Die Schönheit schlechthin
Greta Garbo begann als schwedisches Hutmodell und wurde in Hollywood zur Film-Göttin. Ihr Leben lang hatte sie alles unter Kontrolle – sogar ihr Verschwinden. Vor 20 Jahren ist sie gestorben.
Greta Wer? «Die» Garbo, deren Todestag sich morgen zum 20. Mal jährt, dürfte für die jüngere Generation nur eine sehr fremde Ikone aus längst vergangener Zeit sein. Die Erscheinung dieser Schauspielerin, die einst auch von nüchternen Denkern als «Repräsentantin der Gattung Frau» und «die Schönheit schlechthin» angebetet wurde, steht im krassen Gegensatz zum heutigen Powerfrauen-Zeitgeist. Längst ist das Idol entrückter, geheimnisvoller, sinnlich-träger Weiblichkeit vom Podest gestossen.
Schade eigentlich, obwohl doch gerade Greta Garbo ihrem Leinwand-Image Hohn sprach. Die Diva, 1905 in Stockholm als Greta Lovissa Gustafsson geboren, stammte aus proletarischen Verhältnissen. Mit 14 Jahren arbeitete sie in einem Friseursalon und dann als Kaufhausverkäuferin. 1920 wurde sie als Hutmodell entdeckt, drehte Werbefilme und ging auf die Schauspielschule.
Als Filmregisseur Mauritz Stiller sie 1923 auf der Bühne sah, war er sofort elektrisiert: «Ein solches Gesicht findet man nur einmal in hundert Jahren». Er drehte mit ihr 1924 den Stummfilm «Gösta Berling»; 1925 trat sie im deutschen Drama «Die freudlose Gasse» von G.W. Papst auf.
Vom schwedischen Hutmodell zur Hollywood-Diva
Dann klopfte Hollywood an - nicht bei Garbo, sondern bei ihrem Entdecker Stiller. Er weigerte sich jedoch, ohne sie zu reisen, und drängte sie Louis B. Mayer auf. «Was soll ich mit der schwedischen Kuh!», schimpfte der MGM-Studioboss, dem die Garbo zu pummelig und zu gross war. Doch schon während der Dreharbeiten zu ihrem ersten Hollywood-Film «Torrent» 1926 erkannte der Film-Mogul, dass ihr Gesicht mit den schweren Lidern für die Kamera geschaffen war. Nun begann die Erschaffung einer Kunstfigur, für die die besten Kameramänner, Regisseure und Schneider engagiert wurden, um die Aura der in Schönheit Leidenden aufzubauen.
Natürlich zog «die Göttliche» Missgunst an; so giftete Klatschkolumnistin Hedda Hopper in ihren Memoiren, dass sich die Garbo «wie ein Mann bewegte, ihre Arme waren muskulös, ihr Busen - sagen wir: mager». Die androgyne Schwedin fühlte sich nur wohl, wenn sie Hosen, Rollkragenpullover, flache Schuhe «und Männersocken an ihren grossen Füssen trug». Ihre Kostümdesigner entwarfen für ihre «eckigen Männerschultern» hochgeschlossene Kleider und machten sie zur Mode-Ikone. Im Film erscheint sie meist in weiten Totalen oder in ganz nahen Einstellungen. Nur selten ist sie von Kopf bis Fuss bildfüllend zu sehen.
Garbo lacht, Garbo schweigt
Dank ihrer schönen Altstimme gelang der «schweigenden Sphinx» 1930 mit «Anne Christine» der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm. «Garbo spricht!» lautete die Werbezeile auf dem Filmplakat, bei ihrem grössten Erfolg «Ninotschka» hiess es «Garbo lacht!». In 19 Jahren drehte sie 27 Filme, darunter «Königin Christine», «Mata Hari», «Kameliendame» und «Anna Karenina». Im Gegensatz zu ihrem unnahbaren Mythos war sie eine selbstbewusste Geschäftsfrau, die unerhörte Gagen und Privilegien aushandelte. So setzte sie privat durch, was sie in «Grand Hotel» forderte: «Ich möchte allein sein» - und musste weder Reporter durchs Heim führen noch Interviews geben.
Als einer ihrer grössten Fans, Adolf Hitler, den Filmstar 1938 persönlich treffen wollte, habe sie, so heisst es, erwogen, eine Pistole unter ihrem Kleid zu verbergen und den Diktator umzubringen. Und als sie 1941 mit «Die Frau mit den zwei Gesichtern» ihren ersten Misserfolg kassierte, zog sie sich rigoros und ohne Erklärung vom Olymp des Films zurück in ein Appartement in New York. Aber selbst in ihrer Inkognito-Aufmachung mit Hut und Sonnenbrille rumorte sie weiter im kollektiven Bewusstsein. Den Oscar, den sie 1954 für ihr Lebenswerk bekommen hat, holte sie nicht ab. Garbo schwieg bis zu ihrem Tod 1990.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch