Diebische Polizistin kann nicht angeklagt werden
Chaos in der Polizei-Kaffeekasse, verspätete Anzeige, fragwürdige Video-Überwachung – Staatsanwaltschaft muss Verfahren einstellen.

Die Unregelmässigkeiten und die Fehlbeträge in der Kasse der Cafeteria der Baselbieter «Polizeikaserne» Gutsmatte waren derart gross, dass sich die Polizeileitung dazu genötigt sah, den Bereich mit Videokamera heimlich überwachen zu lassen. Und siehe da: Bald tappte eine Diebin aus den eigenen Reihen in die aufgestellte Falle, dort, wo die Polizisten in ihrer Pause den Kaffee, das Nussgipfeli oder das Kägi fret konsumieren.
Doch der überführten Beamtin wurde bloss im «gegenseitigen Einvernehmen» gekündigt. Während Polizisten normalerweise Diebstähle zur Anzeige bringen, sahen sich die Vorgesetzten der fehlbaren Frau nicht dazu veranlasst, die Staatsanwaltschaft wegen des mutmasslichen Offizialdelikts einzuschalten – weder der damalige Kommandant Daniel Blumer noch der Postenchef. Die bevorzugte Behandlung der vereidigten Polizistin führte dazu, dass diese einen neuen Job bei der Polizei im Kanton Aargau annehmen konnte.
Keine strafrechtliche Aufarbeitung
Ende März bekam die Staatsanwaltschaft doch noch Wind von dieser Sache, die sich schon vor langer Zeit, nämlich im Juni 2011, ereignet hatte. Der Grund für diese massive Zeitverzögerung von sieben Jahren: Das Kader behielt die Diebstähle aus der Kasse der betroffenen Cafeteria ebenso unter dem Deckel wie eine mutmassliche Fälschung eines Polizeiausweises in ihren eigenen Reihen.
Die Tatsache, dass die Polizei die Staatsanwaltschaft nicht über solche interne Vorgänge informiert, liess Missmut unter den Polizeiangehörigen aufkommen. Man habe diesem Vorfall zu wenig Bedeutung beigemessen, entschuldigte sich die Polizei Anfang März in der BaZ. Dann, nach ersten Enthüllungen, erreichte die Staatsanwaltschaft auch das anonyme Schreiben zu den Vorkommnissen in der Gutsmatte.
Die Ergebnisse der Strafverfolgungsbehörde zeigen nun, dass der Umgang der Polizei mit einer Diebin in ihrem Korps keine Sternstunde der polizeilichen Arbeit ist. Die Staatsanwaltschaft ist indessen dem anonymen Schreiben vom März 2018 nachgegangen, in dem ein Diebstahl einer Beamtin von mehreren Tausend Franken in der Gutsmatte-Cafeteria angezeigt wurde. Sie eröffnete ein Verfahren wegen «mehrfachen Diebstahls» gegen unbekannt.
Untersucht wurde auch das Verhalten der Polizeileitung wegen «verbotener Aufnahme» und wegen Begünstigung durch ehemalige Kaderleute. Die Staatsanwaltschaft musste das Verfahren vergangene Woche jedoch nach rund acht Monaten einstellen – nicht zuletzt wegen der polizeilichen Arbeit.
Amateurhafte Kassenführung
Wie die Einstellungsverfügung zeigt, konnten allein schon wegen der «amateurhaften Kassenführung» keine eindeutigen Schlüsse über den Deliktsbetrag gezogen werden. Für die Staatsanwaltschaft blieb also unklar, wie viel gestohlen oder wie viel nicht richtig verbucht wurde. «Aufgrund dieser letztlich völlig unklaren Situation rechtfertigt sich eine Eröffnung des Strafverfahrens nicht», teilt die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mit.
Schliesslich ist die fehlbare Beamtin, die einen Monatslohn von rund 6000 Franken bezogen haben dürfte, schon bei ihrem ersten nachgewiesenen Diebstahl von ihren Vorgesetzten gestellt worden. In der Folge konnte die Polizei lediglich eine Deliktsumme von 30 Franken nachweisen. Die Entwendung dieses kleinen Betrags ist somit kein Offizial-, sondern ein Antragsdelikt und fällt strafrechtlich unter «geringfügiger Diebstahl». Die absolute Verjährung tritt nach sieben Jahren ein. Derart spät zur Anzeige gebracht, blieb der Staatsanwaltschaft nichts anderes übrig, als das Verfahren einzustellen.
Illegale Aufnahme
Ein schlechtes Licht auf die Polizeiarbeit werfen ebenso die Aussagen der Staatsanwaltschaft zur Installation der Überwachungskamera bei der Cafeteria. Das juristisch ausgebildete Kader hatte die Anordnung heimlicher Aufnahmen seiner Mitarbeiter mit der Staatsanwaltschaft nicht abgesprochen. Das wäre nötig gewesen, um vor Gericht Bestand zu haben.
«Der massgebende Straftatbestand der verbotenen Aufnahme hätte im vorliegenden Fall tatsächlich erfüllt sein können», teilt die Staatsanwaltschaft mit. Doch auch dieser ist ein Antragsdelikt, das nach sieben Jahren verjährt. «Die noch verbleibende Frist war so knapp, dass wir gar nicht mehr rechtzeitig hätten reagieren können», wie es bei der Staatsanwaltschaft heisst. So erfolgte auch eine Einstellung des Verfahrens unter diesem Aspekt.
Bleiben noch die Ergebnisse der Untersuchung wegen Begünstigung. «Da es sich bei allen, klarerweise vorliegenden Straftatbeständen um Antragsdelikte handelte und bei all diesen Delikten weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft innert Frist Strafanträge gestellt wurden, liegt ein Prozesshindernis vor, sodass keine Strafverfahren zu führen sind», so die Staatsanwaltschaft.
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