Mode sind vielfältig. Diese Initiativen entsprechen ganz dem Zeitgeist. Und sie sind nötig, wollen die Produzenten ihr schlechtes Umweltimage loswerden. Der WWF weist in einer Studie aus dem Jahr 2017 aus, dass die Branche für rund 1,7 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich ist. Das ist deutlich mehr als etwa in der Luftfahrtbranche.
«Nicht zum Fliegen gekommen»
Am Forschungszentrum Gottlieb-Duttweiler-Institut beschäftigt man sich unter anderem auch mit der Zukunft der Mode. Forschungsleiter Karin Frick sagt zu nachhaltiger Mode: «Im Vergleich zu nachhaltigem Essen ist das Pendant in der Textilindustrie nicht zum Fliegen gekommen.» Das habe auch damit zu tun, dass bei den Konsumenten vor allem der Preis und das Aussehen stimmen müsse. Und es gehe vor allem auch darum – wortwörtlich –, mit der Mode Schritt zu halten. Mit der Geschwindigkeit, mit der neue Kollektionen auf den Markt gebracht würden, könnten nachhaltige Labels gar nicht mithalten, so Frick. Fast Fashion wird dieses Phänomen genannt. «Dieses Konzept kann gar nicht nachhaltig sein.» Dabei entsteht nun das Dilemma: Mode sei sehr kurzlebig und nachhaltig produzierte Kleider würden automatisch ins Hintertreffen geraten, sagt Frick. Bei vielen Aktionen bezüglich nachhaltiger Mode gehe es denn auch vor allem darum, Werbung damit zu machen, und weniger um den wirklichen Einfluss auf die Umwelt, sagt Frick.
Schweizer Labels in Nischen
Heutige nachhaltige Mode ist meist nur in Nischen zu Hause. Auch Schweizer Labels wie ZRCL oder Nikin mischen in dem noch kleinen Markt mit. ZRCL – die Abkürzung steht für Circle – produziert etwa bio und CO2-neutral. Nikin lässt pro Kleidungsstück einen Baum pflanzen. Seit rund 20 Jahren versucht Coop mit Naturaline Fuss zu fassen. Da spüre man in der letzten Zeit einen Anstieg der Nachfrage, heisst es auf Anfrage. Doch Naturaline macht nur rund ein Drittel der Coop-Eigenmarken-Textilien aus. Einen Schub für nachhaltige Mode verspricht man sich in Deutschland vom sogenannten Grünen Knopf. Das staatliche Label wurde am 9. September lanciert. Dieses soll mehr ökologische und soziale Qualität bei Textilerzeugnissen gewährleisten. Kritisiert wird das Label von Produzenten wie auch Umweltaktivisten gleichermassen. Letztere sehen zum Beispiel die Bedingungen, unter denen das Label operiert, als zu lasch an.
Weniger Kleider als Lösung?
Einen Lösungsansatz ortet Karin Frick denn auch nicht nur bei der Textilindustrie selbst. «Ein Wandel muss nicht nur in der Industrie einsetzen. Die Kunden müssten auch weniger Mode kaufen», sagt Frick.
Viele Teile werden nur wenig oder gar nicht getragen, ehe sie in den hintersten Ecken des Kleiderschranks landen. «Wenn wir sehen, welche Mengen an Kleidern wir zu viel produzieren, ist da sicher ein grosses Einsparpotenzial an CO2 vorhanden.»
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