Ein Baselbieter in Ägypten«Die WM ist das schönste Geschenk»
Leonard Grazioli aus Sissach gehört zum Schweizer WM-Team. Dass der Handball-Goalie überhaupt dabei ist, kommt selbst für den 20-Jährigen überraschend. Doch was er in Ägypten erlebt, möchte er nicht missen.

Leonard Grazioli, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Wie feiert man seinen 20.-sten an einer WM in Ägypten?
Etwas anders als daheim natürlich. Ich bekam viele Glückwünsche auf elektronischem Weg und natürlich gratulierten die Mitspieler. Aber Zeit zum Feiern haben wir hier nicht. Das ist ohnehin zweitrangig. Denn die WM-Teilnahme ist das schönste Geburtstagsgeschenk.
Weil sie so unverhofft kam?
Genau. Nicht nur für die Mannschaft, sondern vor allem für mich. Ich war zwei Monate lang wegen eines gebrochenen Fingers verletzt. Am Montag vor zwei Wochen rief ich Nationaltrainer Michael Suter an und teilte ihm mit, dass ich wieder trainieren könne. Als er sich letzten Dienstag bei mir meldete, sagte er, dass ich zur WM mitkomme. Ich wollte das erst nicht glauben (lacht).
Keine 48 Stunden nach Suters Anruf spielte die Schweiz gegen Österreich. Wie erlebten Sie die WM-Mini-Vorbereitung?
Als ich aufgeboten wurde, war ich damit beschäftigt, eine Präsentation für die Schule fertigzustellen. Ich hätte am Mittwoch einen Vortrag halten müssen. Doch stattdessen fuhr ich frühmorgens nach Schaffhausen, um in dieses WM-Abenteuer zu starten.
Bereits die Anreise am Donnerstag soll ein Abenteuer gewesen sein.
In der Tat. Der Schnee in der Schweiz sorgte für die erste Verspätung. Schliesslich waren wir den ganzen Tag unterwegs, ehe wir in Ägypten landeten. Danach Fiebermessen auf dem Rollfeld, Schnelltest und vom Flughafen direkt in die Halle. Ich stand im Startspiel nicht im Aufgebot. Hätte ich spielen müssen, hätte ich wohl schwere Beine gehabt. Die Reise war anstrengend.
Ich war nahe dran, einen zu parieren.
Dennoch wuchs die Schweiz über sich hinaus und stellte mit dem Sieg die Weichen für die Hauptrunde. Wie war eine solche Leistung möglich?
Für alle Spieler war es die erste WM-Partie überhaupt. Zu motivieren brauchte uns keiner. Und aufgrund des kurzfristigen Nachrückens ans Turnier hatten wir natürlich nichts zu verlieren.
Im zweiten Gruppenspiel gegen Norwegen durften Sie für zwei Siebenmeter gegen Weltklassemann Sander Sagosen ins Tor. Haben Sie sich diese Szenen nochmals angesehen?
Ja! Und ich habe mich ein wenig genervt. Er schoss so, wie ich mir das ausgemalt hatte. Dennoch gingen die Penalties rein. Aber ich war nahe dran, einen zu parieren.
Nun folgen drei Partien in der Hauptrunde. Was ist möglich?
Sechs Punkte! Wir haben in der Vorrunde gezeigt, zu was wir fähig sind. Ich möchte weitere Erfahrungen auf dieser Ebene sammeln, bin mir aber meiner Rolle im Goalie-Team bewusst. Als Jüngster dieses Trios bin ich dankbar für jeden Einsatz.
Wie erleben Sie die WM neben dem Handballfeld?
Es ist alles sehr professionell organisiert. Wir sitzen nicht nur im Hotel. Es lag gar ein Ausflug zu den Pyramiden und zur Sphinx drin.
Und wie präsent ist das Thema Corona?
Wir werden regelmässig getestet. Mittlerweile jeden Abend. Auch das gehört zu dieser WM.
Die Schweiz trifft in ihrem ersten Hauptrundenspiel am Mittwoch um 15.30 Uhr auf Island (live auf TV24).
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