
Zwei Sitzungen hat der Bundesrat benötigt, um die Departemente zu verteilen. Jetzt ist klar, warum: Es kommt zur grossen Rochade, die Mehrzahl der Departemente erhält auf Anfang Jahr eine neue Vorsteherin oder einen neuen Vorsteher. Auf den ersten Blick ist bemerkenswert, dass die Schweiz erstmals in ihrer Geschichte eine Verteidigungsministerin erhält. Das bringt nach über 20 Jahren SVP-Führung im Militärdepartement zweifellos frischen Wind.
Dennoch ist Guy Parmelins Abgang aus dem Verteidigungsdepartement nach nur drei Jahren ein Zeichen der Schwäche: Offensichtlich mag sich der Romand nicht mehr um die Weiterentwicklung der Armee kümmern. Und auch bei der von ihm lancierten Erneuerung der Luftwaffe, die derzeit arg in der Kritik steht, begeht er Fahnenflucht.
Parmelin hat unter starkem Druck seiner Partei gestanden, das Departement zu wechseln. Führungsstärke wäre gewesen, diesem Druck zu widerstehen – und das VBS erst nach dem Erreichen substanzieller Erfolge zu verlassen. Kommt hinzu, dass sich Fragen bezüglich der Eignung des kaum englisch sprechenden Bundesrats als neuem Wirtschafts- und Hochschulminister stellen. Freuen können sich jedenfalls die Bauern. Sie werden beim ehemaligen Winzer Parmelin auf mehr Verständnis stossen, als dies bei Vorgänger Johann Schneider-Ammann der Fall war.
CVP verliert an Einfluss
Wenig erfreulich ist die Rochade für die CVP: Viola Amherd wird als neue Verteidigungsministerin viel öffentliche Beachtung finden, was auch der Partei nützt. Unter dem Strich verlieren die Christlichdemokraten jedoch massiv an Einfluss im Bundesrat. Doris Leuthard prägte als Infrastrukturministerin die Energie- und Verkehrspolitik des Landes. Ihre Nachfolgerin muss sich mit umstrittenen Rüstungsgeschäften und einem Departement mit begrenztem Handlungsspielraum befassen.
Ebenfalls nicht restlos glücklich wird Karin Keller-Sutter mit dem Justizdepartement sein. Zwar wurde die FDP-Frau einst durch ihre harte Asylpolitik bekannt, die sie als St. Galler Sicherheitsdirektorin vertrat. Seit ihrer Wahl in den Ständerat mied Keller-Sutter das Asyldossier jedoch konsequent und verlagerte ihren Schwerpunkt auf wirtschafts-, sozial- und europapolitische Themen. Nun wird sie gewissermassen von ihrer Vergangenheit eingeholt.
Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass Keller-Sutter wie einst Justizminister Christoph Blocher die Asylpolitik der Vorgängerin wo immer möglich verschärfen will. Erst 2016 hat das Volk eine Asylreform gutgeheissen, und die Asylzahlen gehen kontinuierlich zurück. Damit bleibt im Moment offen, wo die mit viel Vorschusslorbeeren ins Amt startende Keller-Sutter ihre Akzente setzen wird. Als Wirtschaftsministerin hätte sie eine wichtige Rolle bei der Deblockade der Verhandlungen zu den flankierenden Massnahmen spielen können. Diese Aufgabe fällt nun SVP-Mann Parmelin zu.
SP als grosse Gewinnerin
Bleibt die SP, die grosse Gewinnerin der Rochade. Mit Simonetta Sommaruga geht das Infrastrukturdepartement nach der Ära Leuthard zurück in sozialdemokratische Hände. Zusammen mit Alain Bersets Innendepartement besetzen die Sozialdemokraten damit zwei Schlüsseldepartemente.
Es ist bemerkenswert, dass die bürgerliche Regierung dies zugelassen hat. Offenbar war Parmelins Wechselwunsch so gross, dass er im Gegenzug dieser Rochade zustimmte. Damit haben die Polparteien SVP und SP ihre Interessen durchgedrückt – mittels Abstimmung im üblicherweise harmoniebedürftigen Gremium Bundesrat.
Sommaruga wird insbesondere die Energiewende vorantreiben müssen, deren bisherige Bilanz sehr ernüchternd ausfällt: Die Atomkraftwerke werden zwar wie vom Volk gewollt vom Netz gehen. Der Ersatz durch erneuerbare Energien kommt jedoch nicht voran. Hier, allgemein beim Klimaschutz und bei der Förderung des öffentlichen Verkehrs, sind von der Sozialdemokratin Impulse zu erwarten – womit auch die Auseinandersetzungen mit dem bürgerlichen Parlament zunehmen dürften. Entsprechenden Rat kann sich Sommaruga bei ihrem Vorvorgänger und Parteifreund Moritz Leuenberger holen.
Im Schachspiel kann eine Rochade neue Perspektiven eröffnen und die Situation zum Besseren wenden: Im Idealfall wird das auch im Bundesrat eintreffen – auch wenn die Departementsverteilung wenig einvernehmlich erfolgt ist und nicht zu einem optimalen Ergebnis geführt hat.
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Diese Rochade im Bundesrat überzeugt nicht
SVP und SP haben sich durchgesetzt. Die zwei neuen Bundesrätinnen dürften weniger zufrieden sein.