Porträt Nasser al-KhelaïfiDieser Mann beherrscht den europäischen Fussball
Der Präsident von PSG hat sich zur obersten Ordnungsmacht im europäischen Fussball gewandelt – im Dienst des Emirs aus Doha und des katarischen «Nation Branding».

Im Netz gibt es ein hübsches Video von Nasser al-Khelaïfi, es ist schon einige Jahrzehnte alt. Es zeigt den früheren Tennisprofi aus Doha, der es mal ganz knapp unter die besten 1000 der Welt gebracht hatte, Nr. 995 der Rangliste, in einem Spiel gegen den viel begabteren Österreicher Thomas Muster. Es will ihm wieder nichts gelingen. Und so lässt ihn Muster einen Punkt gewinnen, stürmt zum Netz und klatscht den Gegner ab. Auch al-Khelaïfi jubelt, die Arme weit von sich gestreckt, er lacht dazu. Es ist eine wunderbar selbstironische Szene, 50 Sekunden lang: Der junge Mann aus Katar trägt seine sportliche Unterlegenheit mit Leichtigkeit. Fast ein Lehrstück, lange her.
Wenn das Video nun allenthalben durch die sozialen Medien geistert, liegt das an der gar nicht so wundersamen Wandlung dieses Sohnes eines Perlenfischers vom Golf, heute 47, zum mächtigsten Mann im europäischen Fussball. Zur Ein-Mann-Ordnungsmacht. Zum Zeremonienmeister des Transferwahnsinns in diesem Sommer. Nasser al-Khelaïfi ist Präsident von Paris Saint-Germain, PSG. Er hat den einst provinziellen Verein aus der Hauptstadt zum neuen Powerhaus hochgezüchtet – in nur zehn Jahren, seitdem PSG dem katarischen Königshaus gehört, mit Geld aus dem Erdgasgeschäft der Heimat.
Zuletzt kamen Lionel Messi, Sergio Ramos, Achraf Hakimi, Georginio Wijnaldum und Gianluigi Donnarumma dazu, alles Ausnahmekönner auf ihren Positionen. Und weil man auch den Stürmer Kylian Mbappé partout nicht nach Madrid abgeben will, wächst die Lohnsumme des Personals ins Unermessliche. PSG hat jetzt eine Mannschaft, wie sie sich viele Kinder wahrscheinlich auf der Playstation zusammenstellen: Sie besteht nur aus Superstars.
Katar nutzt den Fussball als Instrument für sein «Nation Branding»: Die Welt soll den kleinen Wüstenstaat am Fussball erkennen. Öl und Gas sind schliesslich endlich. Fussball ist Soft Power, Diplomatie mit anderen Mitteln. Die WM 2022 holte man mit dubiosen Methoden ins Land. Mit dem völlig überbezahlten PSG soll es nun endlich auch zum Gewinn der Champions League reichen. Dann erst strahlt Katar, heller noch als die Arabischen Emirate, die Manchester City steuern. Die beiden Rivalen vom Golf, geopolitisch meistens in Konkurrenz, liefern sich da ein Derby der Eitelkeiten.
Groteske Verzerrung
Und alle zucken mit den Schultern, als wäre das nicht schon längst eine groteske Verzerrung des sportlichen Wettbewerbs. Auch die Uefa, die eigentliche Verwaltungsobrigkeit, schaut tatenlos zu: Sie pfeift auf ihre eigenen Prinzipien zum Financial Fairplay. Der elegante und weltgewandte Herr al-Khelaïfi, Emissär des Emirs aus Katar und Chef des Staatsfonds Qatar Sports Investments, sitzt mittlerweile an der Spitze aller massgeblichen Gremien des europäischen Fussballs, neuerdings auch der European Club Association. Der Vereinigung gehören 246 Clubs an. Und al-Khelaïfi ist auch Chef von Bein Sports, der Sportabteilung der katarischen Sendergruppe al-Jazeera. Sie pumpt Milliarden in den Fernsehmarkt.
Seit sich al-Khelaïfi gegen die Gründung einer Super League stellte, gilt er sogar als Paladin der einfachen Fans und Bewahrer von Traditionen. Das ist natürlich ein Hohn, aber unterdessen dreht sich alles um ihn, um Katar und PSG.
In Frankreich nannten sie ihn lange «la prince», angelehnt an eine Parodie am Fernsehen: Zu Beginn seiner Präsidentschaft verwechselte er nämlich oft männliche und weibliche Artikel, und der Emir ist sein guter Freund. Nun lacht niemand mehr. Der Prinz, der keiner ist, fischt Perlen, als stünden sie nur ihm zu. Es läuft das entscheidende Jahr, das Jahr vor der ersten Weltmeisterschaft im Winter in der Wüste. Gewinnt er die Wette mit dem Pariser All-Star-Team, ist man am Golf glücklich – und vielleicht noch in der Pariser Banlieue. Verliert er sie, freut sich der Rest der Welt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.