Paris hat genug von Mali-JuntaDie Sündenböcke verlassen Mali
Frankreich und seine Partner beenden den Anti-Terror-Einsatz im westafrikanischen Krisenland. Viele Malier begrüssen den Abzug der internationalen Truppen.

Nach einem neun Jahre dauernden Militäreinsatz in Mali hat Frankreich den Abzug aus dem westafrikanischen Krisenland angekündigt. Grund dafür seien die Verschiebung der Wahlen und «zahlreiche Behinderungen» durch die malische Militärjunta, teilte der Élysée-Palast am Donnerstag mit. Auf Bitten der afrikanischen Partner wolle Frankreich mit seinen europäischen Partnern «weiter gemeinsam gegen Terrorismus in der Sahelzone vorgehen». Die Bedingungen dafür sollen bis Juni festgelegt werden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, ein Teil der französischen und europäischen Soldaten werde ins Nachbarland Niger und in andere Länder der Region verlegt. «Wir werden weiterhin die führende Nation sein», sagte Macron, der sich dafür eingesetzt hatte, den Einsatz «europäischer zu gestalten». Auf französische Initiative hin war 2020 die Taskforce Takuba gegründet worden, an der sich einige europäische Länder beteiligten. Frankreich hat derzeit 4600 Soldaten in der Sahelzone im Einsatz, davon 2400 in Mali. Am Ende der Neuorganisation sollen noch 2500 bis 3000 französische Soldaten in der Region sein.
Frankreich werfen viele vor, vor allem wegen eigener Interessen in Mali und der Sahelzone aktiv geworden zu sein.
«Endlich ist es so weit. Vielen Dank Herr Präsident.» So kommentierten viele Malier in den sozialen Medien die Entscheidung Frankreichs und seiner Verbündeten, ihre Truppen aus Mali zurückzuziehen. Der Präsident und Putschist Assimi Goïta sagte erst einmal nichts zu seinem Triumph. Auch der Rest der Regierung schwieg.
Was vielleicht auch daran liegt, dass der Abzug der Franzosen eher neue Probleme schaffen könnte. Zwar ist einerseits die alte Kolonialmacht bei vielen Maliern verhasst, andererseits ist den meisten Bürgern des riesigen Landes die Verbesserung der Sicherheitslage am wichtigsten. Frankreich werfen viele vor, vor allem wegen eigener Interessen in Mali und der Sahelzone aktiv geworden zu sein, aber nicht, um den Menschen zu helfen.
Die Sicherheitslage hat sich trotz des Einsatzes von fast 25’000 internationalen Soldaten in den vergangenen Jahren verschlechtert. Bis zu 80 Prozent des Landes sind unter der Kontrolle von Banditen und Islamisten, die sich al-Qaida oder dem Islamischen Staat zugehörig fühlen. Mehr als eine Million Malier sind auf der Flucht.
Die Frage ist nun, wie sich die Lage ohne die Franzosen entwickelt. «Der Abgang wird angesichts ihres Einsatzes im Kampf gegen den Terrorismus Auswirkungen haben», sagte der Sprecher der UNO-Mission Minusma. Er rechne mit mehr Angriffen auf die verbliebenen internationalen Truppen. Auch in den Nachbarländern wächst die Nervosität, dass die in Mali operierenden Terroristen weiter nach Westafrika vordringen. Kürzlich wurden in Benin bei einem Attentat in einem Nationalpark neun Menschen getötet.
«Wir glauben, dass der Kampf gegen den Terrorismus lebenswichtig ist», sagte Alassane Ouattara, der Präsident der Elfenbeinküste. «Durch das Ende der Militärmissionen entsteht eine Leere. Wir müssen unsere Streitkräfte erhöhen, wir müssen die Sicherheit unserer Grenzen erhöhen und verstärken, wir müssen Waffen kaufen.»
Die Elfenbeinküste gehört zu den Unterstützern der Sanktionen gegen Mali, die durch die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verhängt wurden. Grenzen wurden geschlossen, das Auslandsvermögen des Landes eingefroren, Geldtransfers erschwert. Für Mali sind die Sanktionen ein grosses Problem, denn obwohl Lebensmittel eigentlich von ihnen ausgeschlossen sind, werden die ersten Grundnahrungsmittel teurer, weil weniger Lastwagen über die Grenzen kommen.
Malis Junta unter Druck
Die Sanktionen belasten allerdings auch Länder wie Senegal, das viel nach Mali exportiert. Deshalb wird mit den Putschisten in Mali über einen Kompromiss nachgedacht. Es gibt eine Arbeitsgruppe mit Ghana und Nigeria, die versuchen will, einen neuen Zeitplan zur Rückkehr in die Demokratie festzulegen. Malis Putschistenführer Goïta hatte bisher angeboten, in spätestens fünf Jahren wählen zu lassen, die Staatengemeinschaft fordert deutlich frühere Wahlen.
Innenpolitisch gerät das Regime ebenfalls etwas mehr unter Druck. Die Opposition hatte lange nicht gegen den Putsch protestiert, weil die Soldaten an der Staatsspitze bei grossen Teilen der Bevölkerung beliebt sind. Mittlerweile warnt ein Parteienbündnis aber vor dem Verfall der bürgerlichen Rechte und einer «Atmosphäre des Terrors». Gegner des Regimes werden festgenommen, Journalisten an der Arbeit gehindert. Verschlechtert sich die Sicherheitslage weiter, wird die Popularität des Präsidenten sinken.
Noch profitiert Goïta aber von der allgemeinen Stimmung, die Frankreich für die desolate Lage des Landes verantwortlich macht. Viele Malier waren wütend, dass Frankreichs Präsident Macron zwar den ebenfalls durch einen Putsch an die Macht gekommenen Präsidenten des Tschad, Mahamat Déby, zu Konsultationen über die Zukunft seiner Militäreinsätze nach Paris eingeladen hatte, nicht aber Assimi Goïta.
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