Die Verunsicherung vertrieben
Mujinga Kambundji siegt am Citius-Meeting in Bern über 100 m in der Saisonbestzeit von 11,15.

Von einem Befreiungsschlag zu schreiben, wäre in ihrem Fall nun wirklich eine Untertreibung. Gehört haben die Zuschauer im Leichtathletik-Stadion Wankdorf den Stein vielleicht nicht, der von Mujinga Kambundjis Herzen gefallen ist – aber jeder sieht ihr die Erleichterung, ja die Erlösung, an. Ausgerechnet in ihrem Heimstadion gelingt ihr die mit Abstand beste Leistung in dieser Saison.
Über 100 Meter sprintet sie am Citius-Meeting bei minimem Gegenwind (-0,1 m/s) in 11,15 zum Sieg. Damit hat sie nicht nur die Limite für die WM und Olympia in der Tasche, sie hat sich vor allem bewiesen: Es geht ja! «Das bedeutet mir unglaublich viel», sagt sie und lacht nicht nur, sondern strahlt auch.
Denn Kambundji war so schwach wie lange nicht mehr in eine Saison eingestiegen. Bei 11,27 lag ihr Bestwert über 100 m bis an diesem Samstag – das entspricht nicht den Vorstellungen der Landesrekordhalterin. Und entsprechend nagte diese Baisse an ihrem Selbstvertrauen. Jacques Cordey sagt: «So verunsichert habe ich sie noch nie gesehen.» Er muss es wissen, schliesslich hat er Kambundji bereits als Mädchen betreut. Und obwohl sie seit November unter Steve Fudge in London trainiert, war es Cordey, der ihr zuletzt wieder zur Seite stand. «Wir stehen immer in Kontakt, und wenn es schlecht läuft, höre ich noch ein bisschen mehr auf seinen Rat», sagt sie.
In zwei Wochen baute Cordey Kambundji wieder auf
«Normalerweise ist es bei mir so: Es wird von Lauf zu Lauf besser, aber dieses Jahr war das nicht der Fall», hält Kambundji fest. Cordey versuchte deshalb in den letzten zwei Wochen mit ihr vor allem an drei Aspekten zu arbeiten: Hüftstabilität, Fussvorspannung, und, dass sie in der fliegenden Phase den Oberkörper nicht zu hoch hält.
Kambundji ist für ihre schnelle Auffassungsgabe bekannt, in Bern liefert sie abermals ein Beispiel dafür. Die fliegende Phase, also jener Rennpart, bei dem sie die Höchstgeschwindigkeit erreicht hat, funktionierte bis anhin überhaupt nicht. Am Citius-Meeting aber sorgt sie in der zweiten Rennhälfte für die Differenz, setzt sich entscheidend von der Niederländerin Jamile Samuel ab und distanziert diese um 28 Hundertstel.
Und so sagt Kambundji irgendwann: «Das ist das erste Mal in dieser Saison, dass ich wirklich ein gutes Gefühl habe.» Bereits im Vorlauf habe sie trotz schlechtem Start gespürt, dass es besser laufe. «Und diese Erkenntnis war wichtig.» Weil es nun mit der Team-EM nächstes Wochenende, der Schweizer Meisterschaft (23./24.) und Weltklasse Zürich (29.) Schlag auf Schlag weitergeht, wird Kambundji vorerst nicht nach London reisen. Mit ihrem Coach steht sie aber in ständigem Kontakt, er weiss auch, dass sie zuletzt mit Cordey arbeitete. Gut möglich, dass diese Kooperation noch ein bisschen anhält, auch wenn sich Kambundji diesbezüglich nicht festlegen will.
Lea Sprunger tastet sich langsam heran
Rund 2500 Zuschauer zog es bei der zweiten Ausgabe des Meetings ins Wankdorf. Das sind zwar 300 weniger als bei der Premiere im Vorjahr, aber deutlich mehr, als man es nach dem Vorverkauf erwarten durfte. Und mit Kambundjis Sieg erlebten die Zuschauer in Bern einen schönen Abschluss. Die anderen Schweizer Eliteathleten vermochten derweil nicht restlos zu überzeugen.
Kariem Hussein etwa lief über 400 m Hürden in 49,95 auf Rang 4 und hielt anschliessend fest: «Ich habe das Gefühl, dass ich im Training besser bin, so wie in meinen besseren Jahren. Aber ich kann es im Wettkampf noch nicht umsetzen.»
Wie Hussein trainierte zuletzt auch Lea Sprunger in der Niederlande bei Laurent Meuwly. Zehn harte Tage habe sie hinter sich, sagte die Doppel-Europameisterin völlig ausgelaugt im Ziel. Angesichts dessen sind die 55,13, eine Saisonbestzeit, mit welcher sie reüssierte, eine gute Leistung. Zumal ihr eine ebenbürtige Konkurrentin fehlte. «Darauf kann ich aufbauen», sagte die Romande.
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