Diese drei Fragen muss der Bundesrat beantworten
Die grosse Europa-Aussprache der Landesregierung wäre eine Chance, einen immerhin groben Kurs anzusagen.

Alle sind sich uneinig in der Europa-Frage – ausser darin, dass der Bundesrat in den vergangenen Wochen keine gute Figur abgegeben hat. Nach einem nur vordergründig gelungenen Besuch des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker in der Schweiz folgte das Debakel bei der Börsenanerkennung und am WEF eine erstaunliche Demonstration von Uneinigkeit durch die anwesenden Bundesräte. Heute spricht sich der Bundesrat über das EU-Dossier aus. Das umstrittene Rahmenabkommen, neue sektorielle Abkommen und Massnahmen zur Stützung des Finanzplatzes.
Der Bundesrat könnte die Sitzung nutzen, um die wichtigsten offenen Fragen zu klären – und die gefundenen Antworten im Anschluss daran öffentlich zu erklären. Dazu gehören nicht in erster Linie die komplizierten juristischen Fragen, die sich beim Rahmenabkommen stellen. Diese sind, wie der emeritierte Europarechtsprofessor Thomas Cottier anlässlich des Juncker-Besuchs sagte, lösbar. Es fehlt vielmehr an der Ansage eines groben Kurses.
Drei Fragen stellen sich dabei:
- Gibt es einen Fahrplan – und wenn ja, welchen? Entscheiden muss sich der Bundesrat in erster Linie, ob er dem Drängen der EU nachgeben und ein Rahmenabkommen noch vor den Brexit-Verhandlungen abschliessen will. Eine dritte Variante ist denkbar: Der Bundesrat könnte kommunizieren, dass er zum Abschluss bereit ist, sobald das Verhandlungsergebnis stimmt. Nur müsste er auf dieser dann auch beharren.
- Was soll die Schweiz im Gegenzug für das Rahmenabkommen erhalten? Noch viel wichtiger als der Fahrplan ist das Ziel, das die Schweiz mit dem Abkommen verfolgt. Angesichts der Polemik gegen «fremde Richter» wird sich ein Rahmenabkommen innenpolitisch nicht mit dem Argument verkaufen lassen, dass die EU dieses verlange. Es muss also eine Gegenleistung her, die über die Wahrung des bestehenden Marktzugangs hinausgeht. Das führt sogleich zur dritten Frage.
- Was soll ins Verhandlungspaket kommen? Von den «Bilateralen III» ist im EDA die Rede. Das Etikett könnte stimmen, noch geniessen die Bilateralen eine starke Rückhaltung in der Bevölkerung. Doch was soll der Inhalt der Bilateralen III sein? Um Kröten wie die 40-Tönner zu schlucken, waren bei den Bilateralen I Konzessionen von der EU wie die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) nötig. Ein Abbau der flankierenden Massnahmen gegen eine etwas sanftere Lösung bei der Streitbeilegung wäre keine Lösung, die sich mit gutem Gewissen als Bilaterale III anpreisen lässt.
Gut möglich, dass der Bundesrat heute Nachmittag die eine oder andere Frage beantwortet. Womöglich erteilt er Aussenminister Ignazio Cassis weitere Aufträge. Es wäre nicht die erste Europa-Aussprache, die ohne vorzeigbare Resultate endet.
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