Dieser Glatzkopf ist Djokovics Geheimwaffe
Gebhard Gritsch sieht aus wie ein James-Bond-Bösewicht – trotzdem geniesst er aus gutem Grund das Vertrauen des frischgebackenen Australian-Open-Champions Novak Djokovic.

Am Australian Open hat sich einmal mehr nicht der Spieler mit dem virtuosesten Schlagrepertoire durchgesetzt, sondern jener mit den besten Beinen – und dieser heisst seit geraumer Zeit Novak Djokovic. Djokovic bemerkte während des Turniers scherzhaft, er verdanke die Fähigkeit, nach Sprints über den Court zu rutschen und aussichtslos scheinende Bälle noch zu erreichen, seinen Jugenderfahrungen als Skifahrer in den serbischen Bergen; in Tat und Wahrheit ist die brillante Physis des Weltranglistenersten aber zu einem grossen Teil das Werk des österreichischen Fitnesstrainers Gebhard Gritsch.
Djokovics Aufstieg von der ewigen Nummer 3 zum dominanten Spieler auf der ATP-Tour begann keineswegs erst mit der Saison 2011, sondern rund eineinhalb Jahre früher, als er Gritsch engagierte. Der gross gewachsene Mann mit der Glatze, der auch zum James-Bond-Bösewicht taugen würde, machte einst seinen Landsmann Thomas Muster (French-Open-Sieger 1995, 1996 für insgesamt sechs Wochen die Nr. 1) zum fittesten Spieler im Tenniszirkus und sagt: «Wer in diesem Bereich arbeitet, kann nur erfolgreich sein, wenn er fanatisch ist. An der absoluten Weltspitze geht es vielleicht noch um Verbesserungen im Bereich von einem Prozent.»
Entsprechend akribisch arbeitet Gritsch mit Djokovic an diesem einen Prozent. Unter anderem lässt er seinen prominenten Schützling Yoga-Sessions absolvieren. Diese machen den Körper des Serben noch beweglicher und geschmeidiger. Mehr ins Detail will Gritsch nicht gehen. Schliesslich habe er schon registriert, dass einige Trainer und Spieler mitschreiben, wenn er bei Turnieren mit Djokovic im Fitnessraum Übungen mache. Überhaupt spricht der Österreicher nur ungern über seinen Anteil am Erfolg der Nummer 1. «Ich denke, ich weiss schon, was ich beigetragen habe, aber ich möchte das nicht gross in die Öffentlichkeit tragen», erklärte er in einem Interview mit dem Fachportal Tennisnet.com.
Kräftiger – ohne zuzulegen
Auf jeden Fall ist Djokovic in den vergangenen zweieinhalb Jahren kräftiger geworden, ohne dabei zuzulegen. Was für ein Vorteil das ist, war in der Schlussphase des Australian-Open-Finals deutlich zu sehen. Der Titelverteidiger bewegte sich bis zuletzt leichtfüssig und wartete nach dem verwandelten Matchball sogar noch mit einem Siegestänzchen auf, der vier Kilogramm schwerere Andy Murray quälte sich wie eine Dampflokomotive am Berg über den Platz. Gritsch sagt, Djokovic sei inzwischen auch besser balanciert und habe in Sachen Beschleunigung des Balles zugelegt, was auch physisch bedingt sei.
Dass es noch immer Leute gibt, die monieren, Djokovic habe nicht die aussergewöhnlichen Fähigkeiten von Roger Federer und spiele ein vergleichsweise langweiliges Tennis, kümmert seinen Fitnesscoach nicht. «Um zu erkennen, dass Federer ein unglaubliches Talent ist, muss man kein Experte sein. Bei Djokovic sieht man es erst, wenn man sich mit der Materie auseinandersetzt», erläutert er. «Man sieht, wie er sich bewegt, wie er sich nach Schwierigkeiten wieder fängt, wie er in schwierigsten Situationen die Balance halten und den Ball noch kontrollieren kann. Das sind alles Dinge, die absolut nicht normal sind.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch