«Diesem Vorschlag fehlt die Verfassungsgrundlage»
SVP-Nationalrat Gregor Rutz, Vorstand der Aktion Medienfreiheit, kritisiert die Pläne des Bundesrats scharf.

BaZ: Wo liegen die Mängel im Bundesratsentwurf für ein neues Gesetz über elektronische Medien?
Gregor Rutz: Das vorgeschlagene Mediengesetz führt zu einer Regulierung des Internets, zu mehr Staatseingriffen im Medienbereich und vor allem zu massiven zusätzlichen Subventionen. So werden Abhängigkeiten geschaffen. Künftig gewinnt dasjenige Medienunternehmen, das am meisten Subventionen einstreicht. Das ist, gelinde gesagt, nicht ganz die Idealvorstellung, die ich von wirtschaftlicher Konkurrenz habe. Staatsabhängigkeiten sind zudem im Medienbereich besonders gefährlich. Hier geht es um das Fundament der direkten Demokratie, den freien Austausch verschiedener Meinungen.
Sie sagen, weder für die Regulierung des Internets noch für direkte Medienförderung bestehe eine Zuständigkeit in der Bundesverfassung. Weshalb orten Sie eine Verfassungswidrigkeit?
Artikel 93 der Bundesverfassung gibt dem Bund die Kompetenz, Radio und Fernsehen zu regulieren. Auch «andere Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen» sind erwähnt. Auf diese Bestimmung – die aus dem Jahre 1984 stammt! – bezieht sich der Bundesrat. Dieser Artikel gibt ihm aber keine Kompetenz, das Internet zu regulieren, da es hier ja nicht nur um Fragen im Kontext mit Radio und Fernsehen geht, sondern faktisch vor allem die Printmedien erfasst werden. Die Zeitungen stecken in einem anspruchsvollen Strukturwandel. Der Online-Bereich ist für sie elementar. Wenn der Bund hier beginnt, Fördergelder zu sprechen, wird es gefährlich – das wäre ein massiver Eingriff in den wirtschaftlichen Wettbewerb. Weder für die Regulierung von Web-Only-Angeboten noch für die Regulierung der Presse ist der Bund zuständig. Das war bislang unbestritten.
Also keine Medienförderung?
In der Schweiz gab es bislang immer einen Konsens, dass direkte Medienförderung abzulehnen ist. Der Staat soll keinen Einfluss nehmen auf die einzelnen Angebote und diese nicht bewerten. Wenn der Bundesrat dies ändern will, ist eine verfassungsmässige Grundlage unumgänglich. Es ist mir schleierhaft, was den Bundesrat dazu gebracht hat, solche Vorschläge zu publizieren.
Wie sähe eine bessere Lösung aus?
Mit dem Internet haben wir heute eine riesige Angebotsvielfalt und viele innovative, private Unternehmer, die Dienstleistungen anbieten. Es ist völlig absurd, einen solchen Bereich subventionieren und regulieren zu wollen. Das Gegenteil wäre nötig: Wir müssen den Service-public-Auftrag einmal sauber definieren. Diejenigen Bereiche, wo ein staatliches Eingreifen nicht nötig ist, sollen dem Markt überlassen werden.
Sie monieren stets, Medien würden durch Gebührenanteile staatsnah. Kommt die staatsferne Kommission, die der Bundesrat vorschlägt, nicht einem Befreiungsschlag gleich?
Subventionen schaffen Abhängigkeiten, das liegt auf der Hand. Darum will ich keine zusätzlichen Fördergelder – und vor allem nicht eine Unzahl zusätzlicher Bezüger. Wir haben etwas ganz anderes gefordert.Wir wollten eine unabhängige Aufsichtskommission, aber mehr Mitsprache des Parlaments bei der Erteilung der SRG-Konzession. Die Aufsicht muss unabhängiger werden, denn das Bakom war immer viel zu nah bei der SRG. Vor allem bei den Tätigkeiten ausserhalb der Konzession muss man bei der SRG kritischer sein. Hier geht es immer auch um Wettbewerbsverzerrungen.
Der Vorschlag, eine staatsferne Kommission zu schaffen, überzeugt Sie nicht?
Es kann nicht angehen, Entscheide, für die der Bundesrat keine Verantwortung mehr übernehmen will, einfach so einer Kommission abzuschieben. Die Formulierung des Service-public-Auftrags ist eine eminent politische Frage, denn hierfür werden ja auch Steuergelder erhoben. Diese Entscheide müssen zwingend beim Bundesrat oder noch besser beim Parlament bleiben.
Wie entwickelte sich die Medienszene Schweiz, würde das Gesetz vom Parlament so übernommen, wie es der Bundesrat nun in die Vernehmlassung gibt?
Faktisch gäbe es mit dem neuen Gesetz kaum mehr ein Unternehmen, das nicht von staatlichen Geldern profitieren würde. So würden nicht nur Abhängigkeiten entstehen, sondern ein regelrechter Kampf um Subventionen. Das passt doch nicht in einen liberalen, freiheitlichen Staat.Ebenso absurd ist es, die SRG plötzlich als Teil des Wettbewerbs zu verstehen. Wenn Quoten ausschlaggebend sind für die SRG, dürfte man ja gar keine rätoromanischen Programme mehr produzieren. Das ist ein diametraler Widerspruch zum Service-public-Gedanken. Da muss die Landesregierung noch einmal über die Bücher.
Welche Änderungsanträge im Gesetz sind für Sie jetzt schon klar?
Die Gebühren sollen sinken, währenddessen der Service-public-Auftrag klar definiert werden muss. Zudem ist die Unterscheidung der SRG beziehungsweise des öffentlichen Auftrags zu privaten Medien besser hervorzuheben. Wir müssen die Gesetze nicht umstellen – nur die offenen Fragen endlich klären. Viele Fragen könnten bereits im Rahmen einer Teilrevision der SRG-Konzession geklärt werden.
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