Die Samariter aus Stadel und Weiach helfen niemandem mehr
Mit nur noch acht Mitgliedern löst sich der Verein auf. Eine Fusion mit einem anderen Club wollte keiner.
Von Florian Schaer Stadel/Weiach – Es ist Adventszeit im Jahr der Freiwilligenarbeit. Eine Zeit, in der man an Nächstenliebe, ans Helfen, an das selbstlose Engagement denken könnte – und ausgerechnet jetzt hat der Samariterverein Stadel-Weiach seine Auflösung zu vermelden. «Der Verein hatte noch acht alteingesessene, aktive Mitglieder», sagt Kursleiter Martin Meili. «Und mindestens acht müssten an den Übungen teilnehmen. Es waren am Ende aber vielleicht noch drei Personen – und auch die erschienen bloss unregelmässig. Das hat sich einfach nicht mehr gelohnt.» Während zehn Jahren hat der diplomierte Rettungssanitäter aus Stadel die örtlichen Samariter ausgebildet, einmal monatlich die Seitenlagerung und Druckverbände trainiert. Hinzu kamen die Kurse: im Schnitt zwei Nothelferkurse und einer über Erste Hilfe bei Kleinkindern. Jetzt aber hat Meili seinen Vereinsdienst quittiert – und den Verein damit gleich vor existenzielle Fragen gestellt. «Er hat seine Sache gut gemacht», attestiert ihm Vereinspräsident Hansruedi Maag. Er selbst ist in den letzten Monaten noch einige Male eingesprungen und hat die monatlichen Übungen für die Vereinsmitglieder geleitet. Die Sache hatte aber eher provisorischen Charakter: «Ich bin nicht ausgebildeter Samariterlehrer und dürfte das eigentlich gar nicht.» Da sich bis zuletzt kein Ersatz habe finden lassen, sei man schliesslich gezwungen gewesen, den Verein eingehen zu lassen – nach 78 Jahren. Gefragte Dienstleistungen Wer einen Führerschein erwerben will, kommt am Nothelferkurs nicht vorbei. Die Sanitätseinsätze an Dorffest und Turnerchränzli dienen dem Gemeinwohl – genauso die Blutspendeaktionen. Auch in Stadel stimmte die Nachfrage nach den Veranstaltungen der Kleinkinderkurse, «in einem Jahr gabs sogar vier Kurse aneinander», erinnert sich Maag. Dass Freiwillige hier in ihrer Freizeit Sinnvolles geleistet haben, wird von kaum jemandem bestritten; nur retten Kursbesucher allein eben keinen Verein. Und 2012 steht das grosse Weiacher Dorffest an. «Das Vereinssterben kommt überall vor», sagt der Sprecher des Schweizerischen Samariterbunds, Eugen Kiener. «Etwa 250 Vereine haben wir in den letzten 20 Jahren verloren. In der Regel versuchen wir, die serbelnden Gruppen zu einer Fusion zu bewegen.» Tatsächlich arbeiten heute im Unterland bereits einige Samariter Hand in Hand über die Grenzen der Politischen Gemeinden hinweg. So etwa in den Samaritervereinen Embrachertal oder Oberweningen und Umgebung. Die Fusion sei auch in Stadel-Weiach ein Thema gewesen, versichert Maag. «Wir hatten Angebote aus Neerach, Bülach und Dielsdorf. Die hätten uns alle gern aufgenommen.» Nur die Mitglieder hätten nicht gewollt: zu fremd das nächste Dorf, zu weit der Weg, wenn die Übung dort und nicht in der eigenen Gemeinde stattfindet. Das erstaunt, denn gegründet wurde der Verein 1933 für Niederglatt und Umgebung. Erst im Laufe der Jahrzehnte spaltete sich Stadel-Weiach als eigene Sektion ab. Vor Ort sein, lokal im einzelnen Dorf verankert sein, lautete die Devise. «Die letzten sieben Jahre hatten wir aus Weiach wenigstens noch zwei Mitglieder», sagt Maag. Der Schulabwart ist nach der Pension aber ins Thurgauische gezogen, und das letzte Mitglied war ein Bauer, der an Krebs verstorben ist. Seither ist Weiach im Verein nicht mehr vertreten. «Und dabei haben wir in den letzten Jahren extra öffentliche Übungen in Weiach abgehalten.» Nicht einmal neue Mitglieder hätten sich damit anwerben lassen, geschweige denn jemand, der sich zum Lehrer hätte ausbilden lassen – und damit gab es schliesslich auch keinen Ersatz für Martin Meili. «Heute ist man abends einfach kaputt», sagt Hansruedi Maag. «Da ist keine Energie mehr – nicht für Übungen und schon gar nicht für eine zusätzliche Ausbildung.» Für das Weiacher Dorffest haben die Samariter und die Gemeinde aber noch eine Lösung gefunden. Auch wenn der Verein eigentlich bis dahin nicht mehr existieren wird, werden die Samariter trotzdem nochmals im Einsatz stehen. «Heute ist man abends einfach kaputt. Da ist keine Energie mehr für Übungen und eine zusätzliche Ausbildung.» Hansruedi Maag Samariter üben den Ernstfall. Ihr Einsatz ist gefragt, doch die Ansprüche an die freiwilligen Helfer steigen – und stellen überalterte Vereine vor Mitgliederprobleme. Foto: Key
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