Der Circus Knie in Basel «Diese Show ist meine Lieblingsshow, seitdem ich überhaupt denken kann»
Vom 10. bis 19. Juni residiert der Circus Knie auf der Rosentalanlage. Im Interview spricht die artistische Direktorin Géraldine Knie über die Herausforderungen, eine neue Show zu konzipieren.

Géraldine Knie, der Schweizer Nationalcircus ist auf seiner ersten grossen Tournee nach Corona. Wie läuft es bis jetzt?
Kurz gesagt: unglaublich gut. Was wir in diesen schwierigen Zeiten auch sehr zu schätzen wissen.
Der Zirkus bekommt zunehmend Konkurrenz aus der virtuellen Welt. Wie schwierig ist es, ein jüngeres Publikum zu begeistern, das mit digitalen Spektakeln aufgewachsen ist?
Dieses Publikum kann man nicht mit 08/15-Acts abholen. Ihm muss man viel Action bieten, ohne das ältere Publikum abzuhängen. Mit unserem aktuellen Programm ist uns diese Balance gut gelungen. Wir haben eine Auslastung von fast 100 Prozent und erhalten nach jeder Show eine Standing Ovation.
Wie setzt sich Ihr Publikum zusammen? Sind es eher ältere Menschen, die einen nostalgischen Blick auf den Zirkus haben, oder jüngere Menschen, die an Ihre Shows kommen?
Ich sage immer, dass ich etwas für alle Geschmäcker bieten, alle von zwei bis hundert verzaubern und so ein Familienpublikum über alle Generationen hinweg ansprechen will. Nach einer unserer Shows sollen alle glücklich und aufgestellt mit dem Gefühl nach Hause gehen können, bei uns etwas erlebt zu haben. Das ist unser Ziel, und dieses Jahr für Jahr wieder zu erreichen, ist natürlich eine Challenge.
Was wohl auch daran liegt, dass sich die Erwartungen des Publikums mit den Jahren stark verändert haben.
Diese Entwicklungen versuchen wir in der Art und Weise zu berücksichtigen, wie wir uns präsentieren und wie wir in der Show mit Feuer- und Wassereffekten arbeiten. Und wie wir Comedians wie Ursus & Nadeschkin oder Musiker wie Bastian Baker in unser Programm aufnehmen. Weil wir ein breites Publikum haben, müssen wir natürlich darauf achten, dass diese neuen Elemente beim ganzen Publikum gut ankommen.
Wie sehr verlassen Sie sich auf Ihr Bauchgefühl, wenn Sie ein neues Programm konzipieren?
Gäbe es ein Rezept dafür, wie man eine Show zusammenstellt, hätte ich einen einfachen Job. Und beim Bauchgefühl kann man sich auch täuschen. Darum bin ich immer erst nach der Tourneepremiere in Rapperswil glücklich: Wenn das Publikum begeistert ist, weiss ich, ob eine Show funktioniert oder nicht. Bei uns ist das Publikum König: Es entscheidet darüber, was gut ankommt und was nicht.
«Wir müssen heute ganz anders kalkulieren als früher.»
Die steigenden Erwartungen des Publikums setzen Sie aber auch unter Druck, einen immer grösseren technischen Aufwand zu erbringen.
Das ist wahr. Und dieser Aufwand hat auch Auswirkungen auf unser Budget. Wir müssen heute ganz anders kalkulieren als früher. Für diese Show haben wir als Unternehmen einen Grundsatzentscheid gefällt, einen zusätzlichen technischen Aufwand zu betreiben – was in diesen Zeiten nicht ohne Risiken ist. Ich glaube aber, dass das Wagnis sich gelohnt hat. Diese Show ist meine Lieblingsshow, seitdem ich überhaupt denken kann. Ohne meinen Mann Maycol Errani, den technischen Leiter des Circus Knie, wäre dies nicht möglich gewesen. Er hat meine Träume wahr werden lassen.
Im aktuellen Programm ist auch die ukrainisch-russische Tanzgruppe Extreme Light Dance Crew dabei, die mit LED-Technologie arbeitet. Geht es bei ihrer Darbietung mehr um Performance oder um Animation?
Um das zu erfahren, müssen Sie schon selbst zu uns an die Show kommen. Nur so viel: Dieser innovative Act kommt beim Publikum sehr gut an, was nicht bloss an seinem politischen Hintergrund liegt.
«Hier respektiert jeder den anderen, wie er ist. Das wird sich mit diesem Krieg nicht ändern.»
Wie stark belastet der Ukraine-Konflikt die Arbeit innerhalb Ihres Ensembles, dem eben auch Ukrainer und Russen angehören?
Seit meiner Kindheit gab es innerhalb unseres kleinen Dorfes, das von Stadt zu Stadt reist, nie irgendwelche zwischenmenschlichen Probleme aufgrund von Politik oder Religion: Hier respektiert jeder den anderen, wie er ist. Das wird sich mit diesem Krieg nicht ändern.
Im Frühling 2023 startet bereits die nächste Tournee des Circus Knie. Das bedeutet, dass Sie sicher schon über das nächste Showprogramm nachdenken. Wo holen Sie sich Ihre Inspiration?
Bei Rockkonzerten, Musicals oder Opern. Ich bin offen für alles. Und muss das auch sein. Zum Glück lässt der Corona-Druck jetzt etwas nach, und wir können wieder so planen und programmieren, wie wir uns das gewohnt sind. Während der Pandemie waren wir schon ziemlich demoralisiert. Jetzt sehen wir aber wieder Licht am Ende des Tunnels.
Circus Knie: Freitag, 10. Juni, bis Sonntag, 19. Juni; Rosentalanlage, Basel; Spielzeiten, Tickets und weitere Infos hier.
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