Die SVP kommt nicht von Blocher los
Die Mehrheit der Fraktion hält zum Parteistrategen Christoph Blocher. Die interne Kritik an der Führungsriege nimmt jedoch zu.
Von Stefan Schürer, Bern Herbeigeschrieben wurde sie schon oft. Doch bis anhin blieb die Palastrevolte gegen Christoph Blocher stets Wunschdenken seiner Gegner. Dabei dürfte es auch nach der gestrigen Schlappe der SVP bleiben. Die Mehrheit in der Fraktion hält nach wie vor zum Chefstrategen aus Herrliberg. Dissidenten wie der Glarner Ständerat This Jenny oder der Schwyzer Alex Kuprecht stehen mit ihren Rücktrittsforderungen an die Adresse Blochers auf verlorenem Posten. So sagt etwa Nationalrätin Natalie Rickli: «Jene, die jetzt in der Öffentlichkeit laut ausrufen, haben in der Partei wenig Gewicht.» Spurlos wird die Kaskade von Misserfolgen an der SVP allerdings nicht vorbeiziehen. «Die Partei muss über die Bücher», sagt der gescheiterte Bundesratkandidat Hansjörg Walter. Der Druck in der Fraktion sei hoch. Am Dienstag kommt es deshalb zu einer Aussprache. Vieles wird dabei aufs Tapet kommen: der Taucher bei den Nationalratswahlen, der missglückte Sturm aufs Stöckli, das Fiasko im Fall Zuppiger, das Scheitern bei den Bundesratswahlen. Kein Thema dürfte dagegen ein Rückzug Ueli Maurers aus dem Bundesrat und damit der Gang in die Opposition sein. Zwar tauchte die Forderung auch gestern wieder auf. So würde es gemäss Nationalrat Hans Fehr die Parteibasis «nicht wirklich» verstehen, wenn Maurer in der Landesregierung verbliebe. Die meisten SVP-Parlamentarier winken beim Thema Opposition aber ab. «Das funktioniert nicht», sagt stellvertretend Ulrich Giezendanner. Laut dem Luzerner Nationalrat Felix Müri würde eine konsequente Opposition bedeuten, dass die SVP sämtliche Parlamentarier aus den Kommissionen abziehe. «Das macht keinen Sinn.» Gemäss Christoph Mörgeli betreibt die SVP wie bisher «halbe Opposition» (siehe Interview rechts). Den definitiven Entscheid über einen Rückzug Maurers soll die Delegiertenversammlung Ende Januar fällen. «Chropfleerete» am Dienstag Die «Chropfleerete» von kommendem Dienstag hatten Lukas Reimann und Natalie Rickli gefordert, zwei Nachwuchshoffnungen der Partei. Die beiden hatten in einem Schreiben unter anderem ihren Unmut über die Kommunikation der Partei- und Fraktionsspitze geäussert. Mit der Kritik steht das Duo nicht allein da. Verschiedene Fraktionsmitglieder werfen der amtierenden Führungsriege um Fraktionschef Caspar Baader und Strategiechef Blocher «eigenmächtiges Gehabe» vor. Die Fraktion könne meist nur abnicken, was im kleinen Kreis bereits entschieden worden sei. Das soll auch gestern nicht anders gewesen sein. «Die Parteispitze fällte den Entscheid zum Angriff auf den FDP-Sitz ohne Konsens in der Fraktion», kritisiert der Waadtländer Jean-Pierre Grin. Wie Grin gingen viele in der Fraktion offenbar davon aus, dass die SVP von einen Angriff auf FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann absehen werde. Schliesslich hatte die FDP zuvor im zweiten Wahlgang die SVP-Attacke auf den Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf mitgetragen. Fraktionschef Baader sah dies anders. Vom Strategiewechsel erfuhr die Fraktion, als Baader nach der Wahl Didier Burkhalters am Rednerpult verkündete, die SVP werde nun jeden verbleibenden Bundesratssitz mit Jean-François Rime attackieren. So breit abgestützt die Forderung nach mehr parteiinterner Demokratie nach den jüngsten Alleingängen des Führungszirkels auch sein mag: Einfach zu haben ist sie nicht. Felix Müri spricht gar von «Träumereien» gewisser Fraktionsmitglieder. Und ein anderes Mitglied der SVP-Fraktion gibt zu bedenken: «Gegen ein Alphatier wie Christoph Blocher in der Diskussion zu bestehen, ist sehr schwierig – unabhängig davon, ob Blocher ein Parteiamt innehat.»Bereits erledigt hat sich hingegen die Personalie Caspar Baader. Der Basler tritt im Januar als Fraktionschef ab. Für seine Nachfolge kursieren bereits verschiedene Namen. Ulrich Giezendanner nennt Adrian Amstutz und den Schwyzer Pirmin Schwander. Daneben werden die beiden Romands Guy Parmelin und Jean-François Rime als Baader-Nachfolger gehandelt. Das Anforderungsprofil für den neuen Fraktionschef skizziert Nationalrat Luzi Stamm: Der Neue müsse integrativ wirken und sowohl die Welschen als auch die Abweichler einbinden. Baader geht, Brunner bleibt Eine Blutauffrischung wird es auch im Fraktionsvorstand geben. Neben Müri signalisierte gestern der Sicherheitspolitiker Thomas Hurter Interesse. Verschiedene SVP-Parlamentarier fordern zudem, dass die Abweichler ins Gremium eingebunden werden. «Kritiker wie Alex Kuprecht, This Jenny oder Peter Spuhler sollen sich zur Verfügung stellen», fordert Müri. Jenny sagt dazu, es brauche Leute, welche die Parteileitung kritisch begleiten würden. «Es kann nicht mehr sein, dass wir immer alles abnicken.» Spuhler wollte sich nicht äussern. «Wenn die Emotionen hochgehen, sagt man besser nichts.» Redselig gibt sich dagegen Parteipräsident Toni Brunner. Auf die Frage nach seinem Verbleib an der Parteispitze antwortet Brunner: «Jetzt geht es erst richtig los.» Brunners Wiederwahl im Mai 2012 ist parteiintern unbestritten. «Wer soll es denn sonst machen?», lässt sich Luzi Stamm zitieren. Andere denken über den Parteitag vom Mai hinaus. «Die Personalplanung muss besser werden», sagt Nationalrat Thomas Hurter und hat bereits die Bundesratswahlen 2015 im Hinterkopf. «Bis dahin müssen wir unsere Kandidaten aufgebaut haben.» «Jene, die jetzt laut ausrufen, haben in der Partei wenig Gewicht.» Natalie Rickli, SVP-Nationalrätin Wie weiter? Mitglieder der SVP-Fraktion beraten das weitere Vorgehen nach der Wiederwahl Eveline Widmer-Schlumpfs mit der FDP-Fraktionschefin Gabi Huber (Mitte). Foto: Lukas Lehmann (Keystone)
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