Auswirkungen der MaskenpflichtDie schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht
Schweizer Detailhändler sahen vor der Einführung der Maskenpflicht schwarz. Eine kleine Bilanz nach rund einer Woche Mundschutz-Pflicht in Basel.

Eine Frau wird am Boden liegend und zeternd aus einem Laden geschleift. Ein Mann schreit Obszönitäten. Menschen schlagen aufeinander ein. Ja sogar eine Waffe wird gezogen. Der Grund dieser Vorfälle, die alle per Handykamera festgehalten wurden, ist stets derselbe: Maskenpflicht in US-amerikanischen Läden.
Seit dem 24. August müssen Kunden und Angestellte auch in Basler Läden Masken tragen. Szenen, wie sie sich in Teilen Amerikas immer wieder abspielen, sind glücklicherweise nicht zu erwarten. Trotzdem stiess die Tragepflicht auch hier auf Gegenwehr – vor allem bei den Detailhändlern. Dabei befürchten diese nicht Schlägereien, sondern massive Umsatzeinbussen. Die Swiss Retail Federation, zu deren Mitgliedern Grossunternehmen wie Ikea, Dosenbach, Aldi, Lidl, Manor, C&A, Decathlon oder Jumbo gehören, forderte die Kantone letzte Woche eindringlich dazu auf, die Maskenpflicht zu überdenken. Kunden würden kürzer im Laden verweilen und vermehrt auf Online-Shops ausweichen. Vor allem im Non-Food-Bereich rechnet der Verband mit Umsatzeinbussen von 10 bis 30 Prozent. «Dies ergeben auch erste Rückmeldungen von Unternehmen in Kantonen mit Maskenpflicht. In unseren Nachbarländern betrugen diese Einbussen bis zu 50 Prozent», heisst es in der Medienmitteilung des Verbandes.
Eingeschränkter Spass, doch keine Einbussen
Nun, gut eine Woche später, lässt sich in Basel eine erste Bilanz ziehen. Sind die Umsätze eingebrochen? Verkaufen Filialen im Baselbiet, wo es keine Maskenpflicht gibt, mehr als baselstädtische Läden? Gehen die Verkaufszahlen in gewissen Sparten wie Bekleidung oder Kosmetik zurück? «Die Einführung der Maskenpflicht in Basel-Stadt ist bei uns in keinster Weise spürbar», sagt Migros-Pressesprecher Moritz Weisskopf. Weder im Vergleich zu den Vorwochen noch zu Filialen in Baselland gebe es Unterschiede: «Es ist also nicht so, dass die Leute deshalb ins Baselbiet einkaufen gehen würden.» Ähnlich klingt es bei Konkurrent Coop. Und auch die Kleiderkette C&A hat auf Anfrage seit dem Ausbruch von Covid-19 keine Einbussen in den Verkaufszahlen durch die Einführung von Gesichtsmasken festgestellt. Zudem seien die Kunden sehr diszipliniert. Manor möchte aufgrund des kurzen Zeitraumes noch keine Aussage treffen: «Die meisten Kunden finden sich dort, wo sie besteht, mit der Maskenpflicht ab oder begrüssen sie sogar.»
Doch gilt dies auch für kleinere Geschäfte? «Ich bin schon skeptisch. Es macht keinen grossen Spass, mit einer Maske im Gesicht durch die Läden zu bummeln», sagt Rolf Traxler vom Kleider- und Strickwaren-Label Erfolg. Erfolg hat je eine Filiale in Zürich, Bern, Basel und einen Fabrikladen im Thurgau. «Wir wissen nicht, ob es mittelfristig Umsatzeinbussen geben wird, doch bisher haben wir noch keine Auswirkungen festgestellt», so Traxler. Er ist momentan sogar erleichtert, dass die Maskenpflicht in Basel eingeführt wurde: «Unser Laden ist ein enger Schlauch auf zwei Stockwerken. Theoretisch können schon zwei Kunden oben und zwei unten sein. Doch wenn jene von oben runterkommen, wird es schnell sehr eng. Mit der Maskenpflicht ist unser Problem gelöst.»
Auch das Familienunternehmen Piserchia Sport, das in Muttenz und Basel eine Filiale betreibt, merkt keine grossen Unterschiede. «Da unser Muttenzer Laden beim Joggeli an der Grenze zu Basel liegt, kommen auch hier viele Kunden mit einer Maske herein», sagt Mitinhaber Roberto Ianariello. Für ihren Laden an der Freien Strasse sei das Fahrverbot viel schlimmer als die Maskenpflicht. «Schon vor der Maskenpflicht kamen bei uns viele Kunden mit Maske rein», sagt Nicole Ianariello, die im Basler Laden arbeitet. Der einzige Unterschied: Nun müssen auch alle Angestellten in Basel einen Mundschutz tragen, so die Kundenberaterin: «Das Arbeiten mit Maske ist nicht ganz so toll – man gewöhnt sich aber daran.»
Dina Sambar ist Redaktorin und stellvertretende Leiterin des regionalen Ressorts Kultur und Gesellschaft.
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