Die US-Kriegsschiffe und das Schwarze Meer
Ein US-Flugzeugträger in Piräus, russische Kriegsschiffe beim Bosporus: In die Gewässer in Osteuropa ist Bewegung gekommen. Ein Experte für Seerecht erklärt, was das bedeutet.
Russische Kriegsschiffe passieren den Bosporus und blockieren die Meerenge von Kertsch vor der Krim, die USA schicken den Flugzeugträger USS George H. W. Bush nach Piräus: Auf den südosteuropäischen Gewässern scheint sich dieser Tage einiges zu tun. Mit einer militärischen Konfrontation zwischen Russland und westlichen Truppen rechnet zwar niemand ernsthaft, doch die Manöver auf dem und rund ums Schwarze Meer werden genauestens beobachtet – vor allem seit berichtet wurde, dass sich US-Kriegsschiffe auf dem Weg Richtung Bosporus befinden.
Das Pentagon bestätigte die Meldung nicht. Die US-Marine unternehme ihre regelmässigen, bereits geplanten Operationen und Übungen. Das einzige US-Schiff, das sich derzeit im Schwarzen Meer befindet, sei die Fregatte U.S.S. Taylor, die im Februar im Hafen der türkischen Stadt Samsun auf Grund gelaufen war. Sie könnte bald Gesellschaft erhalten.
Recht auf friedliche Durchfahrt für alle
«Es ist durchaus möglich, dass die USA weitere Schiffe zum Schwarzen Meer entsendet haben, zur Aufklärung und um Präsenz zu markieren», sagt Wolff Heintschel von Heinegg, Professor für Völkerrecht an der Europa-Universität Viadrina. Denn für das Binnenmeer gelte das Seerechtsübereinkommen der UNO: Es hält fest, dass jeder Staat das Recht auf Schifffahrtsfreiheit hat, auch mit Kriegsschiffen – und auch im Küstenmeer von zwölf Seemeilen, in dem die Anrainerstaaten Souveränität geniessen. Theoretisch könnten die USA also sogar ihre Flugzeugträger in das Schwarze Meer verlegen, was sie laut Heintschel von Heinegg jedoch nicht tun werden: «Vor Piräus liegt nicht nur ein Schiff, sondern ein ganzer Verband: Ein Flugzeugträger wird von Fregatten und Zerstörern begleitet, mitunter auch von U-Booten. Eine solch massive ‹Show of Force› werden die USA nicht anzetteln.»
Der Bosporus seinerseits unterliegt dem Vertrag von Montreux aus dem Jahr 1936, der die Durchfahrt fremder Kriegsschiffe präzise regelt. Die Türkei verpflichtet sich darin, allen Staaten die Passage zu erlauben – insbesondere den russischen Kriegsschiffen, weil die Meerenge ihnen als natürliche Verbindung zwischen Mittel- und Schwarzem Meer dient. Die Truppenbewegungen am Bosporus werden darum seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts besonders argwöhnisch beobachtet. Laut Heintschel von Heinegg ist das allerdings nichts Ungewöhnliches: «Die amerikanischen Kriegsschiffe werden bei ihrer Durchfahrt immer von den Russen beschattet, und umgekehrt.»
«Ihr Interesse beschränkt sich auf die Krim»
Und auch wenn die USA noch weitere Kriegsschiffe durch den Bosporus schicken, muss sich die Lage laut Heintschel von Heinegg deswegen nicht unbedingt zuspitzen. «Die Russen würden wohl gar nicht reagieren. Ihr Interesse beschränkt sich auf die Krim. An einem Konflikt auf dem Schwarzen Meer sind sie nicht interessiert.» Dafür spreche, dass Putin laut Agenturberichten die Manöver unweit der Ukraine beenden liess und die beteiligten Soldaten zu ihren Stützpunkten zurückschickte.
Entscheiden sich die USA allerdings, die Flottenpräsenz auf dem Schwarzen Meer massiv zu verstärken, sei Russland zu einer Reaktion gezwungen. «Und wie diese in der jetzigen Situation ausfallen würde, lässt sich schwer voraussagen.»
Das Pentagon jedenfalls hat alle militärischen Verbindungen zu Russland heute gestoppt, bilaterale Treffen und Manöver sowie militärische Planungskonferenzen sind abgesagt. «Russland steht auf der falschen Seite der Geschichte», sagte US-Präsident Barack Obama an einer Pressekonferenz. Der Kreml müsse seine Streitkräfte auf der Krim in ihre Stützpunkte zurückrufen und für eine Entschärfung der Krise sorgen.
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