«Die Schweiz hat zu lange auf dieser helvetischen Eigenheit beharrt»
Laut Vontobel-Chef Zeno Staub hat die Schweiz im Umgang mit Steuersündern klar Fehler begangen. Derweil hat die deutsche Regierung einen Weg gefunden, die Länder vom Steuerabkommen zu überzeugen.

Der Chef der Zürcher Bank Vontobel, Zeno Staub, räumte beträchtliche Fehler der Schweiz im Umgang mit deutschen Steuersündern ein. «Man kann der Schweiz in der Tat vorwerfen, dass wir zu lange auf die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und einfacher Steuerhinterziehung, bei der wir keine Amtshilfe leisten, bestanden haben», sagte er der «Welt am Sonntag». Die Schweiz habe «zu lange darauf beharrt, diese helvetische Eigenheit mit der uns nachgesagten Sturheit exportieren zu wollen – und haben zu spät erkannt, dass das im Ausland nicht akzeptiert wird».
Dennoch wehrt sich Staub entschieden gegen den Vorwurf, dass es sich um ein systematisches Geschäftsmodell der Schweiz gehandelt hat. «Es stimmt einfach nicht, dass man mit einem Schweizer Bankier immer nur deshalb gesprochen hat, weil man Steuern hinterziehen wollte.» Staub ist seit Mai 2011 an der Spitze der Bank Vontobel. Er sieht sich als Teil einer neuen Generation von Schweizer Bankern, die sich mit einem sich verschärfenden Wettbewerb und damit steigendem Druck konfrontiert sehen. Auf die Dauer, so Staub, müssten sich Banken wieder über Qualität und Leistung differenzieren.
Fürs Erste hofft Zeno Staub nun, dass das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland in Kraft tritt. Immerhin schaffe dieses Rechtssicherheit.
Der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten (SPD), Sigmar Gabriel, macht derweil weiter gegen das Schweizer Bankenwesen mobil. «Was die machen, ist eine bandenmässige Steuerhinterziehung.» So etwas werde in Deutschland mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft. «Wer organisierte Kriminalität zur Steuerhinterziehung in Deutschland betreibt, muss hier seine Lizenz und seine Aufenthaltsberechtigung als Bank verlieren», sagte Gabriel am Samstag beim Bundeskongress der Jungsozialisten (Jusos) in Magdeburg.
In der deutschen Länderkammer (Bundesrat) steht am Freitag die Abstimmung über das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz an, das wegen der fehlenden Zustimmung der SPD aber vor dem Aus steht.
«Spiegel»: Schäuble will Abkommen retten
Nach Informationen des Magazins «Der Spiegel» will die Regierung in Berlin mit zusätzlichen rund drei Milliarden Euro aber doch noch die Zustimmung der Bundesländer erreichen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle den Ländern ein entsprechendes Angebot unterbreiten, berichtet das Magazin.
Im dann folgenden Vermittlungsverfahren wolle der Bund komplett auf seinen Anteil an den Milliarden verzichten, die die Schweiz einmalig nach Deutschland überweisen würde. Bei der Summe geht es um eine Abgeltung für entgangene Steuereinnahmen aus vergangenen Jahren aus der Schweiz für Deutschland – dem «Spiegel» zufolge bis zu zehn Milliarden Euro.
Demnach ist bislang vorgesehen, dass die Länder 70 Prozent davon bekommen, der Bund 30 Prozent. Das Angebot würden den Ländern demnach zusätzlich drei Milliarden Euro in Aussicht stellen. Das Bundesfinanzministerium sprach am Samstagabend auf DPA-Anfrage von Spekulationen.
Auch bei der Verteilung der laufenden Einnahmen von jährlich 750 Millionen Euro wollten sich Kanzlerin Angela Merkel und Schäuble grosszügig zeigen, schreibt der «Spiegel». Der Länderanteil solle so verteilt werden, dass vor allem der Osten der Republik profitiere. Falls die Länder auch dann nicht einlenkten, könne der Bund auch bei den laufenden Einnahmen auf seinen Anteil verzichten.
Walter-Borjans: Es bleibt beim Nein
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erklärte zu dem Bericht, sollte dieser zutreffen, wäre dies der Beweis, dass es der Bundesregierung «nicht um das Schliessen von Steuerschlupflöchern geht, sondern um die eigene Gesichtswahrung und ganz offenkundig auch darum, Steuerbetrügern endlich wieder zu ruhigem Schlaf zu verhelfen». Schäuble setze «auf die Käuflichkeit der Länder».
Der Minister wisse im Übrigen genau, dass die zehn Milliarden Euro an Steuernachzahlungen reine Luftbuchung seien: «Garantiert sind 1,7 Milliarden, der Rest ist ein abenteuerlich errechneter Hoffnungswert.» Es bleibe dabei: «Wir lassen uns nicht den Einsatz für ein gerechteres Abkommen abkaufen», sagte der SPD-Politiker.
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